Corona-LageInzidenz geht zurück – aber hohe Belastung für Krankenhäuser
Ob sich aus der zurzeit wieder sinkenden Corona-Inzidenz eine Entspannung der Pandemie-Lage in Sachsen-Anhalt ableiten lässt, ist nicht ganz klar. Denn: Gemeldet werden nur positive PCR-Tests. Auch die Hospitalisierungszahlen sind nicht verlässlich, da auch positiv getestete Patienten mit eigentlich anderen Leiden in die Statistik eingehen. Fest steht aber, dass die Krankenhäuser wieder an ihre Belastungsgrenzen stoßen.
- Experten gehen seit einiger Zeit von einer hohen Zahl nicht vom RKI erfasster Fälle aus.
- Das Risiko, schwer an Covid-19 zu erkranken, lässt sich momentan schwer ermitteln.
- Innerhalb Sachsen-Anhalts unterscheidet sich das gegenwärtige Infektionsgeschehen teilweise deutlich.
- Die Zahl der Erkältungen und Krankschreibungen nimmt ebenfalls zu.
Das Corona-Infektionsgeschehen hat sich in Sachsen-Anhalt zuletzt etwas beruhigt. Das Robert Koch-Institut (RKI) registrierte am Donnerstag für die zurückliegenden sieben Tage 669,8 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner im Land. Eine Woche zuvor hatte die Inzidenz bei 793,9 gelegen.
Bundesweit wurde die Sieben-Tage-Inzidenz am Donnerstag mit 661,3 angegeben. Allerdings liefern diese Angaben nur ein sehr unvollständiges Bild der tatsächlichen Infektionslage. Experten gehen seit einiger Zeit von einer hohen Zahl nicht vom RKI erfasster Fälle aus – vor allem, weil bei weitem nicht alle Infizierten einen PCR-Test machen lassen. Es zählen aber nur positive PCR-Tests in die Statistik ein. Zudem können Nachmeldungen oder Übermittlungsprobleme zu einer Verzerrung einzelner Tageswerte führen.
Aktuelle Hospitalisierungsrate relativ hoch
Aussagekräftiger als Inzidenzzahlen ist daher die sogenannte Hospitalisierungsrate, die angibt, wie viele Corona-Infizierte im Krankenhaus behandelt werden müssen. In Sachsen-Anhalt ist der Wert mit 17,2 hospitalisierten Corona-Patienten pro 100.000 Einwohner relativ hoch. Doch auch diese Zahl schafft keine komplette Klarheit: Wie hoch das Risiko für jeden Einzelnen ist, an der aktuellen Virusvariante schwer zu erkranken, lässt sich daraus nicht verlässlich ablesen. Denn bei der Hospitalisierungsrate wird nicht unterschieden, ob jemand wegen Corona im Krankenhaus ist oder dort nur positiv getestet worden ist. Laut dem Divi-Intensivregister mussten am Donnerstag 57 Covid-19-Patienten in Sachsen-Anhalt intensivmedizinisch behandelt werden.
Laut einem ZDF-Bericht vom Mittwoch kommen rund 60 Prozent der Patienten derzeit nicht wegen Covid-Symptomen ins Krankenhaus, sondern aus anderen Gründen – werden dann aber positiv getestet. Zudem seien die Krankheitsverläufe bei der aktuellen Virus-Variante häufig weniger schwer als bei früheren.
Rufe nach Maskenpflicht in Innenräumen mehren sich
Dennoch sagt die Hospitalisierungsrate etwas über die derzeitige Belastung der Krankenhäuser aus. Wie Gerald Gaß von der Deutschen Krankenhausgesellschaft am Mittwoch im ZDF erklärte, hat sich die Zahl der Corona-Patienten in den Krankenhäusern seit September bundesweit um 100 Prozent erhöht. Parallel steige die Zahl anderer Atemswegserkrankungen. Das führe auch zu Ausfällen beim Personal.
Vor diesem Hintergrund werden die Rufe nach einer Maskenpflicht in Innenräumen derzeit lauter. Sachsen-Anhalts Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) sagte, das Tragen einer FFP2-Maske oder eines medizinischen Mund-Nasen-Schutzes sei ein vergleichsweise mildes Mittel, um sich und andere Menschen vor einer Ansteckung zu schützen.
In Sachsen-Anhalt gab es bislang rund 5.800 Corona-Tote
Seit Oktober gelten die neuen Corona-Regeln der Bundesregierung für Herbst und Winter. Sie geben bundesweit eine FFP2-Maskenpflicht vor für: Reisen im Fernverkehr, in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sowie in Arztpraxen und weiteren Einrichtungen des Gesundheitswesens.
Innerhalb Sachsen-Anhalts unterscheidet sich das aktuell registrierte Infektionsgeschehen teils deutlich. Im Landkreis Jerichower Land lag die Sieben-Tage-Inzidenz laut RKI am Donnerstag bei 856,2, in Mansfeld-Südharz bei 926,6. Im Landkreis Wittenberg hingegen wurde mit 447,5 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner und Woche der landesweit geringste Wert festgestellt.
Seit Beginn der Pandemie wurden nach RKI-Angaben landesweit inzwischen 887.534 Infektionen registriert. Die Statistik weist insgesamt 5.801 Todesfälle im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion im Land aus. Sachsen-Anhalt hat rund 2,17 Millionen Einwohner.
Mehr Atemwegserkrankungen in Sachsen-Anhalt
Neben Corona-Infektionen wurden seit Mitte Oktober wieder mehr Erkältungen in Sachsen-Anhalt erfasst. Zum Teil melden Ärzte eine ungewöhnlich frühe Häufung der Fälle. Ein Sprecher der Landesärztekammer sagte in einem Bericht der Mitteldeutschen Zeitung, die Auslastung der Praxen im Land sei dabei regional aber sehr unterschiedlich. Auch Daten des Robert-Koch-Instituts belegen, dass aktuell deutlich mehr Menschen wegen Atemwegserkrankungen zum Arzt gehen, als zu Beginn der Grippe-Saison im vergangenen Jahr. Besonders betroffen sind demnach Kinder und Jugendliche.
Zudem haben Krankenkassen bei der Gruppe der Erwerbstätigen in Sachsen-Anhalt mehr Krankmeldungen im ersten Halbjahr 2022 erfasst als in den Vorjahren. Das zeigen Zahlen der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH). Demnach haben Berufstätige im Schnitt 7,9 Prozent ihrer Arbeitszeit wegen Krankheit gefehlt. 2021 habe der Krankenstand im gleichen Zeitraum bei 6,7 Prozent gelegen. Für fast jede fünfte Krankschreibung ist laut KKH eine Atemwegserkrankung die Ursache gewesen, meist grippale Infekte, Halsentzündungen oder Schnupfen. Nachgewiesene Covid-19-Infektionen hätten nur knapp vier Prozent der Krankschreibungen ausgemacht.
Außerdem waren Berufstätige in Deutschland im ersten Halbjahr dieses Jahres solange krankgeschrieben gewesen wie noch nie. Nach Angaben der Techniker Krankenkasse fehlten sie im Schnitt rund neun Tage. Im ersten Halbjahr des vergangenen Tages seien es im Schnitt 6,8 Tage gewesen. Hauptgrund für die Fehlzeiten seien Atemwegserkrankungen wie Grippe gewesen. Corona habe aber nur eine untergeordnete Rolle gespielt.
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dpa, MDR (Daniel Salpius, Susanne Ahrens)
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 20. Oktober 2022 | 13:00 Uhr
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