Bitterfeld Nach Tod von Kulturpalast-Chef: So geht es mit dem Festival "Osten" weiter

24. Juni 2022, 19:31 Uhr

Der Bitterfelder Kulturpalast sollte das Zentrum des Festivals"Osten" werden, das nächste Woche starten soll. Doch Kulturpalast-Chef Matthias Goßler ist bei einem Unfall ums Leben gekommen. Wie die Organisatoren mit dem großen Verlust umgehen.

Der Tod von Kulturpalast-Chef Matthias Goßler hat alles verändert. Das sagt Christine Leyerle, Teil der Künstlerischen Leitung des Festival "Osten", das nächste Woche Freitag, am 1. Juli, in Bitterfeld starten soll. "Wir waren uns nicht sicher, ob wir es emotional schaffen, das Festival durchzuziehen", erzählt Leyerle im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT.

Matthias war eine großherzige Person voller Energie und Mut. Ich habe noch nie einen einzelnen Menschen getroffen, der so viel anstoßen und bewegen kann.

Christine Leyerle Künstlerische Leiterin Festival "Osten"

Auch eine Absage der Veranstaltung sei durchaus eine Option gewesen. Letztlich habe ein Gespräch mit der Witwe von Goßler den Ausschlag gegeben, das Festival stattfinden zu lassen, sagt Leyerle. Diese habe sie sehr ermutigt, das Festival nicht abzusagen.

Sie hat uns noch mal gesagt, dass es ein Herzensprojekt von Matthias war und dass er nie gewollt hätte, dass das Festival abgesagt wird.

Christine Leyerle Künstlerische Leiterin Festival "Osten"

Festival wird verstorbenem Kulturpalast-Chef gewidmet

Klar sei aber auch gewesen, dass das Festival nach dem Tod von Matthias Goßler ein anderes sein müsse, sagt Leyerle. Die Organisatoren hätten deshalb beschlossen, dass die mehr als 70 Veranstaltungen dem verstorbenen Kulturpalast-Chef gewidmet werden sollen. "Bei der Eröffnung werden wir darauf hinweisen, dazu soll es auf dem Festival ein Zeichen geben, dass an Matthias Goßler erinnert und im Kulturpalast wird es einen Raum geben, um an ihn zu denken", erläutert Leyerle.

Künstlerinnen und Künstler setzen sich mit der Region auseinander

Schwerpunkt des Festivals "Osten" in Bitterfeld seien die Geschichte der Arbeit und deren Spuren in der Landschaft, sagt Leyerle. An der Erstauflage des Festivals an sieben Spielorten beteiligen sich rund 60 Künstler und 150 Studierende.

Ich freue mich am meisten darauf, dass Menschen hier am Kulturpalast zusammen kommen, und zwar möglichst viele. Schließlich ist der Begegnungsaspekt einer der wichtigsten Fixpunkte unseres Konzeptes. Wenn ich erleben kann, dass sich Menschen aus verschiedensten Bubbles und Regionen treffen und kennenlernen, das würde mich sehr glücklich machen.

Christine Leyerle Künstlerische Leiterin Festival "Osten"

Besuchern empfiehlt Leyerle einen Besuch im Kulturpalast: So etwas könne man so nicht noch einmal erleben: "Kommen Sie vorbei und entdecken Sie den Kulturpalast auf eine ganz andere Art und Weise. Mit einer Schubkarre geht man auf Entdeckungsreise und kommt an Arbeiten von Künstlern und Künstlerinnen vorbei, die sich mit Bitterfeld auseinandergesetzt haben."

Bitterfeld vereinigt Industrie und Kultur

Bitterfeld gehört zu den wichtigsten Standorten der chemischen Industrie – einen Status, den die Stadt schon in der DDR innehatte. Mit der Stadt verbunden ist aber auch der "Bitterfelder Weg" der DDR-Kulturpolitik, der die in Industrie und Landwirtschaft Beschäftigten in den Mittelpunkt etwa von Literatur und Malerei stellte. Auch Arbeiter selbst sollten zum Schreiben oder Malen ermutigt werden. Debattiert wurde das seinerzeit im Bitterfelder Kulturpalast, einer der Schauplätze des Festivals.

Zu den Programmpunkten gehört unter anderem die Bitterfelder Premiere des Dokumentarfilms "Sehnsucht nach Bitterfeld" aus dem Jahr 1992, in dem die Filmemacher Ralf Höpfner und Thomas Freundner die letzten Monate der DDR und das erste Jahr der deutschen Einheit in Bitterfeld darstellen. Thematisiert wird auch das ehemalige Haftarbeitslager in Bitterfeld, wo Hunderte Häftlinge aus DDR-Gefängnissen für Chemie- und Braunkohlebetriebe der Region arbeiten mussten.

Vom 1. bis 17. Juli sind im Rahmen des Festival "Osten" mehr als 70 Produktionen, Projekte und Veranstaltungen geplant – darunter Theater, Musik, Film, Gesprächsrunden und Exkursionen.

MDR (Hannes Leonard), dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 24. Juni 2022 | 19:00 Uhr

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