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Das fehlende Grundwasser ist nicht mehr auszugleichen, sagt Michael Rode vom Helmholtz Zentrum für Umweltforschung in Magdeburg. (Symbolbild) Bildrechte: MDR/Mayte Müller

Hitze und DürreExperte: Wir müssen uns an den Wassermangel anpassen

20. Juni 2022, 15:14 Uhr

In Sachsen-Anhalt sind immer mehr Folgen der Trockenheit spürbar. Landwirte beklagen Wassermangel und auf der A9 löst sich wegen der Hitze Fahrbahnbelag. Einem Experten zufolge müssen wir uns häufiger darauf einstellen. Wasserexperte Michael Rode sagt, jetzt sei die Politik gefragt, dafür Konzepte zu erarbeiten.

von MDR SACHSEN-ANHALT

Sachsen-Anhalt hat am Wochenende die bislang heißesten Tage des Jahres erlebt. Mit 38,4 Grad war es am Wochenende in Jessen am wärmsten. Die Hitze hat auch erste Spuren auf den Straßen hinterlassen. Auf der A9 Richtung München hat sich zwischen Coswig und Vockerode teilweise die Fahrbahndecke gelöst. Wegen Trockenheit herrscht teils hohe Waldbrandgefahr. Südwestlich von Berlin fingen zwei Wälder Feuer, mehrere Hundert Menschen mussten ihre Häuser verlassen.

Mehr zum Thema Dürre und TrockenheitWie schon in den letzten Jahren stehen Mitteldeutschland Monate bevor, die geprägt sein werden von Trockenheit und Wassermangel.

Wie Wirtschaft und Gesellschaft damit umgehen und welche Lösungen es für das Problem gibt, darüber diskutiert die Runde bei „Fakt ist!“ aus Magdeburg am 20. Juni 2022.

Zu sehen ist der MDR-Talk ab 20.30 Uhr im Livestream auf mdr.de/tv und auf dem MDR-YouTube-Kanal sowie um 22.10 Uhr im MDR-Fernsehen und im Anschluss in der ARD Mediathek.

An trockene Böden müssen sich Gärtner, Förster und Bauern auch zukünftig gewöhnen, sagt Professor Michael Rode vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Magdeburg im MDR-Interview. Schon jetzt sei für viele Pflanzen in Ostdeutschland kein Wasser mehr verfügbar.

Die Grundwasserstände in Sachsen-Anhalt sind im Mittel in den vergangenen Jahren um einen halben Meter gefallen, örtlich auch noch stärker. Das führt auch dazu, dass Fließgewässer früher im Jahr austrocknen, weil die Versorgung aus dem Grundwasser nicht mehr gegeben ist.

Michael Rode | Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung

Es sei nicht auszuschließen, dass die Trockenheit unser Landschaftsbild nachhaltig ändern wird. Schon jetzt sei klar, dass das im Boden fehlende Wasser nicht einfach ersetzt werden könne: "Wir brauchen im Mittel zehn Prozent mehr Niederschlag. Das ist aber nicht zu erwarten. Durch die höheren Temperaturen haben wir auch eine höhere Verdunstung. Im Ergebnis können wir nicht von einer Regeneration der Grundwasserstände ausgehen", macht Rode deutlich.

Wasserentnahmeverbote sind richtig

Dieser Erkenntnis müssten nach Rode klare Konsequenzen folgen. Alle Bereiche, die vom Wasser abhängig seien, müssten sich anpassen, fordert der Experte. Gerade für die Landwirtschaft brauche es Konzepte, um mit der Knappheit längerfristig klar zu kommen. Darüber hinaus sei die Politik gefragt, den Mangel zu managen. Gleichzeitig macht Rode klar, an Trinkwasser wird es uns auch zukünftig nicht mangeln.

Trinkwasser hat, gemessen am Gesamtbedarf, nur einen relativ kleinen Anteil. Allerdings kann jeder Einzelne zum Wassersparen beitragen, in dem er die Bewässerung von Rasenflächen unterlässt oder auch keine Pools befüllt.

Michael Rode | Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung

Die aktuellen Wasserentnahmeverbote mehrerer Landkreise zum Grundwasser-Schutz hält Rode für sinnvoll. Diese Regeln seien eine Möglichkeit, sich dem Problem zu stellen, sagt Rode.

Im Altmarkkreis Salzwedel gilt bereits ein Wasserentnahmeverbot, ebenso im Landkreis Anhalt-Bitterfeld. Dort ist es verboten, zur Bewässerung von Gärten Wasser aus Seen oder Flüssen zu pumpen. In der Zeit zwischen 12 und 18 Uhr dürfen Grünflächen gar nicht mehr bewässert werden. Die Behörden begründeten das mit dem niedrigen Grundwasserspiegel.

Fakt ist: Das bisherige Jahr 2022 ist laut Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt deutlich zu trocken gewesen. Es seien bis Ende Mai nur 157 Liter Niederschlag pro Quadratmeter gefallen, teilten die Experten in Halle mit. Im Durchschnitt der Jahre 1961 bis 1990 seien es 207 Liter pro Quadratmeter gewesen.

Wassermangel nicht mehr zu beseitigen

Bis auf den Februar dieses Jahres hätten alle Monate mit den Niederschlagsmengen unter dem langjährigen Soll gelegen. Dieses Frühjahr gehöre zu den drei niederschlagsärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1881. Der März sei sogar der trockenste überhaupt gewesen.

Noch immer wirkten zudem die Dürrejahre 2018 bis 2020 nach. Bis heute fehle deshalb in etwa die Regenmenge eines halben Jahres, erklärte das Landesamt für Umweltschutz. Somit seien auch die Grundwasserstände und die Bodenfeuchte deutlich unter ihren langjährigen Mittelwerten.

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Bei fortschreitender Klimaerwärmung gehen Experten davon aus, dass sich der Jahresniederschlag kaum ändern wird, wohl aber die Verteilung über das Jahr. Die Winter würden feuchter und die Sommer niederschlagsärmer. Für Rode steht fest, zukünftig kann es immer häufiger passieren, dass wir uns phasenweise auf Beschränkungen und auf eine geringere Verfügbarkeit von Wasser einstellen müssen. Das könne dann fast alle Lebensbereiche betreffen: Förster, Bauern, Gärtner, Schifffahrt oder Industrie.

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MDR (Hannes Leonard), dpa

Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | 20. Juni 2022 | 11:00 Uhr