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Bundesweit gibt es 36 Millionen Grundeinheiten, die für die Grundsteuer neu bewertet werden müssen – zum Beispiel in Brachwitz. Bildrechte: imago images/Steffen Schellhorn

Grundsteuer-ReformWas Sie bei der Grundsteuererklärung beachten müssen

21. Juli 2022, 19:13 Uhr

Die Grundsteuererklärung hält viele Fragezeichen bereit: Flurstück, Zähler, Nenner und Bodenrichtwert muss man für sein Grundstück erstmal finden. Eine MDR-Reporterin hat es mit den Formularen versucht und einen Steuerberater um Hilfe gebeten. Der sagt zudem: Wie die Bescheide am Ende aussehen, werde "eine große Überraschung".

Ein Selbstversuch in Grundsteuererklärung sollte es werden. Der schon daran scheitert, dass die Anmeldung beim Online-Finanzamt Elster nicht so unkompliziert möglich ist: Das Portal stellt Unterlagen für die Aktivierung des Zugangs per Post zu. Das dauert ein paar Tage. Wenigstens handelt es sich um ein sicheres Verfahren: So kann mich niemand aus der Ferne hacken, um meine Grundsteuererklärung für mich zu erledigen.

Ich frage meine Freundin Nadine, die vor wenigen Jahren ein Haus in ihrem Heimatort im Landkreis Harz gekauft hat. Sie hat ihre Grundsteuererklärung schon gemacht: "Ich war Gott sei Dank schon bei Elster angemeldet", sagt sie.

Im folgenden Video beantwortet Steuerberater René Freiberg die wichtigsten Fragen zur Grundsteuererklärung.

Daten aus dem Grundbuch im Internet finden

Nadine hat drei Stunden für diese Steuererklärung gebraucht. Zuerst beschwert sie sich, dass sie dafür zwei Geräte benötigte. Für ältere Menschen, die sich mit Computern nicht auskennen, sei das nicht zu machen. Dann kommen die unzähligen Daten, die benötigt werden, zum Beispiel aus dem Grundbuch.

Die Daten stellt das Land auch online zur Verfügung, auf dem "Grundsteuer-Viewer Sachsen-Anhalt". Auf einer Karte kann man dort sein Grundstück suchen. Wenn man es findet, zeigt das System die meisten Infos, die man so braucht, darunter den Zähler und Nenner der Flurstücke in Zeile 10: Was soll das sein?

Mit "Zähler" und "Nenner" hatte auch Nadine Probleme. Steuerberater René Freiberg erklärt: Es handelt sich um zugewiesene Nummern, die man "einfach" über das Grundbuch oder den Viewer raussuchen muss.

In Zeile 11 geht es dann – auch unter "Zähler" und "Nenner" – allerdings um den Anteil, den man am Grundstück hat. Nadine zum Beispiel gehört ihr Grundstück allein: Sie trägt bei Zähler und Nenner jeweils 1 ein. Hätte sie eine Doppelhaushälfte gekauft, hätte sie 1 bei Zähler und 2 bei Nenner eingetragen – 1/2, eine Hälfte, also.

Elektronische Übermittlung ist Pflicht

"Einfach" in Anführungszeichen, weil: Den Grundsteuer-Viewer muss man kennen und finden. In einem Hilfebereich auf der Webseite des Finanzministeriums wird er zwar erwähnt, ist aber nicht verlinkt. Und: Generell ist es gerade für ältere Menschen schwierig, dass die Grundsteuererklärung digital ausgerichtet ist. Es ist Pflicht, die abgefragten Daten elektronisch zu übermitteln. Wer das nicht kann oder will, muss einen Härtefallantrag stellen.

Über den "Grundsteuer-Viewer" findet man auch den Bodenrichtwert – und nur hier, im Gegensatz zu den Flurstück-Infos aus dem Grundbuch. "Der Bodenrichtwert war auch nochmal ein 'Highlight'", sagt Nadine, die lange gebraucht hat, um die Webseite und die Angaben zu finden.

Der Bodenrichtwert bezeichnet, wie viel ein Quadratmeter Fläche an dieser Stelle wert ist. Am Magdeburger Hasselbachplatz etwa beträgt der Wert demnach pro Quadratmeter 800 Euro, im kleinen Ort Lückstedt im Landkreis Stendal gibt es Grundstücke, deren Bodenrichtwert sieben Euro pro Quadratmeter beträgt.

