Erhebliche Unterschiede in den LandkreisenEnergiepreise: Diese Kosten für Strom und Gas kommen 2023 auf Kunden in Sachsen-Anhalt zu
Die Energiekosten steigen. Viele Grundversorger in Sachsen-Anhalt haben in den vergangenen Wochen bereits höhere Preise für Strom und Gas angekündigt. Oftmals gelten ab dem 1. Januar 2023 neue Tarife. Innerhalb Sachsen-Anhalts kommt es bei den Stadtwerken jedoch zu erheblichen Preisunterschieden von bis zu 139 Prozent. Grund dafür sind die Beschaffungsstrategien der Versorger.
- In Sachsen-Anhalt liegt der durchschnittliche Gaspreis in der Grundversorgung ab 1. Januar bei rund 19,96 Cent je Kilowattstunde. Zum Jahreswechsel steigen die Preise damit noch einmal um rund 25 Prozent an.
- Zwischen den einzelnen Regionen im Land gibt es ein großes Preisgefälle. Grund dafür sind die unterschiedlichen Einkaufsstrategien der Stadtwerke.
- Der Energiepreis wird sich auch in den kommenden Jahren nicht wieder auf das Niveau von vor der Krise zurückbewegen.
Wer aktuell einen Brief von seinem Strom- oder Gasanbieter erhält, weiß bereits vor dem Öffnen, was drin stehen wird: Die hohen Kosten auf dem Gasmarkt werden zum Jahreswechsel nun auch von den letzten Stadtwerken an Kundinnen und Kunden weitergegeben. 2023 steigt der Preis für die Gas-Grundversorgung in Sachsen-Anhalt im Schnitt noch einmal um 25 Prozent. Beim Strom sind es sogar 39 Prozent.
Bereits im Oktober hatten 14 Stadtwerke ihre Preise für Gas erhöht. Neben den massiv gestiegenen Kosten für die Beschaffung und den Vertrieb kommen auch neue gesetzliche Umlagen dazu. Faktoren wie Netznutzungsentgelte und ein erhöhter ungeplanter Zulauf von Neukunden in die Grundversorgung treiben die Preise in die Höhe. Denn obwohl sich Stadtwerke in der Regel für einen längeren Zeitraum von bis zu drei Jahren mit Energie eindecken, sind auch die letzten Ressourcen irgendwann einmal aufgebraucht.
Das sind die Gaspreise in Sachsen-Anhalt für 2023
MDR SACHSEN-ANHALT hat die aktuellen Preise bei den Grundversorgern im Land abgefragt. Die Zahlen zeigen: 2023 ist der Arbeitspreis für Gas in Wittenberg, Sangerhausen und Havelberg am günstigsten. Teuer wird es dagegen in Bitterfeld-Wolfen, Quedlinburg und Köthen.
Der durchschnittliche Gaspreis in Sachsen-Anhalt liegt bei rund 20 Cent je Kilowattstunde. Besonders hohe Preissprünge gibt es in Zeitz und Quedlinburg. Hier zahlen Kunden im neuen Jahr mehr als das Doppelte. In Naumburg und Blankenburg sinken die Preise dagegen wieder leicht. Der Unterschied zwischen dem günstigsten und dem teuersten Gas-Anbieter im Land liegt bei rund 139 Prozent.
Das sind die Strompreise in Sachsen-Anhalt für 2023
Ein ähnliches Bild zeigt sich auch beim Strom. Am günstigsten ist der Arbeitspreis in der Grundversorgung in Wittenberg, Wernigerode und Halberstadt. Am tiefsten in die Tasche greifen müssen Menschen zukünftig in Bernburg, Bitterfeld-Wolfen und Staßfurt.
Im Schnitt steigen die Preise für Strom zum Jahreswechsel um rund 39 Prozent. Besonders in Bernburg und Quedlinburg zahlen Kunden und Kundinnen ab 2023 in der Grundversorgung mehr als das Doppelte im Vergleich zum Dezember 2022. Im Schnitt kostet die Kilowattstunde Strom in Sachsen-Anhalt etwa 54 Cent. Der Unterschied zwischen dem günstigsten und dem teuersten Anbieter liegt bei 120 Prozent. Wie kommt ein solches Preisgefälle zustande?
Unterschiede beim Preis liegen an Einkaufsstrategie
"Der Energieeinkauf erfolgt in der Regel langfristig mit einem Vorlauf von etwa zwei bis drei Jahren. Demzufolge konnten wir unsere Preise über das Jahr 2021 konstant belassen. Für das Jahr 2022 mussten erste Teilmengen zu den krisenbedingt höheren Einkaufspreisen beschafft werden", erklärt Thomas Glaser von den Stadtwerken Bitterfeld-Wolfen auf Anfrage von MDR SACHSEN-ANHALT. Diese würden nun auf die Kunden umgelegt werden.
Das bestätigt auch eine Sprecherin der Stadtwerke Schönebeck: "Je nachdem, wie viele Mengen für 2023 bereits eingedeckt waren, fallen die Preissteigerungen gegenüber den Kunden nun mehr oder weniger stark bei den einzelnen Versorgern aus." In den Jahren davor habe es keine großen Preisverwerfungen an den Märkten gegeben, sodass es keine Rolle gespielt habe, wann ein Versorger die einzelnen Teilmengen eingedeckt hat. Meist konnten durch die unterschiedlichen Einkaufszeitpunkte nur Preisdifferenzen in der Nachkommastelle erzielt werden.
