Bitterfeld-Wolfen Gestank aus Papierfabrik: Anwohner von Versprechen enttäuscht

24. März 2023, 15:29 Uhr

Thalheim liegt gerade einmal einen Kilometer weit entfernt von der Papierfabrik der Firma Progroup in der Stadt Sandersdorf-Brehna. Dreht der Wind auf Ost, und das geschieht häufig, klagen die Anwohnerinnen und Anwohner über Gestank. In vielen Gesprächen wurden bislang viele Verbesserungen versprochen. So auch bei einem Bürgerdialog am Donnerstag.

Der Streit um den Geruch aus der Papierfabrik in Sandersdorf-Brehna hält an. Anwohner aus dem benachbarten Thalheim bei Bitterfeld-Wolfen klagen seit Jahren über Gestank aus der nahegelegenen Fabrik. Am Donnerstagabend hat das Unternehmen Progroup einen weiteren Acht-Punkte-Plan aufgestellt, um Geruchsbelästigungen zu reduzieren. Er wurde auf einem Bürgerdialog vorgestellt. Zu der Versammlung waren nach Schilderungen einer Reporterin von MDR SACHSEN-ANHALT rund 120 Einwohnerinnen und Einwohner gekommen.

Unternehmen verspricht Besserung – Skepsis bleibt

Karl Achleitner, Bereichsleiter Papier bei der Firma Progroup, sagte, die bisher getroffenen Maßnahmen seien nicht ausreichend gewesen. Man sei an einer guten Nachbarschaft zu den Anwohnern interessiert, betonte er mehrfach. Die Beschwerden der Bürger nehme man ernst. Anwohner zeigten sich dennoch enttäuscht über den neuen Plan. Thalheims Ortsbürgermeister Uwe Bruchmüller (CDU) sagte, es habe nur oberflächige Informationen gegeben. Wann die Geruchsbelästigung bei Null liege, habe ihm niemand beantwortet. "Ich fühle mich ziemlich vorgeführt", erklärte er. Man sei für Nachbarschaft und Industrie, aber nicht dafür, dass die Umwelt verpestet werde, sagte Bruchmüller dem MDR.

Wir sind für Nachbarschaft und Industrie. Aber wir sind nicht dafür, dass man uns die Umwelt so verpestet, wie wir es hier erleben.

Uwe Bruchmüller (CDU), Ortsbürgermeister von Thalheim

Anwohner in Thalheim leiden seit Jahren unter Gestank

Anwohner verlangten in mehreren Zwischenrufen, die Papierfabrik müsse geschlossen werden. Mit Plakaten machten sie ihrem Ärger Luft. "Der Gestank macht uns krank" und "löst das Geruchs-Problem" war da zu lesen. Mehrere Redner sagten, man habe das Vertrauen in das Unternehmen verloren. Immerhin: Seit über zwei Jahren klagen Anwohnerinnen und Anwohner über penetranten Geruch aus der Fabrik – vor allem im Ortsteil Thalheim, der östlich von der Fabrik liegt und durch häufigen Westwind unmittelbar betroffen ist. Seit Beginn versucht eine Bürgerinitiative, gegen die Störung vorzugehen. Beteuerte Besserungen durch den Betreiber wurden nicht eingelöst. Selbst im Landtag wurde das Problem schon besprochen.

Besorgt zeigten sich Besucher des Bürgerdialogs auch über den bereits begonnenen Bau eines Heizkraftwerkes auf dem Gelände der Papierfabrik. Sie befürchten weitere Geruchsbelästigungen und deutlich mehr Lkws auf den Straßen rund um die Papierfabrik. Progroup-Bereichsleiter Achleitner erwiderte darauf, er rechne nicht damit, dass von dem Kraftwerk Geruch ausgehe.

MDR (Grit Lichtblau, Luca Deutschländer, André Plaul)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 24. März 2023 | 06:30 Uhr

3 Kommentare

ElBuffo am 25.03.2023

So ist das eben. Die einen beklagen es lautstark, den anderen kann es nicht schnell genug gehen. Und das beste dabei ist, dass das nicht ausschließt, dass anschließend genau das und seine Folgen beklagt werden. Ein paar von diesen Nasen bekommen das sogar simultan hin.

geradeaus am 24.03.2023

Das Unterlassungsschreiben was der Ortsbürgermeister letztes Jahr bekam sagt alles aus. Er solle aufhören schlecht über die Firma zu reden.

Ich zitiere -Thomas H- hier aus dem Forum. Er schrieb das ende letzten Jahres.

"Gestank ist mehr als bloße Belästigung und das Riechen viel mehr als ein bloßer Messvorgang der Riechschleimhaut. Denn Gerüche werden direkt im limbischen System des Gehirns verarbeitet, dort, wo Emotionen und auch das Triebverhalten beheimatet sind. Und bei Gestank bedeutet dies eben: Angst, Ärger und Stress. Der Grund dafür liegt, wie beim Fußschweiß, tief in unserer Evolution verborgen. Der Geruchssinn ist ein grundlegender Warnsinn, sagt dazu Prof. Caroline Herr vom Institut für Hygiene und Umweltmedizin der Universität Gießen. Er will uns davor warnen, uns in Gefahr zu begeben. Wenn wir etwas Schlechtes riechen, selbst ohne dass es direkt organisch schädigend wirkt, will der Körper, dass wir uns davon abwenden und reagiert zum Beispiel mit Übelkeit."

DER Beobachter am 24.03.2023

In Bitterfeld müsste man das doch eigentlich gewohnt sein, zumal man doch die Deindustrialisierung so sehr fürchtet?

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