Wann ist ein Haus eigentlich "kernsaniert"?

Die letzte größere Hürde für Nadines Grundsteuererklärung war ein Kästchen hinter "Das Gebäude war vor 1949 erstmals bezugsfertig". Nadines Haus steht schon seit langem in dem Dorf, in dem sie aufgewachsen ist. Der Mann, dem sie es abgekauft hat, hat es wiederum 1970 gekauft. Früher war es eine Scheune. Sie weiß die Antwort also nicht.

Auch für Steuerberater René Freiberg vom Steuerberaterverband ist das eine schwierige Frage. Er erklärt aber: "Das Alter des Gebäudes wirkt sich auf den Steuerwert aus." Gefragt wird auch nach einer Kernsanierung, denn die würde laut Freiberg die Angabe zur Bezugsfertigkeit überschreiben. Dafür muss es nach Angaben des Steuerberaters eine "tiefgreifende Veränderung" gegeben haben. Wer sein Haus zwischenzeitlich umfassend saniert hat, zum Beispiel neue Fenster und neue Sanitäranlagen eingebaut hat, habe das Gebäude nicht unbedingt "kernsaniert".

Das Alter eines Gebäudes könnte übrigens auch zu einer Steuerbefreiung oder Vergünstigung führen, dann nämlich, wenn das Haus unter Denkmalschutz steht. Das müsse man aber beantragen.

Stolperfalle Wohnfläche

Nadine hat ihre Grundsteuererklärung schon abgegeben. René Freiberg wird noch einige auf den Tisch bekommen. Eine häufige Stolperfalle und Fehlerquelle ist nach seinen Angaben auch die Größe der Wohnfläche. Die sei nämlich häufig gar nicht bekannt und sehr schwer selbst zu berechnen. Treppen mit mehr als drei Stufen würden zum Beispiel nicht als Wohnfläche zählen, unbeheizte Wintergärten nur zu 50 Prozent. Freiberg sagt: "Es besteht das Risiko, dass ich zu viel Fläche angebe und dann wird die Steuer teurer." Auch Waschküchen, Stallgebäude, Scheunen und Schuppen könnten Hausbesitzer von der Gesamtgrundstücksfläche abziehen.

Baumaßnahmen wie neue Wintergärten seien "auch eine heiße Kiste", weil sie oft gar nicht nachträglich beim Finanzamt gemeldet wurden. Einige Eigentümerinnen und Eigentümer hätten nun Angst, dass sie wegen nicht gemeldeter Anbauten Schwierigkeiten bekämen. Für solche Fälle gibt es laut Freiberg aber so etwas wie "eine kleine Amnestie". Er betont aber, das gelte in beide Richtungen: Wer etwa feststellt, dass jahrelang zu viel Steuer gezahlt wurde, weil die Wohnfläche zwischenzeitlich verkleinert wurde, kann das nicht zurückfordern.

Wird die Grundsteuererklärung nicht abgegeben, hat das Finanzamt mehrere Möglichkeiten: Das Amt kann den Wert schätzen. Es kann aber auch ein Zwangsgeld verhängen und das Zwangsgeld auch wiederholen, sagt René Freiberg. Zudem kann ein Finanzamt Verspätungsszuschläge verhängen.

Wird es teurer?

Wer die Grundsteuererklärung abgegeben hat, muss auf den Bescheid warten. Freiberg erwartet diese für 2023, also das kommende Jahr. Ob es für Eigentümerinnen und Eigentümer dann teurer oder günstiger wird, "wird eine große Überraschung werden". Das liegt auch daran, dass Gemeinden Spielraum haben, mit dem ermittelten Grundsteueranspruch umzugehen. René Freiberg geht davon aus, dass es jeweils im Einzelfall unterschiedlich sein wird: Die einen werden mehr zahlen müssen, die anderen weniger.

Ich warte derweil auf mein Zertifikat, damit ich mich bei Elster anmelden kann. Ankommen sollte es nach Angaben des Finanzministeriums innerhalb von zehn Tagen. Verzögerungen wegen der Grundsteuererklärung seien bisher nicht bekannt. Das Elster-Portal war im Juli zwischenzeitlich überlastet gewesen.

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MDR (Julia Heundorf)

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