
Expansion Wittenberg: Tesvolt expandiert und baut Batteriespeicher für Stromhandel
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11. Februar 2025, 05:05 Uhr
Der Wittenberger Batteriespezialist Tesvolt wurde einst als Start-up-Unternehmen gefeiert, erhielt reihenweise Preise und sieht sich dennoch einem Konkurrenzkampf ausgesetzt. Um gegen die deutlich preiswertere Konkurrenz aus Asien bestehen zu können, wollen die Wittenberger auf neue Lösungen setzen: Sie stellen ihre Batteriespeicher nicht mehr nur in unwirtlichen Gebieten auf, sondern zeigen auch, wie man mit Batterien Geld verdienen kann – als Stromhändler.
Bekleidet mit gelber Warnweste verlassen wir den Firmensitz in Wittenberg-Apollensdorf und gehen nach nebenan: auf die Baustelle. Auf dem harten Erdboden kurven Baumaschinen und Gabelstapler entlang, aus der angrenzenden riesigen Produktionshalle ist ohrenbetäubender Lärm zu hören. "Hier wächst gerade unsere Giga-Factory heran", schwärmt Tesvolt-Geschäftsführer Daniel Hannemann mit lauter Stimme, um den Geräuschpegel zu übertönen.
"Hier kommen drei neue Produktsparten rein: Gewerbespeicher, Outdoor-Speicher sowie Schiffsbatterien für Fahrgastschiffe und Ozeandampfer. Dazu nimmt noch das Logistikcenter viel Platz ein." Das Gebäude soll 85 Meter lang und 55 Meter breit werden, auf zwei Etagen. 30 Millionen Euro hat das frühere Start-up-Unternehmen nach eigenen Angaben investiert. Im Herbst bereits soll Eröffnung gefeiert werden.
Weil Umsätze ausblieben, waren neue Ideen gefragt
Dabei sah es für das Wittenberger Unternehmen im vergangenen Jahr nach eignen Angaben gar nicht so gut aus. Der Markt für Speicherlösungen entwickelte sich demnach zwar wie vom Unternehmen erhofft, es ging vergleichsweise steil um 30 Prozent nach oben. Im Gegenzug aber hätten die Umsatzzuwächse kaum etwas eingebracht, weil die Rendite zusammenschmolz. Und das hatte mit der Krise der E-Mobilität zu tun, wie Hannemann erklärt. "Auf dem chinesischen Markt sind zu viele Batteriezellen hergestellt worden. Da gleichzeitig weltweit zu wenige Elektro-Autos verkauft wurden, führte das zu einer Überkapazität, die auch uns getroffen hat. Der Preisverfall im Vorjahr war ungewöhnlich hoch, lag bei 40 Prozent."
Geschäftsführer Hannemann spricht von harten Monaten, von vielen Sitzungen und Meetings, bei denen über eine neue strategische Ausrichtung der Wittenberger Firma beraten wurde. Schnell sei man zum Schluss gekommen, dass ein Preiskampf gegen die asiatische Konkurrenz nicht zu gewinnen sei. Tesvolt müsse auf anderen Gebieten seine Stärken ausspielen und entwickelte ein neues Geschäftsmodell. Die 350 Mitarbeiter zählende Unternehmensgruppe will jetzt mittelständische Gewerbebetriebe mit Batteriespeichern ausstatten, so dass diese am lukrativen Stromhandel teilnehmen können.
Stromhandel für Firmen ermöglichen
Das sei bisher nicht möglich gewesen. Hannemann zufolge sorgt eine selbst entwickelte Software dafür, dass die 100 Kw-Batteriespeicher effizient arbeiten können. Das Modell beschreibt er so: "Ist viel billiger Strom im Netz, lädt sich der Speicher auf, ist wenig Strom im Netz, wird dieser teuer und da entlädt sich unser Speicher." Damit der Gewinn aus dem Stromhandel möglichst hoch ausfällt, arbeitet Tesvolt demnach mit drei Stromhändlern zusammen, die untereinander konkurrieren. Für Firmenchef Hannemann kommen die Kunden damit in den Genuss einer Rendite, während gleichzeitig das Stromnetz entlastet wird. Eine Grundlast sei zudem wichtig für die Energiewende.
Gleichzeitig setzt Tesvolt nach eigenen Angaben noch auf außergewöhnliche Nischenprojekte. Die weltgrößte Achterbahn in Disneyland wurde demnach mit Batteriespeichern ausgestattet, genau wie auch eine Forschungsstation in der Antarktis. Dort sorgen installierte Klimaanlagen laut Hannemann dafür, dass die Batterien der unwirtlichen Witterung trotzen. Dort stehe eine umweltfreundliche effiziente Lösung kurz vor der Umsetzung, die auf innovativer Zellchemie basiere. Begeistert ist Hannemann auch vom Einsatz der Wittenberger Batteriesysteme auf Schiffen: kein Schweröl, kein Gestank mehr. Er hat das emissionsfreie Fahrten auf der Donau selbst getestet und spricht von einem Erlebnis. "Man spürt keine Vibrationen."
MDR (Andé Damm, Hannes Leonard)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 10. Februar 2025 | 09:30 Uhr
ElBuffo vor 4 Wochen
Wo steht da denn, dass alle Ozean-Schiffe ausschließlich von Batterien angetrieben würden? Natürlich haben die schon immer auch Batterien und irgendwer stellt die her. Da wird die Entwicklung nicht vor 100 Jahren stehen geblieben sein. Gewicht, Größe, Einbausatz und Ladedauer werden da schon eine Rolle spielen. Und wenn es beispielsweise um Fähren geht oder andere überschaubare Fahrbereiche, wird das dann möglicherweise interessant. Der gute alte Schiffsdiesel braucht ja auch Platz, die Öltanks ebenso, verursacht ordentlich Vibrationen und darf langsam aber sicher auch nicht mehr in jedem Hafen vor sich hindieseln. Da kann dann eine Batterielösung wettbewerbsfähiger sein. Ist ja auch nicht schlimm. Bleibt mehr für die anderen übrig.
ElBuffo vor 4 Wochen
Frankreich hat auch schon Strom in rauen Mengen importiert als viele AKW nicht liefen. Und ob wir nun Uranbrennstäbe, Gas oder Öl oder gleich Strom importieren, dürfte im Grunde egal sein. Und solange der Strom von den Normannen günstiger ist, als den selbst zu produzieren, ist das sogar eine preiswerte Sache.
Peter vor 4 Wochen
Hobby-Viruloge007: Die Kosten meiner Photovoltaik-Anlage auf dem Dach inkl. Speicher im Keller werden sich bei den aktuellen Strompreisen in etwa 10 Jahren wieder eingespielt haben.
Also, wenn es im Kleinen funktioniert, wird es im Großen noch besser funktionieren.