Angriffe, Pöbeleien, Hitlergruß CSD-Zwischenfälle in Weißenfels und Halle: Wie die juristische Aufarbeitung läuft
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16. Mai 2024, 18:55 Uhr
Bei den "Christopher Street Day"-Veranstaltungen im vergangenen Jahr in Sachsen-Anhalt ist es zu mehreren Zwischenfällen und Angriffen gekommen – unter anderem in Weißenfels und Halle. Mittlerweile sind einige Verfahren abgeschlossen, andere Ermittlungen laufen noch. Im Burgenlandkreis blickt man mit gemischten Gefühlen auf die Aufarbeitung.
- In Weißenfels hat es nach den CSD-Vorfällen im vergangenen Jahr unter anderem eine Geldstrafe gegeben.
- In Halle wird wegen gefährlicher Körperverletzung weiter ermittelt.
- Ein Organisator im Burgenlandkreis erklärt, die Situation für queere Menschen habe sich verschlechtert – und gibt sich dennoch optimistisch.
Nach den Angriffen und Zwischenfällen bei CSD-Veranstaltungen in Weißenfels und Halle im vergangenen Jahr ist die juristische Aufarbeitung in Teilen abgeschlossen. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Halle teilte MDR SACHSEN-ANHALT mit, in Weißenfels sei eine damals 30-jährige Person vom Amtsgericht zu einer Geldstrafe verurteilt worden, weil sie einen CSD-Teilnehmer gegen das Schienbein getreten haben soll.
Hitlergruß gezeigt: Gericht hat bereits "Zuchtmittel" verhängt
Ein junger Erwachsener soll am Rande des Weißenfelser CSD zudem den Hitlergruß gezeigt haben. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wurde gegen ihn im vergangenen Dezember Anklage wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen erhoben. Im März habe das Amtsgericht dann aber von einer Verfolgung der Straftat abgesehen, weil sich der Heranwachsende laut Staatsanwaltschaft bereits wegen anderer schwerwiegender Taten vor Gericht verantworten musste. Hintergrund sei Paragraf 154 der Strafprozessordnung ("Teileinstellung bei mehreren Taten").
Deshalb wurde das Zeigen des Hitlergrußes nicht separat verfolgt
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hat das Amtsgericht Weißenfels gegen die betreffende Person bereits im Oktober 2023 rechtskräftig sogenannte "Zuchtmittel" verhängt. Das können nach dem Jugendgerichtsgesetz etwa Auflagen, eine Verwarnung oder Arrest sein. Die Staatsanwaltschaft Halle erklärte auf Nachfrage, bei den betreffenden Taten habe allerdings kein Zusammenhang zu den Vorfällen beim CSD bestanden, vielmehr seien es unpolitische Delikte gewesen. Details nannte die Staatsanwaltschaft nicht. Im März 2024 habe das Amtsgericht dann von einer weiteren Verfolgung abgesehen. Der Sprecher sagte, das sei vor allem bei Heranwachsenden zwischen 18 und 21 Jahren kein unüblicher Vorgang und werde etwa gemacht, wenn ein weiteres Verfahren für das Ergebnis im Grunde keine Rolle spielen würde oder man sich abseits davon geeinigt habe.
Halle: Ermittlungen gegen zwei Tatverdächtige
Unterdessen wird nach den Angriffen beim zurückliegenden CSD in Halle gegen zwei Tatverdächtigte im Alter von 17 und 21 Jahren wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft dauern die Ermittlungen weiter an. Nähere Angaben könnten auch aufgrund des Alters der Tatverdächtigen nicht gemacht werden, hieß es.
Im vergangenen Jahr war es in Sachsen-Anhalt im Zuge mehrerer CSD-Veranstaltungen zu Angriffen, Pöbeleien und Störungen gekommen. So waren in Halle mehrere CSD-Teilnehmende von einer Gruppe aus vier Männern angegriffen worden. Auch das Verhalten der Polizei war kritisiert worden. Sie sei etwa in Weißenfels nicht in ausreichender Stärke präsent gewesen, hieß es. Die Polizei wies das zurück. Die Ermittlungen hatte in Weißenfels und Halle der Staatsschutz übernommen und unter anderem wegen Fällen von Körperverletzung und Landfriedensbruch ermittelt.
