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Landwirt Ralf Donath baut seit 2011 rund um Jessen Sanddorn an. Seine Sträucher sind noch gesund. Die Angst vor einer Ausbreitung des mysteriösen Sanddornsterbens bleibt. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Sanddorn-SterbenJessener Landwirt blickt mit Sorge in den Norden

06. September 2022, 16:04 Uhr

Seit einigen Jahren gehen immer mehr Sanddornsträucher in Mecklenburg-Vorpommern ein. Die Ursache ist unbekannt. Auch auf den sandigen Böden rund um Jessen wird die "Frucht des Nordens" angebaut. Muss man sich dort fürchten? Wir haben mit Landwirt Ralf Donath gesprochen, der auf rund 125 Hektar Fläche Sanddorn blicken kann.

von Volker Insel und Carmen Brehme, MDR Wirtschaftsredaktion

Im Norddeutschland sterben viele Sanddornsträucher ab. Die Ursache konnte noch nicht gefunden werden. Was bedeutet das für Sie in Jessen?

Ralf Donath: Wenn ich an das Sanddornsterben denke und ich gehe durch unsere Reihen, läuft natürlich die Angst mit. Ich hoffe, dass das an uns vorbeigeht. Aber ich habe auch andere Erfahrungen gesammelt, was Schädlinge betrifft. Die Sanddornfruchtfleischfliege ist nach vielen Jahren auch bei uns gelandet. Also, ich habe da schon meine Bauchschmerzen.

Haben Sie Gegenmaßnahmen getroffen?

Ralf Donath: Wir haben bestmöglichst versucht, unsere Pflanzen zu unterstützen. Und nach allem, was ich von Berufskollegen höre, sind gerade Bodenbearbeitung und Zusatzbewässerung Mittel, um eventuell das Sterben der Pflanzen zu verhindern, sie vital zu halten. Mehr können wir sicherlich auch erstmal nicht tun.

Wann kam der Sanddorn nach Jessen?

Ralf Donath: Mit dem Sanddorn-Anbau haben wir 2011 angefangen. Da kamen die ersten 15 Hektar mit Hecken. Wir haben nach Möglichkeiten gesucht, unseren mageren Boden mit etwas zu bestellen, was werthaltig ist. Das war bis dato nicht gegeben.

Wir haben hier vorrangig Sandböden anliegen. Was unsere Region noch zusätzlich prägt, ist der sehr wenige Niederschlag. Wir liegen hier so bei 540 Litern Jahresniederschlag. Da bietet natürlich eine Dauerkultur die Möglichkeit, über Jahre hinweg auch Niederschläge auszugleichen.

Die letzten Jahre waren mitunter sehr trocken. Wie gleichen Sie das aus?

Ralf Donath: Ausbleibende Niederschläge sind ein Riesenproblem, weil wir Kultursanddorn hier anbauen. Das sind Pflanzen, die sind aus einem russischen Typ und aus unserem deutschen Küstentyp entstanden, die natürlich auch Eigenschaften haben, wo dementsprechende Erträge erzielt werden. Der Sanddorn trägt nur dann, wenn er ausreichend mit Wasser versorgt ist. Um dem entgegenzuwirken haben wir eine Tröpfchenbewässerung eingebaut, die sich unter der Pflanze befindet. Wir versuchen so, eine Grundversorgung zu gewährleisten, sodass der Sanddorn durch die trockenen Phasen des Jahres kommt. Wassermanagement wird der Schlüssel der Landwirtschaft in Zukunft sein.

2022 hatten wir von Anfang an ausbleibende Niederschläge. Die Beeren entwickeln sich dementsprechend zurück, sie sind dann sehr klein. Wir hatten aber in den letzten Tagen teilweise punktuelle Starkniederschläge, so 20 Liter. Man merkt schon, wie das Volumen der Beeren jetzt noch zunimmt. Sie sind schlagartig gewachsen. Ein weiteres Problem: Trockenheit bedeutet auch, dass der Strauch die Beeren schützt. Er würde im Bedarfsfall die gesamte Ernte abwerfen, um zu überleben.

Wie sind die aktuellen Ernteaussichten?

