Corona-PolitikGrimm-Benne verspricht Kommunen Hilfe bei Umsetzung der Impfpflicht
Alle Mitarbeitenden in Pflege- und medizinischen Berufen müssen ab dem 16. März genesen oder vollständig geimpft sein müssen. Trifft dies nicht zu, sollen die Gesundheitsämter tätig werden. Die hatten zuletzt rechtliche Bedenken, wie genau zu verfahren ist. Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerin hat nun Hilfe zugesagt und das Verfahren klargestellt.
- Die Gesundheitsämter in Sachsen-Anhalt sollen Verstöße gegen die ab Mitte März im Gesundheitswesen geltende Impfpflicht im Einzelfall prüfen.
- Bundesregierung spricht von einer zusätzlichen Belastung, die aber "schaffbar" sei.
- Zu den Auswirkungen der Impfpflicht auf den Arbeitsmarkt im Pflegebereich gibt es unterschiedliche Ansichten.
Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) will den Kommunen bei der Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht gegen das Coronavirus helfen. Diese hatten zuvor Zweifel und Befürchtungen geäußert.
Ermessensspielraum bei Sanktionen gegen Ungeimpfte
In einer Video-Schalte am Donnerstag sagte die Ministerin, man überlege, ob man eine IT-Plattform einrichte, auf die man dann beispielsweise behördliche Anordnungen oder Musterbescheide stelle.
Grimme-Benne stellte auch klar, dass die Gesundheitsämter verpflichtet seien, nach dem 15. März mit allen ungeimpften Mitarbeitern in Kontakt zu treten. Das sei keine Kann-Bestimmung, sondern eine Pflicht, stellte das Ministerium auf Nachfrage von MDR SACHSEN-ANHALT klar. Es gebe allerdings einen Ermessensspielraum, ob ein Bußgeld, ein Betretungs- oder auch ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen werde.
Weiterbeschäftigung bis zur Entscheidung möglich
So erklärt auch das Bundesgesundheitsministerium das Prozedere. Auf MDR-Nachfrage hieß es: "Das Gesundheitsamt prüft den Fall und entscheidet über das weitere Vorgehen, je nach Lage des konkreten Falles." Allerdings: Bis das Amt ein Betretungs- oder Tätigkeitsverbot für nicht Immunisierte ausspricht, sei eine Weiterbeschäftigung der betroffenen Personen "grundsätzlich möglich".
Für wen gilt die Impfpflicht?
Der Nachweis einer Impfung, Genesung oder Unverträglichkeit ist zu erbringen in Einrichtungen des Gesundheitswesens (unter anderem: Krankenhäuser, Einrichtungen für ambulantes Operieren, Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen, Dialyseeinrichtungen, Tageskliniken, Entbindungseinrichtungen, Arztpraxen, Zahnarztpraxen sowie Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe, Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes, ambulante Pflegedienste, Rettungsdienste). Details und Ausnahmen regelt das Infektionsschutzgesetz.
Wie ist die Impfpflicht geregelt?
Die Einrichtungsbezogene Impfpflicht wird in § 20a des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) geregelt. Darin werden die betroffenen Unternehmen und Einrichtungen aufgelistet (Absatz 1). Demnach müssen Arbeitnehmer den Arbeitgebern vor dem 16. März einen Impf-, Genesenen- oder Unverträglichkeitsnachweis vorlegen. Geschieht dies nicht oder gibt es Zweifel am Nachweis, muss unverzüglich das zuständige Gesundheitsamt informiert werden – personenbezogene Daten sind zu übermitteln. Laut Gesetz "kann" (Absatz 5) das Gesundheitsamt für betroffene Beschäftigte dann ein Betretungsverbot der Einrichtung oder ein Beschäftigungsverbot verfügen.
Umsetzung personell und rechtlich unklar
In mehreren Kommunen Sachsen-Anhalts gab es Unklarheiten, wie die einrichtungsbezogene Impfpflicht, die laut Infektionsschutzgesetz ab dem 16. März gilt, durch die Gesundheitsämter durchzusetzen ist.
Magdeburgs Amtsarzt Eike Hennig hatte MDR SACHSEN-ANHALT erklärt, er sehe keine Verpflichtung für das Amt, Gespräche mit ungeimpften Mitarbeitern zu führen. Mit Blick auf die Kapazitäten des Gesundheitsamtes erklärte der Leiter ferner, man werde die geforderten Anhörungen und Entscheidungen nicht durchführen – um keine Mitarbeiter aus der Gesundheitsversorgung abziehen zu müssen. Dieser Ansicht haben die Ministerien nun widersprochen.
Der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Hebestreit, hatte am Mittwoch widersprochen, dass die Umsetzung der Impfpflicht am Gesundheitspersonal scheitern könnte: "Dazu wird es nicht kommen können." Mit Blick auf die zusätzlichen Prüfungen durch die Gesundheitsämter sagte er, dies sei zwar eine zusätzliche Belastung, aber "schaffbar".
Das ist durchaus eine zusätzliche Belastung, was aber aus unserer Sicht schaffbar ist.
Steffen Hebestreit, Sprecher der Bundesregierung
Sachsen-Anhalts Städte- und Gemeindebund forderte von Bund und Land in der Zwischenzeit klare Aussagen, wie die Ermessensspielräume der Gesundheitsämter bei der Umsetzung einheitlich umgesetzt werden können. Geschäftsführer Bernward Küper sagte MDR SACHSEN-ANHALT am Freitag aber, der Bund bekenne sich zur berufsbezogenen Impfpflicht.
Klare Leitlinien bei der Umsetzung des Bundesrechts will auch der Landrat des Landkreises Mansfeld-Südharz, André Schröder (CDU). Er schränkte allerdings ein, im Landkreis werde man die Leistungsfähigkeit der medizinischen Einrichtungen berücksichtigen, um die Versorgungssicherheit der Bevölkerung aufrechtzuerhalten.
Pflegekräfte melden sich arbeitssuchend
Unterdessen wollen in Sachsen-Anhalt offenbar viele Gesundheits- und Pflege-Mitarbeiter wegen der Impfpflicht ihre Jobs aufgeben. Wie die Landesarbeitsagentur der "Mitteldeutschen Zeitung" (€) mitteilte, haben sich im Dezember und Januar knapp 2.000 Beschäftigte aus diesen Bereichen arbeitssuchend gemeldet. Das seien fast 80 Prozent mehr als zur Jahreswende 2020/2021. Besonders drastisch war der Anstieg demnach bei Pflegekräften.
Der Arbeitgeberverband Pflege hingegen geht nicht davon aus, dass es in der Branche viele Kündigungen geben wird. Bei den Pflegekräften "haben wir wirklich eine sehr hohe Impfquote von 90 Prozent und mehr", so Geschäftsführerin Isabell Halletz im MDR-Interview.
Mehr zum Thema: Corona in Sachsen-Anhalt
MDR (Ronald Neuschulz, André Plaul)
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT | 04. Februar 2022 | 05:00 Uhr
Kommentare
{{text}}