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Dunkle Wolken über dem Bulabana: Weil die Stadt Naumburg sparen muss, schließt das Spaßbad Ende März. Bildrechte: MDR/Lucas Riemer

Museen und Spaßbad geschlossenWelterbestadt Naumburg leidet unter Finanzproblemen

03. Februar 2023, 18:53 Uhr

Geschlossene Museen, das Aus für das Spaßbad Bulabana und Diskussionen über die Zukunft der Stadtbibliothek: In Naumburg häufen sich die Sparmaßnahmen. Einwohnerinnen und Einwohner fürchten um die Lebensqualität in der Domstadt, doch Oberbürgermeister Armin Müller (CDU) verweist auf knappe Kassen.

Als Erstes traf es die Naumburger Museen. Seit Weihnachten sind die städtischen Museen geschlossen, um Energiekosten zu sparen, erst im April sollen sie wieder öffnen. Mitte Januar folgte dann eine weitere, noch einschneidendere Nachricht: Ab 1. April bleibt das beliebte Naumburger Spaßbad Bulabana geschlossen. Ob und wann es eines Tages wieder öffnet? Unklar. Und auch über die Zukunft der Städtischen Bibliothek, die derzeit zur Miete im City-Kaufhaus in der Naumburger Innenstadt untergebracht ist, wird in der Welterbestadt diskutiert.

Sport- und Freizeitbad Bulabana schließt

Ernst-Wilhelm Schulze hat all die Meldungen mit Sorge verfolgt. Der 67-Jährige, der bis zu seiner Pensionierung das Amtsgericht im benachbarten Zeitz leitete, lebt mit Unterbrechungen seit fast 30 Jahren in Naumburg. "Meine Frau und ich sind selbst immer gerne im Bulabana in die Sauna gegangen, wir bedauern die Schließung persönlich sehr", sagt Schulze. "Aber andere werden viel mehr darunter leiden, vor allem die Kinder, die schwimmen lernen wollen."

Rund 115.000 Gäste zählte das Bulabana im Jahr 2022, vor der Corona-Pandemie waren es im Jahr 2019 knapp 158.000. Zuletzt erwirtschaftete das Spaßbad nach Angaben der Stadt Naumburg ein jährliches Defizit von rund 1,5 Millionen Euro. Allein die Energiekosten für das Schwimmbad betragen demnach etwa eine Million Euro im Jahr. Die Stadt sei nicht mehr in der Lage, diese Verluste aufzufangen, heißt es aus dem Rathaus – unter anderem, weil auch die Technischen Werke Naumburg, ein städtisches Tochterunternehmen, in der Energiekrise Millionenverluste eingefahren haben.

Rückläufige Schulden und knappe Kassen

In der Vergangenheit war es der Stadt Naumburg gelungen, ihre Schulden massiv zu senken: Von mehr als 23 Millionen Euro im Jahr 2017 auf weniger als zehn Millionen Euro im Jahr 2021. Mit einer Pro-Kopf-Verschuldung von 305 Euro lag Naumburg 2021 deutlich unter dem landesweiten Durchschnitt von 1.265 Euro.

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Doch dieses Bild sei trügerisch, sagt Naumburgs Oberbürgermeister Armin Müller (CDU) im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT: "Die Finanzsituation ist in Naumburg wie in vielen Städten in Sachsen-Anhalt angespannt." Der Haushalt 2023 habe ein Defizit von 5,8 Millionen Euro, das über Rücklagen ausgeglichen werden könne. Es sei allerdings unklar, wie es in Zukunft weitergehe, möglicherweise drohe eine Haushaltskonsolidierung.

Armin Müller (CDU) ist seit 2021 Oberbürgermeister von Naumburg. Bildrechte: MDR/Lucas Riemer

Schon in den vergangenen Jahren wurde angesichts knapper Kassen nur wenig Geld in das Bulabana investiert. Der dadurch entstandene Sanierungsstau dürfte nun dazu beigetragen haben, dass die Suche nach einem Investor für das Spaßbad erfolglos blieb.

Stadt verliert an Anziehungskraft

Die Nachricht vom Aus für das Bulabana, sie passt für Ernst-Wilhelm Schulze in das Bild einer Stadt, die in den vergangenen Jahren zunehmend an Anziehungskraft und Lebensqualität verloren habe. Naumburgs Gehwege seien behindertenfeindlich, in der Stadt liege immer mehr Müll herum, gleichzeitig steige der Gästebeitrag für Touristen, obwohl diese immer weniger geboten bekämen, klagt Schulze. Hinzu komme: "Mit dem Bulabana gehen auch weitere Einnahmen verloren, etwa für Hotels."

Die Lebensqualität in Naumburg war es auch, die einst Christine von der Domstadt in Sachsen-Anhalts Süden überzeugte. Die Laborantin, die ihren Nachnamen nicht nennen möchte, zog vor zehn Jahren von Erfurt nach Naumburg, wo sie bis heute mit ihrem Mann und den beiden neun und sechs Jahre alten Söhnen lebt. Von ihren Vorzügen habe die Stadt seitdem allerdings einige eingebüßt, sagt die 36-Jährige. Die bevorstehende Schließung des Bulabana sei für ihre Familie "sehr schlecht", sagt sie.