Ralf Donath: Ich hoffe, dass die Niederschläge der letzten Tage die Beeren noch wachsen lassen. Ich rechne jetzt mit einer normalen Ernte.

Wie groß ist die aktuelle Anbaufläche?

Ralf Donath: Wir haben jetzt, denke ich, unsere Endausbaustufe erreicht. Wir haben 125 Hektar Sanddorn. Das bietet Potenzial für eine jährliche Ernte zwischen 200 und 300 Tonnen, je nach Erntefläche. Man muss wissen, dass wir mit verschiedenen Sorten arbeiten, zum Beispiel, dass die Leikora alle drei Jahre geerntet wird und Habego alle zwei Jahre, sodass die andere Fläche im Jahr variiert.

Von den 120 Hektarn wird also vielleicht die Hälfte ungefähr nur beerntet?

Ralf Donath: Die beerntete Fläche treibt aus und im zweiten Jahr darauf trägt der Sanddorn wieder Früchte.

Was passiert nach der Ernte?

Ralf Donath: Die Sanddornernte verwahren wir erstmal in Sayda. Nachdem der Verschnitt nach Sayda gefahren wurde, wird er gefrostet. Dann wird er abgerüttelt. Dann haben wir nach dem Frostungsprozess die gefrorene Beere als Endprodukt. Das lagern wir in Kühlzellen. Da sind wir in der Lage, so rund 200 Tonnen zwischenzulagern.

Zu welchen Produkten werden die Früchte dort weiterverarbeitet?

Ralf Donath: Der von uns verkaufte Sanddorn wird im nächsten Schritt zerpflückt und es werden verschiedene Zwischenprodukte daraus gewonnen: Kerne, Schale, Sanddornmark. Auch Säfte werden hergestellt, zudem Öle aus Kern und Schale. Dann wird das wiederum an weitere Verarbeiter und Endabnehmer weltweit verkauft.

An Abnehmer welcher Länder werden Sanddornprodukte verkauft?

Ralf Donath: Finnland, Schweden, natürlich Deutschland, Schweiz bis Ferner Osten. Auch in Japan hat man Produkte von uns im Verzehr.

Wer baut noch Sanddorn an in Europa?

Ralf Donath: Sanddorn findet im Moment Weiterverbreitung auch vor allen Dingen in den südlichen Räumen am Mittelmeer. Wir finden ihn in Italien, am Schwarzen Meer, in Rumänien. Das geht jetzt auch in Österreich los, im Baltikum, Lettland, Estland. Litauen ist auch Anbaugebiet. Eines der größten Anbaugebiete ist natürlich China und vor allen Dingen Russland, Kasachstan, das sind Anbaugebiete in der Welt. Wir haben auch Anbauer in Übersee, in Kanada, in den USA. Das Kuriose ist, dass uns auch viele dieser Anbau hier schon besucht haben.

Gibt es Neuentdeckungen in der Produktpalette?

Ralf Donath: Es gibt immer wieder neue Ideen für Sanddornprodukte, gerade im kulinarischen Bereich, er zieht gerade in viele Edelrestaurants ein. Auch die Pharmaindustrie hat da immer mehr ein Auge drauf. In der Krebsbehandlung werden Mittel eingesetzt. Da ist man ständig am Forschen.

Was gibt es zur Preisentwicklung zu sagen? Wird Sanddorn teurer?

Ralf Donath: Die Nachfrage nach deutschem Bio-Sanddorn ist stetig gestiegen beim Verbraucher. Es gibt natürlich Einflüsse von konventionellen Sanddorn aus Osteuropa. Wir haben durch Corona schwierige Zeiten hinter uns. Da ist der Sanddorn eigentlich als Tourismus-Angebot liegen geblieben an der Ostsee. Das hatte einen Rieseneinfluss auf den Markt. Wir haben einen Berg an angefrorenem Sanddorn vor uns hergeschoben. Aber der bewusste Verbraucher kauft. Der Sanddorn von 2021 ist jetzt alle und der neue wird verarbeitet. Das ist ein sehr energieintensiver Prozess. Ich denke schon, dass der Preis für Sanddorn nach oben geht, nach oben gehen muss.

MDR Wirtschaftsredaktion

Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | Umschau | 06. September 2022 | 20:15 Uhr