Demo für Erhalt der Kinder- und GeburtenstationSchließungspläne sind "Todesstoß für Zeitz"
Am Montagabend haben in Zeitz Hunderte Menschen gegen die Schließung der Kinder- und Geburtenstation protestiert. Das SRH-Klinikum will beide Bereiche zum 1. Mai dichtmachen. Warum sich ein Aktionsbündnis, der Stadtratsvorsitzende und mehrere Hebammen für den Weiterbetrieb einsetzen.
- In Zeitz hat es am Montag eine zweite Kundgebung gegen die Schließung der Kinderklinik Zeitz gegeben.
- Auch einige Hebammen schlossen sich dem Protest an.
- Der Stadtratsvorsitzende Ulf Altmann kritisiert die fehlende Gesprächsbereitschaft der Klinikleitung und fordert Unterstützung vom Land.
Hunderte Menschen sind zu der Kundgebung gegen die Schließung der Kinderklinik Zeitz gekommen. Auf ihren Plakaten ist zum Beispiel zu lesen: "Presst du schon, oder suchst du noch?", "Kranke Kinder brauchen kurze Wege" oder "Eine Stadt ohne Kreißsaal ist zum Sterben verurteilt." Es sind mahnende Worte in Richtung der SRH-Klinikleitung. Auch Kinder sind bei dem Protest dabei, zum Tanzen und Trommeln. Das Aktionsbündnis Zeitz hat zusammen mit dem Ehepaar Wendland zur zweiten Kundgebung aufgerufen.
Über die Lautsprecher sind emotionale Reden zu hören. Auch Hebamme Carola Köhler ist es wichtig, von der Bühne zu den Zeitzern zu sprechen. Seit Jahrzehnten ist sie Hebamme und hat in Zeitz mehr als 3.000 Geburten begleitet. Sie befürchtet, dass junge Menschen aus Zeitz wegziehen werden, wenn sie nicht die Voraussetzung für eine lebenswerte Zukunft finden – und dazu gehöre eben auch eine Kinderstation und ein Kreißsaal.
Hebammen: "Mit uns hat niemand gesprochen"
Barbara Walter steht zusammen mit ihren Hebammen-Kolleginnen gleich neben der Bühne. Auch sie möchte für den Erhalt der Kinder- und Geburtsstation kämpfen. Vor fast dreißig Jahren ist sie mit ihrem Mann nach Zeitz gezogen. Damals sei die Stadt am Boden gewesen. Jetzt hat sie den Eindruck, die Stadt verjünge sich. Wenn nun der Kreißsaal und die Geburtenstation geschlossen würden, sei das der Todesstoß für Zeitz, glaubt Walter.
Was sie besonders traurig macht: Niemand von der Klinik-Leitung hat mit den Hebammen über die Schließungspläne gesprochen. Auch E-Mails seien nicht beantwortet worden, sagt sie enttäuscht. "Wir fühlen uns total schlecht. Wir sind seit 23 Jahren in dem neuen Krankenhaus und haben diesen Kreißsaal so lange am Leben erhalten, manchmal sogar mit nur zwei bis drei Hebammen über den Sommer." Es sei keine Wertschätzung ihrer Arbeit, sie jetzt so zu übergehen.
Die Position von SRH ↓
Das Heidelberger SRH-Konsortium hält sich bezüglich der geplanten Schließung der Kinderstation gegenüber dem MDR sehr bedeckt und verweist auf eine Entscheidung am 27. März. Sie soll in einer Pressemitteilung kommuniziert werden. Die Frage, ob der Protest der Zeitzer die Verantwortlichen beeindrucke, ließ eine Pressesprecherin unbeantwortet. Sie verwies am Telefon darauf, dass weit unter 400 Kinder in Zeitz pro Jahr geboren würden.
Auch die Co-Finanzierung des Landkreises von 4,2 Millionen Euro seit 2019 könne den Personalausfall und Fachkräftemangel in der Klinik nicht ausgleichen, hieß es weiter. Überdies sei die medizinische Versorgung für Kinder im Burgenlandkreis keinesfalls schlecht.
Einerseits gäbe es entsprechende Einrichtungen in Naumburg. Andererseits seien Merseburg im Saalekreis, sowie Altenburg und Gera in Thüringen nicht weit entfernt.
