Waldbrandgefahr Die große Gefahr für den Wald: Der Mensch und das Feuer

02. Juli 2022, 05:00 Uhr

Der Wald brennt: In Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Brandenburg liegt häufig noch alte Munition in der Erde, und in einigen Brunnen ist kein Löschwasser mehr. So kann die Feuerwehr bei einigen Bränden gar nicht mehr eingreifen.

Am Horizont zeichnet sich eine dicke schwarze Wolke ab. "Die kann eigentlich kein Staub sein", sagt Phillipp Nahrstedt. Der Leiter des Forstamtes Annaburg im Landkreis Wittenberg steht in der Waldbrandzentrale vor einem Computer, greift zum Telefon und informiert die Feuerwehr. Es brennt. Immer wieder. Auch in Sachsen, Sachsen-Anhalt und vor allem in Brandenburg – und dabei sind in den vergangenen Jahren bereits große Flächen Wald vernichtet worden. Förster Philipp Nahrstedt will dies verhindern, kämpft seit Jahren nicht nur gegen das Feuer:

Wir leben hier in einem Land der Extreme: 2002 die große Elbe Flut, 2013 die Elsterflut und seit 2018 extreme Dürre mit Waldbränden.

Philipp Nahrstedt Leiter Forstamt Annaburg

Die Elster sei dafür ein Sinnbild, so Philipp Nahrstedt. Die Lebensader der Region versiege – es ist "kein Wasser mehr drin". Das fehlt nicht nur dort.  

Technik für den Weltraum, um Feuer frühzeitig zu entdecken

In der Region im Osten von Sachsen-Anhalt sollen 15 Überwachungstürme – knapp 30 Meter hoch – dafür sorgen, dass Waldbrände frühzeitig erkannt werden. Oben sind Kameras und Sensoren installiert. "Also das ist Ende der Neunzigerjahre für die Rosetta-Mission entwickelt worden", erklärt Philipp Nahrstedt. Damit sollten Wärmequellen im All gefunden werden, jetzt wird es auch für die Waldbrand-Früherkennung genutzt. "Und heute werden schon sechs Millionen Hektar Wald damit beobachtet." Im Forstamt Annaburg laufen die Daten der Türme zusammen. 1,6 Millionen Euro hat die Anlage gekostet – und damit ist eine Überwachung in Echtzeit möglich. So haben die Förster die Rauchwolke entdeckt, die allerdings kein Problem darstellte, wie die Feuerwehr festgestellt hat.

Im vergangenen Jahr hat es in der Region insgesamt 14 Waldbrände gegeben. In diesem Jahr sind es bis zu diesem Zeitpunkt bereits 17. Der Grund: zu wenig Niederschlag. "Wir hatten hier zum Beispiel 2018 in der Zeit vom 1. März bis Ende September 92 Liter Regen auf einen Quadratmeter. Normal sind 250", beschreibt Philipp Nahrstedt.

Feuerwehr: Jeder dritte Brunnen ist trocken

Die Erde trocknet aus – in vielen Teilen von Deutschland. Die wenigen Liter Regen versickern oder verdunsten sofort. Das Problem besteht seit mehreren Jahren. "Das heißt hier im Boden ist eigentlich gar kein Wasser mehr für Pflanzen", sagt Philipp Nahrstedt und greift in Bündel braunes Heidekraut, während er in der Glücksburger Heide steht. Auch hier würde schon ein Funken reichen, um ein Feuer zu entfachen.

Die Glücksburger Heide hat eine Fläche von 2.800 Hektar und war früher ein sowjetischer Truppenübungsplatz. Heute gehört das Wald- und Wiesengelände zum Einsatzgebiet der Forstarbeiter und der Freiwilligen Feuerwehr.

Von einem der Löschbrunnen – ein dickes rotes Rohr, das aus der Erde ragt – geht ein dicker schwarzer Schlauch in den roten LKW der Kameraden. Die Freiwillige Feuerwehr Jessen prüft an diesem Tag, ob die Löschbrunnen noch funktionieren. Denn wenn es brennt, muss schnell Wasser in großen Mengen vor Ort sein. "Der Schlauch ist leer, aber es kommt kein Wasser an", sagt ein Kamerad und schaut auf die Nadel an seiner Anzeige. Die Männer befürchten, dass der Brunnen trocken sein könnte. Durch die anhaltende Trockenheit ist der Grundwasserspiegel so weit gesunken, dass mehr als jeder dritte Brunnen im Gebiet mittlerweile trocken ist. Im Notfall gebe es dann dort kein Löschwasser. Hier erfüllt sich die Befürchtung nicht. Nach wenigen Minuten kommt doch ein großer Strahl aus dem Schlauch.

