Maschine statt Mensch Welche Berufe sich durch die Digitalisierung verändern werden

19. Oktober 2019, 10:26 Uhr

Durch die Digitalisierung der Arbeitswelt werden viele Tätigkeiten in Zukunft von Computern statt Menschen ausgeführt. MDR SACHSEN-ANHALT beantwortet die wichtigsten Fragen zu Berufen und Regionen im Land, für die ein besonders starker Wandel der Arbeitswelt prognostiziert wird.

Roboter in Werkhalle
Durch die Digitalisierung werden küftig immer öfter computergesteuerte Technologien berufliche Tätigkeiten übernehmen. Bildrechte: imago/Westend61/Collage/Martin Paul

Was bedeutet Wandel und Veränderung?

Für rund 4.000 Berufe in Deutschland haben Forscher des "Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung" (IAB) sogenannte Substitutionspotenziale berechnet. Sie geben an, inwiefern eine, mehrere oder alle Tätigkeiten eines Berufes durch Computertechnik theoretisch "substituiert" – also ersetzt – werden können. Dabei wird in drei Kategorien unterschieden:

  • Gering: Substitutionspotenzial = 0-30 Prozent
  • Mittel: Substitutionspotenzial = 30-70 Prozent
  • Hoch: Substitutionspotenzial = 70-100 Prozent

Bedeutet hohe Ersetzbarkeit automatisch auch das Aussterben von Berufen?

Nicht unbedingt, sagt Per Kropp vom IAB bezogen auf Berufe mit hohem Substitutionspotenzial:

Wir erwarten, dass sich diese Berufe am stärksten verändern. Dadurch steigt in der Regel die Produktivität, das heißt, ein Beschäftigter kann mehr Güter oder Dienstleistungen zu einem günstigeren Preis bereitstellen. Wenn dadurch die Nachfrage steigt, kann auch die Beschäftigtenzahl wachsen, wenn die Nachfrage stagniert, werden Beschäftige in diesem Beruf freigesetzt.

Zugleich entsteht oder erhöht sich durch die Digitalisierung die Nachfrage nach neuen Produkten oder Dienstleistungen. Welche Beschäftigungseffekte in der Summe entstehen, ist kaum vorhersehbar, aber es ist auf alle Fälle nicht nur das Wegfallen von Arbeitsplätzen.

Dr. Per Kropp, IAB

Wie ist die Situation in Sachsen-Anhalt?

In Sachsen-Anhalt arbeitet laut IAB etwa jeder vierte Beschäftigte (24,4 Prozent) in einem stark substituierbaren Beruf. Das entspricht in etwa dem Bundesdurchschnitt. Deutschlandweit liegt der Beschäftigtenanteil zwischen 15 und 30 Prozent:

Von den rund 190.000 Beschäftigten in Berufen mit hohem Substituierbarkeitspotenzial üben etwa 8.000 Menschen eine Tätigkeit aus, die bereits heute ganz von Computern oder computergesteuerten Maschinen übernommen werden könnte.

Dabei handelt es sich zum einen um Fertigungs- und Fertigungstechnische Berufe wie Fachkräfte für Metallumformung oder Elektromaschinentechnik. Zum anderen gehören auch Dienstleistungs- und Logistikberufe wie Fachkräfte in der Steuerberatung, Helfer im Beruf Kranführer und Steno-/Phonotypisten zu dieser Kategorie.

Auf der andere Seite arbeiten etwa 250.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Land in Berufen, in denen weniger als 30 Prozent der Tätigkeiten von Computern erledigt werden könnte. Darunter befinden sich fast 39.000 Männer und Frauen, deren Berufe kein Substituierbarkeitspotenzial besitzen. Dazu zählen unter anderem Friseure, Physiotherapeuten sowie Maurer und Kindererzieher.

Welche Regionen sind in Sachsen-Anhalt besonders betroffen?

In Sachsen-Anhalt variiert der Anteil der Beschäftigten in stark substituierbaren Berufen zwischen 15,9 Prozent (Halle) und 32,8 Prozent (Landkreis Börde):

Das liegt vor allem an der unterschiedlichen, regionalen Berufsstruktur. Städtische Gebiete weisen tendenziell niedrigere Substituierbarkeitswerte auf als die Landkreise. Auch die Branchenstruktur einer Region spiegelt sich in niedriger oder hoher Substituierbarkeit wider.

Im Landkreis Börde beispielsweise sind verhältnismäßig viele Menschen als Helfer und Fachkräfte in der Lagerwirtschaft angestellt, die über ein hohes Ersetzungspotenzial verfügen. Im Gegensatz dazu sind vergleichbare Berufe in Magdeburg und Halle deutlich seltener vertreten.

Wie ersetzbar ist mein eigener Beruf?

Auf der Internetseite job-futuromat des IAB können Interessierte für knapp 4.000 Berufe nachvollziehen, welche Tätigkeiten ihr Job kennzeichnet und wie viele davon durch Technik und IT theoretisch ersetzt werden könnten. Bezüglich der Substituierbarkeitspotenziale hat Per Kropp (IAB) für Schulabgänger auf Ausbildungs- oder Studienplatzsuche noch einen Tipp:

Ein hohes Substituierbarkeitspotenzial würde ich als Indikator dafür nehmen, dass sich der Beruf stärker wandeln wird als andere. Das kann bedeuten, dass er auch anspruchsvoller und gegebenenfalls besser bezahlt wird. Auf alle Fälle sollte man dann bereit sein, sich auf solche Veränderungen einzulassen und immer wieder dazu zu lernen.

Per Kropp, IAB

Daten und Methodik

Um Substituierbarkeitspotenziale zu ermitteln, haben Forscher des IAB ermittelt, wie viele einen Beruf kennzeichnende Tätigkeiten bereits durch Computer oder computergesteuerte Maschinen ausgeführt werden könnten. Diese Berechnung erfolgte auf Grundlage der Expertendatenbank BERUFENET der Bundesagentur für Arbeit. Das BERUFENET ist eine Datenbank der Bundesagentur für Arbeit. In ihr werden zu allen in Deutschland bekannten Berufen berufskundliche Informationen online und kostenlos zur Verfügung gestellt. Im BERUFENET sind den ca. 3.900 Einzelberufen ca. 8.000 Arbeitsanforderungen bzw. Kerntätigkeiten zugeordnet.

In einem unabhängigen Dreifach-Codier-Verfahren wurde jede der ca. 8.000 Kerntätigkeiten danach beurteilt, ob sie bereits nach dem technischen Stand in 2016 von Computern oder computergesteuerten Maschinen ausgeführt werden könnte. Dabei wurden nur die für die Ausübung des Berufes unerlässlichen Kernanforderungen betrachtet. Den Anteil dieser potenziell ersetzbaren Kernanforderungen an allen Kernanforderungen eines Berufes bezeichnen die IAB-Forscher als Substituierbarkeitspotenzial.

Betrachtet wurden die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit.

Quelle: MDR/mm

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 27. Oktober 2019 | 19:00 Uhr

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