Neue SpielzeitKafka-Auftakt und Theater-Neubau in Naumburg
Naumburgs Stadttheater ist das kleinste Deutschlands. In der neuen Spielzeit will man erneut mit Straßentheater ganz nah ans Publikum heran – mit einer Neuauflage der "Theaterspaziergänge". Diesmal wird dort Franz Kafka neu inszeniert. Und ein großer Schritt steht an: Das Theater zieht in der neuen Spielzeit in den Neubau im alten Schlachthof. Die Millionen-Sanierung konnte dank einer Großspende realisiert werden, die ein wenig an Dürrenmatts "Der Besuch der alten Dame" erinnert.
- In Naumburg gibt es das kleinste Stadttheater Deutschlands.
- Intendant Stefan Neugebauer will erneut mit Theaterspaziergängen das Schauspiel auf die Straße tragen.
- Dank einer Großspende und Fördergeldern bekommt das Theater bald einen neuen Bau im alten Schlachthof der Stadt.
Die kleine Stadt Naumburg hat nicht nur einen berühmten Dom, sondern auch das kleinste Stadttheater Deutschlands. Gerade mal elf Angestellte stehen hier auf der Lohnliste, vier von ihnen auf der Bühne. Ein Superlativ der etwas anderen Art, der immer mal wieder für überregionale mediale Aufmerksamkeit sorgt.
Doch die hilft auf Dauer nicht allein beim Überleben. Deswegen setzt Intendant Stefan Neugebauer zum Spielzeitauftakt wieder mal auf sein Geheimrezept: den Naumburger Theaterspaziergang.
Die Stadt Naumburg als Bühne
Der Theaterspaziergang führt das Publikum zu einem bestimmten Thema kreuz und quer durch die Naumburg, eröffnet dabei neue Spielräume und macht ganz nebenbei Werbung für sich selbst. "Es fällt schon auf, wenn eine Gruppe von 70 Leuten von zwei Wächtern in Schwarz mit Megaphonen durch die Stadt geleitet wird. Da fragen sich zufällig daherkommende Passanten schon: Was ist hier los?", erklärt Stefan Neugebauer.
Er hofft, dass die Schaulustigen dann am nächsten Tag am Kartenhäuschens seines Theaters stehen. Immerhin an zehn Abenden und einem Vormittag hintereinander ist die neueste Ausgabe des Theaterspaziergangs zu sehen. Diesmal geht es "Auf den Spuren von Josef K." durch die Stadt.
Nach Motiven des Romans "Der Prozess" von Franz Kafka werden so die Straßen und Gassen der Kleinstadt im Burgenlandkreis bespielt. Kafka mit Überraschungseffekt, inszeniert von einem kleinen, lustvoll agierenden Ensemble, überall in der Stadt, mitten unter den Leuten – und wie Stefan Neugebauer betont: "Ohne Zeigefinger, aufregend, berührend, unterhaltsam und voller Überraschungen."
Fast wie bei Dürrenmatt
Die neue Spielzeit am Stadtheater Naumburg bringt noch eine viel größere Überraschung mit sich: ein neues Theater für die Stadt. Während die Theater andernorts um ihre Existenz bangen, neuerdings sogar daran denken, ihren guten Namen zu verkaufen, baut man sich hier in Naumburg ein neues Haus. Wie das geht, erklärt Neugebauer, nicht ohne lachen zu müssen: "Ein bisschen wie bei Dürrenmatts berühmter alten Dame."
Denn wie der Intendant des kleinsten Stadtheaters der Republik erläutert, vermachte eine alte Gönnerin der Stadt eine Millionen Euro. Allerdings muss dafür niemand sterben, wie im Stück des schweizer Dramatikers. Aber die Spenderin gab der Stadt die Auflage, mit Geld ein Denkmal retten zu müssen. Da entschieden sich der Oberbürgermeister und seine Verwaltung tatsächlich für das Theater. Das Haus suchte schon lange einen neuen Standort. Und dieser, nämlich der alte Schlachthof der Stadt, wird noch in dieser Spielzeit eröffnet.
Fördergelder aus Steueroase in Sachsen-Anhalt
Die eine Millionen Euro der alten Dame wurde um weiteren 500.000 Euro aus dem Vermögen der kleinen Steueroase Lützen im Burgenlandkreis ergänzt – mit den "Lützen-Millionen" sollen im Kreis unter anderem die Eigenanteile für kulturelle Projekte gesichert werden. Dazu kamen noch mal zwei Millionen Euro aus verschiedenen Fördertöpfen. Die Gesamtsumme für die Sanierung: 3,5 Millionen Euro.
Eine Summe, die tatsächlich für den Schlachthofumbau gereicht hat. Ein riesiges Emaille-Schwein aus der Werkstatt des Halleschen Künstlers und Naumburger Theaterliebhabers Moritz Götze als Logo für den Schornstein ist da auch noch drin. Im April will man mit der Eröffnungsinszenierung vom "Hamlet" im neuen Haus an den Start gehen.
Mit Odysseus in der Straßenbahn von Naumburg
Das dann trotzdem immer noch kleinste Stadttheater Deutschlands wird aber trotzdem nur teilweise sesshaft werden. Intendant Neugebauer kündigt für den Abschluss dieser aufregenden Spielzeit schon den nächsten Theaterspaziergang an – strenggenommen eine Spazierfahrt. Mit der Naumburger Straßenbahn geht es dann tief hinein in die griechische Antike, um die Abenteuer des Odysseus zu erleben. Man muss eben nur Phantasie haben.
Redaktionelle Bearbeitung: tis
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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 13. September 2024 | 12:10 Uhr