E-Ladesäule in Wittenberg
Die öffentlichen E-Ladesäulen in Wittenberg werden mitunter kaum genutzt. Bildrechte: MDR/ André Damm

Mobilität Saftloses Wittenberg: Warum es dort so wenige Ladestationen fürs Elektroauto gibt

14. November 2024, 15:34 Uhr

Die Elektromobilität nimmt in Sachsen-Anhalt Fahrt auf, wenn auch teilweise nur im Schritttempo. Ähnlich verhält es sich mit den entsprechenden öffentlichen Ladestationen. Im Landkreis Wittenberg etwa sind diese kaum gefragt. Dafür gibt es naheliegende Gründe.

Wittenbergs Stadtwerke-Chef Andreas Reinhardt ist eigentlich ein Verfechter der Energiewende. Der Geschäftsführer des kommunalen Unternehmens setzt sich für grünen Strom ein, hat einen Bürger-Solarpark ans Netz gebracht und bezeichnet Elektroautos als sinnvolle Alternative. Dennoch machen die Stadtwerke bei der Installation von E-Ladesäulen kaum noch einen Finger krumm. "Wir haben 14 Ladepunkte im Wittenberger Stadtgebiet sowie in der Elbe-Stadt Coswig, an durchaus prominenten Plätzen. Doch diese werden kaum genutzt."

Reinhardt zieht eine interne Statistik vom Oktober hervor. An den sieben Säulen mit den 14 Ladestationen gab es demnach 378 Lade-Vorgänge: 12 pro Tag, 1,7 pro Tag pro Säule – der Stadtwerke-Manager spricht von einer sehr bedenklichen Auslastung. Diese wiederum stelle neue Investitionen in Frage. "Wenn wir eine normale Ladesäule bauen, kostet das im Durchschnitt etwa 10.000 Euro, doch für eine Schnellladesäule werden schon mal 100.000 Euro fällig, weil dann noch eine Trafostation errichtet werden muss. Das rechnet sich derzeit nicht."

Besitzer von Elektroautos machen Bogen um Stationen

Doch warum meiden die Elektroauto-Fahrer die Wittenberger Ladestationen? Reinhardt glaubt nicht, dass es am Preis von 55 Cent pro Kilowattstunde liegt. "Wir sind ein Flächenland-Kreis. Viele haben Wohneigentum und zu Hause eine Wallbox. Die laden dann bequem zu Hause. Und das ist ja auch preiswerter. An unsere Ladesäulen kommen vorwiegend Vertreter und Touristen."

Wittenbergs Stadtwerke-Chef Andreas Reinhardt
Wittenbergs Stadtwerke-Chef Andreas Reinhardt ist mit der Auslastung der E-Ladesäulen nicht zufrieden. Bildrechte: MDR/ André Damm

Der Bad Schmiedeberger Elektroauto-Besitzer Bernd Jung bestätigt die Worte des Stadtwerke-Geschäftsführers. Der IT-Spezialist versucht, so oft es geht, das Auto mit eigenem Strom zu laden – von der heimischen Fotovoltaikanlage. "Da kann man extrem sparen. Ein Verbrenner kann da nicht mithalten." Öffentliche Ladestationen nutze er nur auf Geschäftsreisen.

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Ladestationen: Wittenberg und Jerichower Land Schlusslichter

Derzeit verfügt der Landkreis über 56 öffentliche Ladepunkte, ziert damit landesweit mit dem Landkreis Jerichower Land das Tabellenende. Wittenbergs Landrat Christian Tylsch (CDU) rechnet nicht damit, dass sich daran schnell etwas ändern wird. "Ich sehe nicht, dass die E-Mobilität sich schnell durchsetzen kann. Im Landkreis sind 1.058 reine E-Autos angemeldet, bei einem Bestand von 120.000 Fahrzeugen. Da lohnt sich auch kein Ausbau der Lade-Infrastruktur." Für Tylsch steht fest, dass E-Autos insgesamt noch zu teuer und nicht variabel genug einsetzbar sind. Als Beispiel nennt der Landrat den Rettungsdienst.

Neben Wittenberg gibt es noch weitere Gebiete in Sachsen-Anhalt, die gewaltig hinterherhinken. In der Doppelstadt Dessau-Roßlau sind nur 98 Ladepunkte zu finden, im Altmarkkreis Salzwedel lediglich 88. Das ist viel zu wenig, bemängelt das Verkehrsministerium, das selbst auch Investitionen in die Lade-Infrastruktur finanziell unterstützt – bislang mit immerhin 4,7 Millionen Euro.

Bessere Lade-Möglichkeiten als in anderen Bundesländern

Insgesamt jedoch, so Ministeriumssprecher Peter Mennicke, ist Sachsen-Anhalt strom-freundlicher als sein Ruf. Denn die Lade-Möglichkeiten hierzulande seien besser als in vielen anderen Bundesländern.

Positive Beispiele seien die beiden Großstädte, die sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern. Halle hat 248 Ladepunkte zu bieten, Magdeburg 243, darunter auch viele Schnellladestationen, wo man nicht lange warten muss. Dahinter folgen dann der Saalekreis, der Burgenlandkreis und der Landkreis Harz – dort gibt es etwa 220 öffentliche Ladestationen. Setzt man diese nun ins Verhältnis zu den registrierten E-Autos, liegt Sachsen-Anhalt beim bundesweiten Ranking auf Platz 5.

Außerdem kommen noch zahlreiche private Ladepunkte dazu – etwa an Supermärkten, Autohäusern oder Gewerbegebieten. Wie viele das sind, ist derzeit unklar. Laut Peter Mennicke vom Verkehrsministerium liegt für Sachsen-Anhalt keine Statistik vor.

MDR (André Damm, Oliver Leiste)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 13. November 2024 | 12:00 Uhr

10 Kommentare

ElBuffo vor 2 Wochen

Man stelle sich vor, man würde für jede Tankstelle eine andere Bezahlkarte benötigen, müsste sich erst irgendwo registrieren, anmelden, dann eben noch die passende finden und sich dann vom Preis überraschen lassen. Keine Ahnung, wer auf diese geniale Idee gekommen ist. Würde sich jedenfalls im Einzelhandel nie durchsetzen.
Andererseits hat auch kaum jemand zu Hause eine Zapfsäule. Die Wirtschaftlichkeit stellt sich unter den gegebenen Umständen also recht individuell dar, wobei manche Aspekte ohnehin schwierig monetär zu bewerten wären.

Turbo E vor 2 Wochen

Wir leben auf dem Land im südlichen Brandenburg und fahren seit vielen Jahren rein elektrisch und es funktioniert. Unser ältester Wagen ist dabei ein Fiat 500 von 2013. Läuft immer noch tadellos. Einzig die 12-Volt-Systembatterie musste in diesem Jahr gewechselt werden. Ohne die geht auch im E-Auto nichts. Ansonsten niedrige Unterhaltskosten.

ElBuffo vor 2 Wochen

So sieht das ja der Stadtwerkechef auch und hat das sogar hier kundgetan. Wenn dann die Preise so stark oder noch stärker wie zwischen Autobahn früh um 8 und abends an der nächstgelegenen Tanke variieren, tut das den Rest zur verhaltenen Nachfrage.

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