Ehemalige Truppenübungsplätze mit Munition belastet

Doch in der Glücksburger Heide kämpfen die Kameraden auch noch mit einem anderen Problem: "Wir können und wir dürfen hier eigentlich nicht löschen", sagt der Leiter der Feuerwehr Jessen, Peter Schaefer. Auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz liegt noch alte Munition herum – wie in vielen Waldgebieten von Sachsen-Anhalt – und rostet immer weiter – eine wachsende Gefahr.

Bei einem Feuer kann sie sich leicht entzünden und wirkt so nicht nur als Brandbeschleuniger. "Wir hatten auch schon Brände, wo wir am Rande gelöscht haben. Und da ist Munition explodiert. Wir hatten auch Glück, dass nichts passiert ist", sagt Hans-Peter Schaefer.

"Also wir haben aktuell die Situation, dass in Sachsen-Anhalt, was Kampfmittel plus Verdachtsfälle betrifft, nahezu zehn Prozent der gesamten Landesfläche in diese Kategorie passen", sagt der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag. Rüdiger Erben sieht für die Finanzierung der Beseitigung die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) und damit den Bund in der Pflicht. Die Bergung ist riskant und teuer.

Es ist teuer und riskant

"Also da für die meisten Flächen der Bund zuständig ist, muss auch der Bund dafür ran", sagt Rüdiger Erben. Bei der BImA seien Rückstellungen für die Gefahrenabwehr von Munition vorhanden und die müssten dafür verwendet werden. "Also man hört zumindest aus den Kreisen des Bundes, dass es keine Frage des Geldes ist."

Das Problem sind auch unklare Zuständigkeiten. Ein Teil der Flächen ist in Bundesbesitz, ein Teil aber auch im Besitz der jeweiligen Länder oder der Bundeswehr. Die Kampfmittelräumung wird daher unterschiedlich finanziert. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben erklärt dazu auf Nachfrage von MDR exakt: "Die BImA sind sehr an einer vertiefenden Zusammenarbeit mit den originär für die Kampfmittelbeseitigung zuständigen Ländern interessiert und hat diese Zusammenarbeit den Bundesländern angeboten."

Die Feuer und der große Faktor Mensch

Bis hier eine ideale Lösung gefunden wurde, wird es vermutlich noch einige Waldbrände geben. Doch als Ursache für Feuer ist die Munition eher selten, ebenso natürliche Ursachen wie etwa ein Blitzeinschlag. Die häufigste Ursache ist der Mensch: "Fakt ist, dass 50 Prozent aller Waldbrände in den letzten Jahren hundertprozentig vorsätzlich angelegt wurden", sagt Philipp Nahrstedt.

Die andere Hälfte sei ebenfalls durch den Menschen verursacht. "Das ist zurückzuführen auf fahrlässiges oder grob fahrlässiges Verhalten", so der Philipp Nahrstedt. Damit meint er etwa das Liegenlassen einer brennenden Zigarette auf ausgetrockneten Feldern oder Grillen im Wald bei Gefahrenstufe vier oder fünf.

Der Förster ist frustriert: "Der Wald ist der einzige Klimaschützer, den wir haben, der uns dabei unterstützen kann." Denn nur Holz speichere über einen so langen Zeitraum und so wirksam CO2. "So, wie wir derzeit mit dem Wald umgehen, kann das nichts werden."

Quelle: MDR exakt/ mpö

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Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR exakt | 29. Juni 2022 | 20:15 Uhr

4 Kommentare

Jan-Lausitz am 02.07.2022

Es sollte nicht immer in den Überschriften für das ganze Land pauschaliert werden: " Extreme Dürre " usw.

Was ist denn extreme Dürre? Bei extremer Dürre wächst nichts mehr. Haben wir etwa "nur" Trockenheit? Klingt nicht so schlimm, macht weniger Angst - ach so soll Angst machen - ok ...

Wie sich nun wohl zeigt, wurde auch dieses Waldstück in Sachsen angezündet. Wer sind die Nutznießer oder waren gar ideologische Handlanger am Werke?

Fragen über Fragen ...

nicht vergessen am 02.07.2022

Vielleicht liegt die Dürfe ach an der Windkraft?
Ein bestimmender faktor ist die Rotation der Erde. Dabei neigt sich die Erde von Backbord nach Steuerbord und taumelt durch die Galaxis.
Kennen Sie besoffene ? Dann kennen Sie das Prinzip .
Auf geht's ,mit dem Wissen des des Kinderbuchautors.

geradeaus am 02.07.2022

Wenn jemand im Sommer die Kippe im Wald wegwirft dann ist das vorsätzliche Brandstiftung. Auch mal abgesehen davon das man dadurch einen Brand auslösen kann sind die Filter so extrem umweltschädigend. Vor allem im Wald.

Selbst in der Stadt ist das absurd jedoch liegen die Dinger überall rum. Man muss eigentlich nicht lange gehen und nach unten schauen bis man einen sieht.
Vor der Pandemie rauchten etwa 1/4 aller deutschen ü-14j.
Jetzt sind es wohl wieder 1/3.

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