Stadtrat: Fehlende Gesprächsbereitschaft von SRH
Auch der Vorsitzende des Stadtrates in Zeitz, Ulf Altmann (CDU), kritisiert den Klinikbetreiber SRH für seine fehlende Gesprächsbereitschaft bei den Schließungsplänen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass, wenn ein Landrat, ein Oberbürgermeister, Stadträte und Kreisräte einem Klinikbetreiber das Gespräch anbieten, trotzdem eine Absage erteilt werde. Die Begründung ist demnach gewesen, dass man vor dem Tag der Aufsichtsratssitzung mit niemandem rede.
Altmann zufolge ist es der Wunsch einiger Stadträte, die kommunalen Vertreter wieder mit ins Boot zu bringen, so dass man sie nicht einfach ignorieren kann. Wenn alle Stränge reißen sollten, kann sich der Vorsitzende des Stadtrats auch vorstellen, dass die Stadt das Klinikum wieder zurückkauft.
"Es wäre wirklich eine für die Zukunft dieser Region entscheidende strukturelle Maßnahme, diese medizinische Versorgung durch ein Klinikum in vollem Umfang vor Ort sicherzustellen und mit den Strukturwandelgeldern notfalls auch eine Klinik zurückzukaufen." Diese Worte scheinen vielen Zeitzern aus dem Herzen zu sprechen, denn für diesen Vorschlag gibt es großen Beifall.
Unterstützung von der Landesregierung gefordert
Enttäuscht zeigte sich Ulf Altmann auch von der Landesregierung. Selbst wenn diese nicht direkt für die Entscheidungen des SRH-Klinikums verantwortlich sei, wünsche man sich vom Land Sachsen-Anhalt und auch vom Ministerpräsidenten, sich an die Seite der Stadt Zeitz zu stellen und den Klinik-Betreiber aufzufordern, von der geplanten Schließung abzusehen. Er bedauere sehr, dass das offizielle Schreiben der Stadt Zeitz an die Landesregierung auch nach mehr als einer Woche unbeantwortet geblieben sei.
Bei einer Geburt, wenn sie in einer Notsituation sind und es Komplikationen gibt, zählt jede Minute. Und dann muss ich sagen, das kann Leben kosten.
Katja Wendland, Aktionsbündnis Zeitz
Katja und Wolfram Wendland haben zusammen mit dem Aktionsbündnis Zeitz die Protestkundgebung auf den Weg gebracht. Für sie sind der Erhalt der Geburten- und der Kinderstation in Zeitz eine Herzensangelegenheit. Denn bis zur nächsten Geburtenstation in Naumburg brauche man 45 Minuten. "Bei einer Geburt, wenn sie in einer Notsituation sind und es Komplikationen gibt, zählt jede Minute. Und dann muss ich sagen, das kann Leben kosten."
Onkologie bereits geschlossen
Vor ein paar Monaten hatte das Klinikum schon die Onkologie geschlossen. Krebspatienten müssen jetzt nach Weißenfels und nach Naumburg fahren. Das sind nach Aussage von Wendland schwerkranke Menschen, die oft nicht Auto fahren können und die auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen seien – und damit stundenlang unterwegs, um zu den Krankenhäusern zu kommen. Das kann man niemandem zumuten, findet Wendland. Damals habe es keine Proteste gegeben, weil kaum jemand davon gewusst habe. Diesmal habe man die Schließungsplänen aber rechtzeitig mitbekommen. Diesmal wolle man sich Stationsschließungen nicht gefallen lassen und weiterkämpfen, so Wendland.
Auch deshalb hat das Ehepaar Wendland vor zwei Wochen die Petition zum Erhalt von Geburtshilfe und Kinderstation am Zeitzer Klinikum gestartet. Auf der Bühne verkündet Katja Wendland stolz die erreichten 10.000 Unterschriften. Sie erzählt, dass sie die gesammelten Unterschriften per Einschreiben zum Klinikum schicken will, damit der Brief die Klinik-Aufsichtsgremien rechtzeitig bis zum 27. März erreicht. An diesem Montag soll über die Geburten- und Kinderstation entschieden werden.
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MDR (Andreas Manke, Annekathrin Queck)
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 20. März 2023 | 19:00 Uhr
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