Planung seit 2010 Der lange Weg zum neuen Rathaus in Oranienbaum
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09. Mai 2025, 15:24 Uhr
Die Barockstadt Oranienbaum-Wörlitz im Landkreis Wittenberg verfügt über keinen angemessenen Verwaltungssitz – und das seit Jahren. Ein in die Jahre gekommenes Kurgebäude in Oranienbaum muss als Rathaus herhalten. Der Sanierungsstau ist gewaltig. Denn die Kommune konzentriert sich auf den Umbau einer Villa am Marktplatz zum neuen Domizil der Stadtverwaltung. Da dieser aber hauptsächlich aus Fördermitteln finanziert wird, zieht sich das Bauvorhaben rekordverdächtig in die Länge.
Im Jahr 2010 hieß der Papst noch Benedikt und bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika sorgten die Vuvuzelas für ohrenbetäubenden Lärm. Damals kaufte die Stadt Oranienbaum-Wörlitz im Landkreis Wittenberg für 80.000 Euro eine Ruine am Marktplatz. Dabei handelte es sich um eine besondere Immobilie: das "Goldene Horn". Ein völlig maroder Bau, der einst als Gasthof genutzt wurde und unter Denkmalschutz steht.
Uwe Zimmermann von den Linken war damals Bürgermeister und stand im Ruf, die Hosentaschen zugenäht zu haben. Er wollte die traditionell finanzschwache Barockstadt nicht mit teuren Umbau-Krediten belasten. Doch die Suche nach Fördermitteln gestaltete sich schwierig. Das hatte zur Folge, dass erst 2014 eine Baugenehmigung vorlag und danach wieder drei Jahre verstrichen, bis mit dem Bau begonnen werden konnte.
Das lange Warten auf Fördermittel
2018 wurde Maik Strömer von der CDU neuer Rathauschef und machte das "Goldene Horn" sofort zur Chefsache. "Es war nicht leicht, eine Finanzierungsquelle für das Bauprojekt aufzutun. Zusammen mit dem damaligen Bauminister Thomas Webel (CDU) fanden wir aber eine Lösung", sagt er.
Denn man kam überein, dass der Rathausumbau über das Förderprogramm Städtebaulicher Denkmalschutz bezahlt werden sollte. Oranienbaum-Wörlitz musste sich nur mit maximal 20 Prozent an den Kosten beteiligen. Allerdings gelten Fördermittel, die immer wieder neu beantragt und genehmigt werden müssen, als schwerfällige Finanzierungsinstrumente, anders als Kredite, die sofort ausgegeben werden können.
Für solch ein Finanzierungsmodell würde ich mich heute nicht mehr entscheiden.
Somit zog sich der Umbau weiter in die Länge. Pierre Aster, der Denkmalschutzexperte der Stadtverwaltung, bringt es auf den Punkt: "Die Finanzierung ist der Knackpunkt gerade bei Gebäuden, die unter Denkmalschutz stehen. Dazu kam, dass die Gebäudesubstanz viel schlechter war, als ein Gutachter vorher eingeschätzt hatte. Immer wieder gab es neue Verzögerungen."
Baukosten steigen deutlich
Somit wurde am "Goldenen Horn" weiter gewerkelt, aber von einer Großbaustelle konnte nie die Rede sein. Bissige Kommentare gab es deshalb zu hören, muss Bürgermeister Strömer zugeben: "Klar ist, wenn man länger als fünf Jahre baut, fragen die Leute: Was ist da los? Ich habe es immer versucht zu erklären. Aber es stimmt schon, für solch ein Finanzierungsmodell würde ich mich heute nicht mehr entscheiden."
Zumal auch die Baukosten über die Jahre hinweg deutlich gestiegen sind: Von den einst veranschlagten 2,3 Millionen Euro auf nunmehr 6,2 Millionen Euro. Erschwerend kam hinzu, dass der alte Verwaltungssitz nur notdürftig in Schuss gehalten wurde, um kein Geld zu verschwenden.
Bauamtsleiter Ronald Seebert nimmt es mit Galgenhumor, wenn er den Zustand des mehr als einhundertjährigen Gebäudes beschreibt: "Eigentlich müsste das gesamte Gebäude entkernt werden. Wasser dringt ein, die Fassade ist sanierungsbedürftig. Da hätte man richtig viel Geld reinstecken müssen, doch das wollte niemand."
Während der Bauzeit am neuen Rathaus harren die 25 Mitarbeiter in dem alten Gebäude aus, das längst an einen Drehort für die DDR-Komödie "Good Bye, Lenin!" erinnert: Linoleum-Fußböden, enge Gänge, das WC auf der halben Treppe. Besucher konnten mit anhören, was in den Räumen nebenan gesprochen wurde.
Im letzten Quartal 2025 soll alles fertig sein
Doch irgendwann endet auch das längste Provisorium. Bürgermeister Strömer geht davon aus, dass die Marathonbaustelle am Oranienbaumer Marktplatz im vierten Quartal dieses Jahres abgeschlossen wird und der Umzug beginnen kann. Seine Mitarbeiter würden dann beste Arbeitsbedingungen vorfinden, für Menschen mit Behinderungen gebe es einen Fahrstuhl.
Sein eigenes Büro – dreimal so groß wie sein jetziges – hat Strömer schon in Augenschein genommen. Wenn der Rathauschef hier aus dem Fenster schaut, sieht er das hochherrschaftliche Oranienbaumer Schloss: "Es ist ein wunderschönes Gebäude. Es hat viel Nerven gekostet, auch viel Steuergeld. Wir sind aber dankbar, es so geschafft zu haben."
MDR (André Damm, Mario Köhne) | Erstmals veröffentlicht am 08.05.2025
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 08. Mai 2025 | 14:30 Uhr