Das ist nun anders. Im August und September hätten sich die Preise für Strom innerhalb von 24 Stunden über 20 Cent pro Kilowattstunde verändert. Aktuell seien es zwischen zwei und fünf Cent, so Tim Schlenkermann, Geschäftsführer der Stadtwerke Blankenburg. Geringfügige Preisunterschiede zwischen den Versorgern habe es schon immer gegeben. Aktuell könne der unterschiedliche Einkaufszeitpunkt aber zu erheblichen unterschiedlichen Kosten führen.
Führt die Energiepreisbremse zu Erhöhungen der Preise?
Damit die Kunden entlastet werden, hat der Bundestag die Gas- und Strompreisbremse beschlossen. Verbraucherschützer warnen allerdings davor, dass Anbieter die Energiepreisbremse gezielt für Tariferhöhungen nutzen könnten. Die Stadtwerke in Sachsen-Anhalt dementierten diesen Vorwurf. Man handele im besten Ansinnen für die Kundinnen und Kunden, hieß es bei vielen Energieversorgern auf Anfrage.
Die Stadtwerke bemängeln stattdessen einen erhöhten administrativen und IT-technischen Aufwand bei der Umsetzung des Preisdeckels. "Die Preisgestaltung selbst wird durch die geplanten Preisbremsen überhaupt nicht beeinflusst, denn diese basiert auf unserer Kostenentwicklung. Lediglich die Umsetzung der Preisbremsen führt zu etwas höheren operativen Kosten, die sich auch auf die Preiskalkulation auswirken", erklärt Guido Langer, Geschäftsführer der Stadtwerke Merseburg. Die meisten Anbieter hätten ihre Preise für 2023 ohnehin schon eher kalkuliert, heißt es.
Wie funktioniert die Strom- und Gaspreisbremse?Die Energiepreise werden ab März 2023, unter rückwirkender Anrechnung der Monate Februar und Januar, gedeckelt. Die Heizkosten werden für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs auf 12 Cent pro Kilowattstunde beim Gas und 9,5 Cent für Fernwärme begrenzt. Beim Strom liegt der Deckel bei 40 Cent. Für den restlichen Verbrauch muss der normale Marktpreis gezahlt werden. Auch kleinere und mittlere Unternehmen sowie Vereine sollen von der Energiepreisbremse profitieren.
Experte: Gaspreise werden weiter steigen
Joachim Weimann, Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Magdeburg, sieht in der Energiepreisbremse noch ein ganz anderes Problem. "Der momentane Energiepreis ist darauf zurückzuführen, dass die Energieträger, die wir brauchen, durch die russische Invasion sprunghaft verknappt sind. Wenn wir eine Gasbremse einführen, steigen die Preise nicht so stark, wie sie es aufgrund der Knappheit eigentlich tun müssen. Dann wird die Nachfrage nicht entsprechend zurückgehen. Dann werden wir mehr Gas verbrauchen, weil die Menschen weniger sparen. Und dann wird das Problem immer größer." Der Gaspreis werde aufgrund der höheren Nachfrage also weiter steigen, so Weimann.
Preise für Energie wohl nie mehr auf Niveau von vor der Krise
Aktuell sinken die Großhandelspreise für Gas zwar wieder, doch von diesem Umstand sollte man sich nicht täuschen lassen, erklärt Weimann weiter. "Der sinkende Preis im Moment hat sehr viel damit zu tun, dass unsere Gaslager voll sind. Neue Gasmengen können nicht untergebracht werden. Die Gasspeicher werden natürlich im Laufe des Winters abbauen und dann wird die Nachfrage wieder steigen, um die Lager im nächsten Jahr voll zu bekommen." Den nächsten Winter zu überstehen, werde deshalb ein viel größeres Problem.
Ein Preisniveau wie vor der Krise wird es in den kommenden Jahren wohl erst einmal nicht geben. "Das russische Gas fehlt überall. Und dieser Ausfall ist nicht einfach zu kompensieren. Das heißt, das Preisniveau wird insgesamt ansteigen. Und vom Gas gehen eben auch Rückkopplungseffekte auf die anderen Energieträger aus. Über den Gaspreis steigt auch der Strompreis. Wir müssen uns darauf einstellen, dass wir in Zukunft, selbst wenn sich der Krieg irgendwie beruhigt, nicht zu den alten Preisen zurückkehren werden", so Weimann.
Was das neue Jahr in Sachen Energiepreisen konkret bringt, wird sich wohl erst in den kommenden Monaten zeigen. In Merseburg beispielsweise seien aktuell keine weiteren Erhöhungen für 2023 geplant, sagt Guido Langer von den Stadtwerken. Allerdings könnten weitere Preisanpassungen aufgrund der aktuellen Dynamik im Energiemarkt, aber auch in der Gesetzgebung nicht ausgeschlossen werden. Auch Kunden, deren Stromverträge gekündigt werden und die dann automatisch in die Grundversorgung fallen, würden zu weiteren Eindeckungen mit den teuren Energiepreisen führen. Und das werde sich letztendlich in erneuten Preisanpassungen widerspiegeln.
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MDR (Sarah-Maria Köpf)
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT - Das Radio wie wir | 19. Dezember 2022 | 07:30 Uhr
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