Wohin mit dem Schwimmunterricht?

Das Spaßbad sei für sie bei schlechtem Wetter ein beliebtes Ausflugsziel, außerdem würden ihre Kinder dort schwimmen lernen: "Schwimmunterricht finde ich wahnsinnig wichtig! Wir wohnen hier an der Saale, an einem großen Fluss, wo auch schon Unfälle passiert sind. Auch die Wasserwacht muss irgendwo üben. Ich finde das eine Katastrophe. Aber ich möchte ehrlich gesagt auch nicht, dass meine Kinder einen dreiviertel Tag unterwegs sind für den Schwimmunterricht, weil sie nach Weißenfels oder Zeitz in die nächste Schwimmhalle gekarrt werden müssen."

Wie es mit dem Schwimmunterricht für ihre Kinder künftig weitergehe, das wisse sie nicht, die Schule hätte sich bislang nicht geäußert, sagt Christine.

Bald außer Betrieb: die Becken im Spaßbad Bulabana. Bildrechte: MDR

Naumburgs Oberbürgermeister Müller hat auf die Frage nach dem Schwimmunterricht noch keine Antwort. Nur so viel: Die Situation sei im gesamten Burgenlandkreis sehr schwierig, weil auch ein Bad in Zeitz geschlossen sei. Es werde geprüft, in welchen Freibädern in der Umgebung möglicherweise Schwimmunterricht stattfinden könnte. "Letztendlich sind hierfür auch die Schulträger und das Land Sachsen-Anhalt verantwortlich", sagt Müller.

Bulabana soll saniert und eines Tages wiedereröffnet werden

Geht es nach dem Willen des Oberbürgermeisters, soll das Bulabana eines Tages wieder öffnen. Dafür soll das Schwimmbad mit Hilfe von Fördermitteln modernisiert und energetisch saniert werden, um so die Betriebskosten deutlich zu senken. Erste Gespräche mit der Landespolitik über mögliche Fördergelder hätten bereits stattgefunden, so Müller. Doch ob und wann sie von Erfolg gekrönt sind und das Bulabana eines Tages tatsächlich wieder öffnen kann, steht in den Sternen. Einem Teil der Mitarbeitenden werde nun erst einmal gekündigt, so Müller.

Als sich am Mittwoch vergangener Woche rund 800 Menschen auf dem Naumburger Marktplatz versammelten, um gegen das Aus des Bulabana zu demonstrieren, war auch Ernst-Wilhelm Schulze dabei. Für den pensionierten Richter war die Demo vor allem eine Geste. Seine Hoffnung, dass die Schließung des Bulabana abgewendet werden kann oder das Spaßbad eines Tages wiedereröffnet wird, sei nicht sonderlich groß. Vielmehr, sagt Schulze, sorge er sich, dass es mit Naumburg immer weiter abwärts geht.

Schließung der Stadtbibliothek steht nicht zur Diskussion

Immerhin: Die Zukunft von Naumburgs Stadtbibliothek, über die es in den vergangenen Wochen Diskussionen in der Domstadt gab, ist allen Sparzwängen zum Trotz gesichert. Hintergrund ist, dass die Bibliothek seit 2018 zur Miete auf rund 1.100 Quadratmeter Fläche im City-Kaufhaus in der Naumburger Innenstadt untergebracht ist. Der dortige Mietvertrag, der eine "ortsübliche Miete" beinhalte, wie es aus dem Rathaus heißt, läuft Ende 2023 aus und verlängert sich automatisch, wenn er nicht sechs Monate zuvor gekündigt wird.

Angesichts der Sparzwänge bemüht sich die Stadt nun um eine Mietminderung für die Zukunft, und befinde sich dazu in guten Gesprächen mit dem Eigentümer, so Oberbürgermeister Müller. Er sei zuversichtlich, schon bald eine Einigung zu erzielen. Sollte dieses Unterfangen scheitern, würde die Bibliothek in das Schlösschen am Markt umziehen, eine städtische Immobilie, in der 900 Quadratmeter Fläche zur Verfügung stünden, so Müller. Eine – auch vorübergehende – Schließung der Bibliothek stünde nicht zur Diskussion.

Bildrechte: MDR/Tilo Weiskopf

Über den AutorLucas Riemer arbeitet seit Juni 2021 bei MDR SACHSEN-ANHALT. Der gebürtige Wittenberger hat Medien- und Kommunikationswissenschaft in Ilmenau sowie Journalismus in Mainz studiert und anschließend mehrere Jahre als Redakteur in Hamburg gearbeitet, unter anderem für das Magazin GEOlino.

Bei MDR SACHSEN-ANHALT berichtet er vor allem über gesellschaftliche und politische Themen aus den Regionen des Landes.

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MDR (Lucas Riemer)

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