Absperrung einer Unfallstelle
Die Helfer bei Autobahnunfällen riskieren ihr Leben. (Symbolbild) Bildrechte: imago/Sabine Gudath

Autobahn-Unfälle Nach Todesfall: Pannenhelfer erheben Vorwurf gegen Polizei

02. Juli 2024, 10:57 Uhr

Bei einem Unfall auf der Autobahn 9 ist im Mai ein Pannenhelfer gestorben. Seine Kollegen fordern nun mehr Sicherheit. Es gibt Kritik an der Arbeit der Polizei, die dafür zuständig ist, Unfallstellen zu sichern.

Grit Lichtblau, Redakteurin im MDR-Studio in Dessau-Roßlau
Bildrechte: MDR/Luca Deutschländer

Gerald Richter ist seit drei Jahrzehnten Pannenhelfer beim Abschleppdienst Heise in Dessau. Er liebt den Beruf, weil er täglich mit anderen Menschen zu tun hat, mit neuen Situationen und Herausforderungen konfrontiert wird. Vor fünf Jahren kam ein Kollege und Freund, mit dem er viele Jahre zusammen gearbeitet hat, bei der Arbeit auf der Autobahn ums Leben.

Ein Mann schaut in die Kamera
Gerald Richter ist seit 30 Jahren Pannenhelfer. Bildrechte: MDR/Grit Lichtblau

Wir brauchen als Helfer mehr Sicherheit auf der Autobahn.

Gerald Richter Pannenhelfer

Für Gerald Richter war das zu viel. Er wechselte die Arbeit. Doch wenig später zog es ihn wieder zurück zu seinem alten Job. Nun ist Mitte Mai erneut ein Kollege im Einsatz als Pannenhelfer ums Leben gekommen, als ein LKW auf der A9 in eine Unfallstelle fuhr. "Wir brauchen als Helfer mehr Sicherheit auf der Autobahn", sagt der erfahrene Pannenhelfer.

Polizei könnte bei Unfall auf Autobahn Schilderwagen anfordern

Geschäftsführer der Firma Björn Emmerich stimmt ihm zu. Schilderwagen, die in einigem Abstand zu den Unfallstellen, die Autofahrer warnen, wären eine Möglichkeit. Doch es sei Aufgabe der Polizei, diese bei den Autobahnmeistereien anzufordern, oder auch die Feuerwehr für die Absicherung zu Hilfe zu holen.

Ein Mann schaut in die Kamera
Björn Emmerich sagt: "Wir haben beim Innenministerium auf Verbesserung gehofft, aber keinerlei Unterstützung bekommen." Bildrechte: MDR/Grit Lichtblau

Warum holt die Polizei in unserem Bereich hier an der A9 nicht die Autobahnmeisterei als Hilfe dazu?

Björn Emmerich Geschäftsführer eines Abschleppdienst-Unternehmens

"Warum geschieht das nicht?", fragt Björn Emmerich. Eine Antwort darauf hat er nicht bekommen, auch nicht bei einem Gespräch mit Innenministerin Tamara Zieschang. "Wir wollten deutlich machen, welchen Gefahren unsere Mitarbeiter tagtäglich ausgesetzt sind. Wir hatten gehofft, Unterstützung irgendeiner Art zu bekommen, wie wir hier eine Verbesserung der Arbeitsqualität hinbekommen, aber wir haben da keinerlei Hilfe bekommen."

Innenministerium: Verschiedene Situationen verlangen unterschiedliche Sicherungsmaßnahmen

MDR SACHSEN-ANHALT hat beim Innenministerium nachgefragt. In einer Stellungsnahmen heißt es: "Bei Gefahr im Verzug ist es Aufgabe der Polizei, vor allem an Schadenstellen, bei Unfällen und sonstigen unvorhergesehenen Verkehrsbehinderungen, auch mit Hilfe von Absperrgeräten und Verkehrszeichen, den Verkehr vorläufig zu sichern und zu regeln."

