Hörer machen Programm Wie soll der Eichenprozessionsspinner gestoppt werden?

13. Juli 2022, 05:00 Uhr

In Dessau in Sachsen-Anhalt hat sich der Eichenprozessionsspinner rasant ausgebreitet. Für MDR AKTUELL-Hörerin Victoria Engelhardt aus Dessau-Törten ist das Leben mit dem Schädling kaum noch auszuhalten. Sie fragt sich, welche weiteren Maßnahmen gegen den Eichenprozessionsspinner noch folgen und wie es die nächsten Jahre weitergehen soll.

Dessau, Ortsteil Törten. Die Wohnsiedlung liegt idyllisch am Waldrand. Nur ein paar Meter weiter beginnt die wunderbar grüne Mulden-Aue. Hier zu wohnen könnte wohl schöner kaum sein, wäre da nicht das massive Problem mit dem EPS, dem Eichenprozessionsspinner.

Auch Patricia Meiselbach ist direkt betroffen: "Im Juni 2019 fing das richtig an. Ich bin dann erstmalig zur Hautärztin und die hat es sofort diagnostiziert. Man sieht es überall, dort oben haben wir auch ein sehr großes Nest." Nester in den angrenzenden Eichen, Dutzende, so weit das Auge reicht.

Meiselbach berichtet, dass viele hier mittlerweile allergisch auf die Gifthaare reagieren und juckenden Ausschlag bekommen. Oder Reizungen an Mund und Nasenschleimhaut, sogar Husten und Bronchitis durch Einatmen der Haare. "Bei starkem Wind, auch wenn es sehr heiß ist, dann verbreiten sich die feinen Brennhaare explosionsartig. Die Brennhaare sind so klein, dass man sie nicht sieht. Man kann auch nicht vorsorgen und mit jedem mal, wenn man ins Haus geht, trägt man es rein", erzählt Meiselbach.

Bekämpfung aus der Luft

Es sei nicht so, dass Stadt und Land einfach nur bei der Ausbreitung des Schädlings zuschauen würden, sagt Michael Weninger. Doch für den Experten vom Landeszentrum Wald in Sachsen-Anhalt ist es ein Kampf, der nur schwer zu gewinnen sei: "2012 waren es wenige 100 Bäume, mittlerweile sind es 5.500 Bäume im letzten Jahr gewesen. Er hat sich sehr stark in den Eichenwäldern um Dessau ausgebreitet und so ist das Problem natürlich zunehmend. Deswegen, das hat die Stadt ja auch erkannt, wurde erstmals in diesem Jahr nicht nur vom Boden aus behandelt oder Nester abgesaugt, sondern es wurde beflogen mit Hubschraubern."  

Besprühen, vom Boden und aus der Luft, dazu absaugen, vielmehr helfe nicht. Besprüht wurde im Frühjahr, nun versucht man punktuell Nester zu entfernen. Kaum zu schaffen, mit einem kleinen Zweier-Team in kurzer Zeit bei der riesigen Menge an EPS-Raupen, meint Wolfhardt Paul, Sachgebietsleiter Waldbau in Sachsen-Anhalt: "Der EPS ist mittlerweile überall. Auch in der Altmark, im Drömling, in anderen Regionen. Er schwächt, führt aber jetzt nicht zum Absterben. Deshalb können und werden wir als Förster auch nicht mit der chemischen Keule dort einen Eingriff in die Natur machen."

Einsatz chemischer Mittel

Natur schützen oder mit viel Chemie den Schädling bekämpfen. Kompliziert. Die Eichen halten den Befall aus, für die Anwohner ist es nur noch nervig. Nachbar Heinz-Günter Schmidt zeigt den Experten vom Forst seine von roten Punkten übersäten Arme. Er sieht Stadt wie Land in der Pflicht, die Gesundheit der Anwohner zu schützen: "Man sollte das absaugen, wie man das früher gemacht hat! Aber diesmal hat man ja gar nichts gemacht, das ist das Problem."

Aber das sei nicht so einfach, sagt Weninger: "Wir haben hier Naturschutzgebiete, wir haben hier diese FFH-Gebiete und da kann die Stadt nicht einfach so loslegen, wie sie möchte. Sondern sie muss naturschutzfachlichen Belange genauso prüfen wie alle anderen auch. Da gibt es genau in diesem Bereich Ansätze, wo man sagt, man möchte den Waldrand nicht befliegen."

Was dazu führt, dass sich die Raupe am Rande der Wohnsiedlung besonders gut vermehrt – und man in Zukunft hier wohl noch viel mehr und konsequenter absaugen müsste.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 13. Juli 2022 | 06:00 Uhr

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