CSD-Organisator blickt mit gemischten Gefühlen auf die Aufarbeitung
Eric Stehr, einer der Organisatoren des CSD im Burgenlandkreis und Linken-Stadtrat in Weißenfels, blickt derweil mit gemischten Gefühlen auf die Aufarbeitung der Ereignisse. Stehr sagte MDR SACHSEN-ANHALT, einerseits hätte es gar nicht zu Angriffen und Zwischenfällen kommen dürfen. Die Situation queerer Menschen und Minderheiten im Allgemeinen "hat sich im Land seit dem letzten Jahr nicht verbessert, sondern eher verschlechtert". Da gelte es, massiv aufzuholen.
Stehr erklärte aber auch, dass das Land in der Zwischenzeit Fehler eingestanden habe. Außerdem habe man mit dem Polizeirevier im Burgenlandkreis im Nachgang der Ereignisse relativ gut zusammengearbeitet.
Kritik wegen eingestellter Verfahren
Eine juristische Bewertung der genannten Fälle könne er nicht geben, sagte Stehr. Er vertraue den Behörden. Allerdings kritisierte er, dass Verfahren immer wieder relativ schnell eingestellt werden würden.
Er selbst habe wegen Beleidigungen und Bedrohungen Strafanzeigen gegen verschiedene Personen gestellt – diese Verfahren seien ebenfalls eingestellt worden. "Das stärkt natürlich jene Leute, die Organisatoren solcher Veranstaltungen unter Druck setzen wollen oder deren Ruf schädigen möchten."
Optimismus vor erstem CSD in Zeitz
Dennoch: Auch in diesem Jahr soll im Burgenlandkreis wieder ein CSD stattfinden, und zwar am 31. August in Zeitz. Stehr gibt sich optimistisch: Nicht zuletzt aufgrund der zuletzt guten Zusammenarbeit mit der Polizei werde man in diesem Jahr eine bessere Sicherheit gewährleisten und eine schöne Veranstaltung feiern können, sagte der Organisator.
CSD-Veranstaltungen 2024 in Sachsen-Anhalt
Schönebeck: 27. April 2024
Dessau-Roßlau: 18. Mai 2024
Salzwedel: 01. Juni 2024
Wernigerode: 08. Juni 2024
Köthen: 15. Juni 2024
Magdeburg: 24. August 2024
Zeitz: 31. August 2024
Halle: 14. September 2024
Stendal: 28. September 2024
Campus Pride: 17. Oktober 2024
(Quelle: CSD Sachsen-Anhalt)
MDR (Attila Dabrowski, Felix Fahnert)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 17. Mai 2024 | 08:30 Uhr
wwdd vor 28 Wochen
Ich mache hier aus niemanden etwas und relativiere nichts. Nur gibt es einfach kausale Zusammenhänge mit Ursache und Wirkung. Was daran widerlich ist, erklären Sie mir bitte. Aber in einer Gesellschaft mit zunehmender Selbstdarstellung und Exibionismus, sind Werte wie Demut, Respekt und Zurückhaltung immer fremder. Wer letztendlich Opfer und Täter ist, bestimmen in einem Rechtsstaat nicht die Medien oder ein Kommentarforum.
Fakt vor 28 Wochen
@wwdd:
Was das mit Täter-Opfer-Umkehr zu tun hat? Ganz einfach: Sie machen aus Opfern Täter, indem Sie den Opfern unterstellen, dass sie selber Schuld seien und die Angriffe der Täter auf recht widerliche Art relativieren!
wwdd vor 28 Wochen
Natürlich übe ich mich in Zurückhaltung. Aber manche Menschen verwechseln eben Mut mit Leichtsinn. Da passieren dann solche Angriffe. Was das mit Täter-Opfer-Umkehr zu tun hat, erklären sie mir sicherlich noch...