Welche Verkehrszeichen und Absperrgeräte im Einzelfall angebracht werden, richte sich nach den Straßen- Verkehrs- und Sichtverhältnissen sowie der Ausrüstung der eingesetzten Polizeikräften. Jeder Einzelfall sei anders gelagert, "weshalb nicht jede der Sicherungsmaßnahmen in allen Situationen gleichermaßen ausreichend und sinnvoll sein kann", so das Innenministerium.

Bei dem Unfall im Mai war die Unfallstelle nach Einschätzung von Björn Emmerich nicht ausreichend gesichert. "Wir stellen uns immer wieder die Frage, warum in unserem Bereich hier an der A9 die Polizei nicht die Autobahnmeisterei als Hilfe dazu holt, warum passiert das hier nicht?"

Die Angst, die fährt bei jedem Einsatz mit

Gerald Richter Pannenhelfer

Abschleppdienst: Sicherheit in Brandenburg besser

Auch der Verband der Bergungs- und Abschleppunternehmen e.V. fordert seit Jahren mehr Sicherheit für die Pannenhelfer. In einer Stellungnahme teilt der Verband mit:

"Mit der behördlichen Absicherung gibt es vermehrt Probleme, insbesondere wenn es um die Absicherung von Pannenfahrzeugen auf dem Standstreifen geht. Die Polizei weigert sich zunehmend, entsprechende Fahrzeuge abzusichern. Seit Privatisierung und Übertragung der Verantwortung für die Bundesautobahnen an die Autobahn GmbH, wird auch von den Autobahnmeistereien in manchen Bundesländern die Absicherung von Pannenfahrzeugen auf dem Standstreifen vehement abgelehnt."

Ein Mann schaut in die Kamera
Tino Ott vom Dessauer Abschleppunternehmen in Sachsen-Anhalt lobt die Absicherung in Brandenburg. Bildrechte: MDR/Grit Lichtblau

Eine Ansicht die Tino Ott, Standortleiter beim Dessauer Abschleppunternehmen, teilt. In seinem 60 Kilometer langen A9-Zuständigkeitsbereich in Sachsen Anhalt gebe es immer wieder Schwierigkeiten. Ganz anders wenn sie im Brandenburger Bereich im Einsatz wären – dort sei immer ein Schilderwagen zur Absicherung vor Ort.

Pannenhelfer Gerald Richter hofft, dass sich endlich was bewegt. "Aber die Angst, die fährt bei jedem Einsatz mit."

Gelbes Abschleppfahrzeug eines Abschleppunternehmens
Der Abschleppdienst hilft, wenn Autofahrer bei einem Unfall Hilfe brauchen. Doch der Job ist für die Pannenhelfer zum Teil lebensgefährlich. Bildrechte: MDR/Grit Lichtblau

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MDR (Grit Lichtblau, Max Schörm) | Erstmals veröffentlicht am 01.07.2024

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 01. Juli 2024 | 07:30 Uhr

10 Kommentare

geradeaus vor 28 Wochen

Die Idee ist sehr gut jedoch weigert sich ja die Polizei generell es mit ihren Fahrzeugen abzusichern. Bestimmt weil kein Geld da ist um neue zu beschaffen.

Das Beste ist es wenn die tollen Helfer vom Pannendienst jedrzeit damit rechnen dsd es krachen kann und somit regelmäßig beobachten. Ich weiß das schreibt sich leicjt jedoch in der Praxis ist das schwer umsetzbar.

Grüße und ein großes Danke an all unsere Leute vom Pannendienst ^^

maheba vor 28 Wochen

Und wieder mal so ein Tempodrosseler. Die Fahrzeuge, also gute und moderne, haben allesamt viele Spielereien wie Abstandssensoren, Bremsassistenten, automatische Abstandseinhalteassistenten, Tempomat, ... .
Also alles Sachen die der Sicherheit dienlich sind. Nur leider nutzen diese nicht die Mehrzahl der Autofahrer. Das ist das Problem.

Ralf G vor 28 Wochen

Wäre es nicht generell sinnvoll, den absichernden Streifenwagen ca. 50 Meter hinter dem Unfallfahrzeug aufzustellen. Dann steht für einen auffahrenden LKW mehr Bremsweg zur Verfügung, nachdem er auf den Streifenwagen aufgefahren ist.

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