Deutschunterricht für Flüchtlinge Wie ein Dessauer Gymnasium jungen Ukrainern hilft
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Schon seit Jahren pflegt das Dessauer Liboriusgymnasium eine enge Partnerschaft mit einer Schule in Kiew. Als der Krieg in der Ukraine begann, werden Schülerinnen und Schüler, Lehrer und Ehemalige sofort aktiv. Man sammelt Spenden, organisiert die Unterbringung von Geflüchteten und Deutschunterricht für die Kinder.

Bogdan ist ganz schön aufgeregt, als er ein paar Sätze auf Deutsch sagen soll. Gemeinsam mit 15 anderen Kindern und Jugendlichen lernt der Elfjährige im Dessauer Liboriusgymnasium die für ihn fremde Sprache und macht das richtig gut, sagt Fremdsprachenassistentin Vasilina Variukha.
Deutschunterricht im Dachgeschoss
Sie leitet heute den Unterricht im kleinen Klassenraum im Dachgeschoss des Gymnasiums, schreibt deutsche Wörter an die Tafel, mit vielen Fehlern, die ihre Schüler korrigieren sollen. Zwei Unterrichtsstunden täglich gibt es für die Flüchtlingskinder in Dessau. Eine Handvoll Lehrer, allen voran die junge Fremdsprachenassistentin, hätten sich freiwillig gemeldet, zu unterrichten. Auch Arbeitshefte und ein Lehrbuch seien für die Schülerinnen und Schüler vorhanden, erklärt Schulleiter Benedikt Kraft, das alles habe man in den vergangenen Wochen organisiert.
Und das Engagement des Dessauer Gymnasiums kommt nicht von Ungefähr. Seit Jahren schon, pflege man enge Beziehungen in die Ukraine, so er Direktor. Seit 2006 gäbe es eine Partnerschaft mit dem Lyzeum Nummer 315 in Kiew, verbunden mit vielen gegenseitigen Besuchen und Kontakten. Aus denen seien Freundschaften entstanden, die bis heute hielten, wie bei Kriegsausbruch deutlich wurde.
Aus Fremden wurden Freunde
"Es begann damit, dass zwei ehemalige Schüler von uns, die schon fünf Jahre aus der Schule raus sind, Kontakt aufgenommen haben, zu ihren ukrainischen Bekannten von damals und gesagt haben ‚Wir helfen euch‘", erinnert sich Kraft. Schnell habe man am Gymnasium dann einen Transport zur polnisch-ukrainischen Grenze organisiert und die ersten Flüchtlinge nach Dessau geholt. Weitere folgten, darunter zwei Lehrerinnen von der Kiewer Partnerschule, außerdem Verwandte und Freunde, von Liborius-Schülern mit ukrainischen Wurzeln. Viele dieser Menschen hatten Kinder dabei, denen man mit etwas Deutschunterricht helfen wollte, schnell in dem für sie fremden Land anzukommen.
Was wir leisten können, ist Normalität. Und das ist für Kinder ein Riesending.
"Unser Ziel war es, den Kindern nach dem Erlebnis der Flucht ganz schnell das Gefühl zu vermitteln, hier gibt es so etwas wie normales Leben. Für die beiden Jungs, die im Moment noch bei mir leben, war so ein Stück Normalität zum Beispiel jeden Tag Fußball spielen gehen zu können. In ihrer Heimat konnten sie das nicht mehr. Für die beiden 14-Jährigen ist das ein roter Faden im Leben", beschreibt der Direktor. Und vor dem Fußballspiel stünde der Unterricht in der Schule.
Werden aus Gästen bald Schüler?
Dass so viele Kollegen mithelfen, so viele Familien aus dem Umfeld des Liboriusgymnasiums Menschen aufgenommen haben, dafür sei er sehr dankbar, sagt Benedikt Kraft und lässt den Blick über den Deutschkurs im Dachgeschoss schweifen.
Noch seien die ukrainischen Kinder und Jugendliche nur Gäste an der Dessauer Schule. Beschließen Land und Kommunen die Einführung von Willkommensklassen, könnten Bogdan und die anderen aber recht schnell zu offiziell angemeldeten Liborius-Schülern werden.
MDR/Jana Müller
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 07. April 2022 | 08:40 Uhr