Schulen auf dem LandGrundschule Trebitz: Frisch saniert und bald geschlossen?
Mit einer großen Party ist am Freitag die Grundschule Trebitz im Landkreis Wittenberg feierlich wiedereröffnet worden. Das 1908 errichtete Schulgebäude wurde zuvor für 1,8 Millionen Euro saniert. Der Prozess dahin war ein Kraftakt für die ländliche Kommune. Dabei ist die Zukunft der Bildungsstätte alles andere als sicher.
- Keine Toilette: Schüler mussten bei Wind und Wetter quer über den Schulhof.
- Bildungsministerium will Mindestschülerzahlen hochsetzen: Bedeutet dies das Aus der Grundschule nach 2027?
- Ministerium will beruhigen: Es gehe um Zusammenlegungen, nicht um Schließungen.
Die Trebitzer Schulleiterin Jana Müller wirkt rundum zufrieden. Denn es ist vollbracht. Nach langem Tauziehen um die Finanzierung, nach vielen Stadtratssitzungen und einer aufwändigen Bauphase ist die Sanierung der Trebitzer Grundschule abgeschlossen. "Ich freue mich riesig, weil da so viel Herzblut drin steckt. Wir haben so für die Schule gekämpft, deshalb bin ich total glücklich." Aber nicht nur für sie, erzählt Jana Müller, sei das ein Tag der Freude, sondern für ganz Trebitz – ein Straßendorf auf halben Weg zwischen Bad Schmiedeberg und Wittenberg.
Generalsanierung war unausweichlich
Das mehr als 100 Jahre alte Schulgebäude machte optisch schon immer einiges her, dafür sorgte schon die freundliche orangefarbene Fassade. Doch wer das Gebäude betrat, der fühlte sich augenblicklich in die DDR-Zeit zurückversetzt: Vieles wirkte grau und dunkel, mit Mobiliar aus der VEB-Produktion, Linoleum, billige Paneele. Die Türen waren schmaler als gewohnt, Kabel und Leitungen hingen herum und eine Toilette gab es gar nicht im Schulgebäude. Die etwa 80 Grundschüler mussten bei Wind und Wetter quer über den Schulhof zu einem Nebengebäude.
Im Bad Schmiedeberger Rathaus war schon vor Jahren klar, dass im Ortsteil Trebitz etwas passieren musste und eine Generalsanierung unausweichlich ist. Dennoch verstrichen etliche Jahre, da Bad Schmiedeberg wegen einiger Fehlinvestitionen nach der politischen Wende zu den Schuldenhochburgen Sachsen-Anhalts zählt. Aktuell beträgt der Schuldenstand etwa 30 Millionen Euro, deshalb hat der Landkreis Wittenberg als Kommunalaufsicht bei jeder großen Ausgabe ein Veto-Recht, wovon häufig Gebrauch gemacht wird.
Pläne des Bildungsministeriums sorgen für Angst in Trebitz
Für Bad Schmiedeberg war es somit ein Kraftakt, die Baukosten aufzubringen – zumal sich diese von 1,2 auf 1,8 Millionen Euro erhöht hatten. Aber im Stadtrat gab es auch kaum Widerstand gegen die Investition, da Schulen einerseits das Dorfleben ungemein bereichern und andererseits dafür sorgen, dass sich junge Familien auf dem Land ansiedeln.
Als Schulleiterin Müller deshalb von den Plänen des sachsen-anhaltischen Bildungsministeriums hörte, die Mindestschülerzahlen hochzusetzen – auf dauerhaft 20 Schüler pro Klasse – sei sie schockiert gewesen, erzählt sie. Denn damit würde ihre neu sanierte Schule zu den klassischen Streichkandidaten zählen. Jetzt mit etwas Abstand zeigt sie sich entspannter. "Ich bleibe erst einmal gelassen, weil wir bis 2027 Bestandsschutz haben. Da passiert solange gar nichts." Sie hofft, dass bis dahin bessere Ideen gefunden werden, als kleine Dorfschulen zu schließen oder zusammenzulegen.
"Will die Politik den ländlichen Raum entvölkern?"
Aus der Kommunalpolitik erhält die Pädagogin jedenfalls Unterstützung. Die Bad Schmiedeberger Bürgermeisterin Heike Dorczok sprach bereits von einem Schildbürgerstreich, wenn man eine gerade sanierte Schule wie in Trebitz dichtmachen würde. "Die Bürger können überhaupt nicht mehr nachvollziehen, warum immer auf Kosten der Dörfer gespart werden soll. Will die Politik den ländlichen Raum entvölkern?" Sie sei enttäuscht, zumal es bei der angekündigten Schulreform auch nicht um einen verbesserten Unterricht gehe, sondern ausschließlich um Modelle, Lehrkräfte einzusparen.
Elmer Emig, Pressesprecher im Bildungsministerium, sagte MDR Sachsen-Anhalt, dass das Land keineswegs kleine, ländliche Schulen schließen will. "Wir wollen keinen Standort aufgeben, aber wir haben eine demografische Entwicklung, die uns Sorgen bereitet. Es kommen zu wenige Schüler nach, außerdem lässt sich das Problem des Lehrermangels nicht kurzfristig lösen. Deshalb sind wir dafür, dass sich Schulverbünde finden."
Ministerium beschwichtigt: "Gesetzentwurf erst am Anfang"
Emig zufolge müsse man dann keinen Standort aufgeben und könne das Schulpersonal effizienter einsetzen. Nach seinen Worten wird es bis 2027 keine Änderungen geben. Und auch sonst stehe die Debatte um den Gesetzentwurf erst am Anfang. "Wir sind jetzt in einem ganz frühen politischen Stadium. Das ist ein Referentenpapier aus dem Bildungsministerium, das kann noch diskutiert und verändert werden." Noch sei überhaupt nichts entschieden, so Emig.
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MDR (André Damm, Daniel Salpius)
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 06. September 2024 | 12:00 Uhr
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