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18. Todestag1.600 Menschen erinnern in Dessau an Feuertod von Oury Jalloh

07. Januar 2023, 17:27 Uhr

In der Dessauer Innenstadt wurde am Samstag an den Asylbewerber Oury Jalloh erinnert. Der Mann aus Sierra Leone war vor 18 Jahren in einer Polizeizelle in Dessau ums Leben gekommen. Die Todesumstände gelten auch nach zwei Landgerichtsprozessen als nicht aufgeklärt.

Zahlreiche Menschen haben am Samstag in Dessau-Roßlau an den Feuertod Oury Jallohs vor 18 Jahren erinnert. Nach Angaben der Polizei beteiligten sich etwa 1.600 Menschen an dem Protestzug durch die Innenstadt. Alles sei ruhig geblieben, hieß es am späten Nachmittag. Die Demo habe erneut unter dem Motto "Oury Jalloh – das war Mord!" gestanden.

Der Verein Multikulturelles Zentrum Dessau habe zudem am Dessauer Polizeirevier Blumen und Kränze niedergelegt. Daran hätten 15 Menschen teilgenommen, teilte die Polizei mit. Alles sei friedlich und störungsfrei verlaufen.

Todesumstände bis heute nicht aufgeklärt  

Der Asylbewerber Oury Jalloh aus Sierra Leone war am 7. Januar 2005 in einer Gewahrsamszelle des Polizeireviers Dessau unter rätselhaften Umständen bei einem Brand ums Leben. Seitdem erinnern jedes Jahr am 7. Januar Freunde, Bekannte und Aktivisten in Dessau-Roßlau an den Tod Jallohs.

Die Polizei war am Samstag in Dessau-Roßlau mit einem Großaufgebot im Einsatz. Unterstützung kam von Beamten aus anderen Bundesländern und der Bundespolizei. Wegen der Demonstration hatte es in der Innenstadt Verkehrseinschränkungen gegeben, so etwas bei den Straßenbahnen, die durch Busse ersetzt werden mussten.  

Der Fall Oury JallohOury Jalloh war am 7. Januar 2005 in Zelle fünf des Polizeireviers Dessau verbrannt. Bis heute sind die genauen Hintergründe des Todes ungeklärt. In zwei Prozessen war festgestellt worden, dass sich der Asylbewerber aus Sierra Leone selber angezündet haben soll. Ein Polizist war 2012 wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen zu einer Geldstrafe verurteilt worden. 2017 hatte die Justiz ihre Ermittlungen eingestellt.

2018 wurden von Sachsen-Anhalts Landtag zwei Sonderberater eingesetzt. Sie sollten den Fall aufarbeiten. Der Rechtsanwalt Jerzy Montag und der ehemalige Generalstaatsanwalt Manfred Nötzel sichteten Polizei- und Justizakten. Sie kamen im Sommer 2020 zu dem Ergebnis, dass es keine neuen Ansätze gibt, um wegen Mordes oder Mordversuchs zu ermitteln. Sie stellen aber Rassismus sowie Versagen und Fehlleistungen von Justiz und Polizei fest. Im November 2021 kam das Gutachten eines britischen Brandexperten zu dem Schluss, dass Oury Jalloh von Polizisten angezündet worden ist. Es war von einer privaten Aufklärungsinitiative in Auftrag gegeben worden.

Hinweis der Redaktion: Aufgrund mehrerer menschenverachtender Kommentare unter dem Artikel, die keinen Bezug zum Gedenken haben, hat die Redaktion die Kommentarfunktion nachträglich geschlossen.

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dpa, MDR (André Damm, Cornelia Winkler)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 07. Januar 2023 | 07:30 Uhr