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Die gestohlenen Stolpersteine in Zeitz sollen bald ersetzt werden. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

50.000 Euro auf dem SpendenkontoGroße Spendenbereitschaft nach Diebstahl von Stolpersteinen Zeitz

21. Oktober 2024, 19:41 Uhr

Nachdem Unbekannte in Zeitz zehn Stolpersteine gestohlen haben, sammelt der Burgenlandkreis Spenden, um die Gedenktafeln zu ersetzen. Mittlerweile sind 50.000 Euro zusammengekommen – genug, um die Steine zu ersetzen. Weil der Diebstahl einen antisemitischen Hintergrund haben könnte, ermittelt der Staatsschutz.

In Zeitz im Burgenlandkreis sind bei der Spendenaktion für die gestohlenen Stolpersteine nach einer Woche über 33.000 Euro zusammengekommen – mittlerweile sind es 50.000 Euro. Das teilte der Kreis MDR SACHSEN-ANHALT mit. Das Spendenkonto war eingerichtet worden, um die gestohlenen Gedenktafeln zu ersetzen.

Genug Spenden für neue Stolpersteine in Zeitz

Nach Angaben des Kreises unterstützen den Spendenaufruf Kreistagsabgeordnete verschiedener Parteien sowie die Bürgermeisterin der Stadt Zeitz, Kathrin Weber. Weber kommentiert den Diebstahl: "Da fällt einem nichts mehr ein." Sie fügt hinzu: "Wir sind alle nicht mehr diejenigen, die das erlebt haben, aber wir haben die Verpflichtung, dass so etwas nicht wieder passiert. Und da kann es einfach nicht sein, dass man sich gegen so eine Erinnerungskultur stellt. Also ich war einfach nur sprachlos."

Einer Sprecherin zufolge kommen stündlich neue Gelder aus ganz Deutschland dazu. Einige Menschen würden fünf Euro spenden, andere 500. Das zeige, wie sehr die Menschen der Diebstahl der Stolpersteine bewege.

Gedenkorte für jüdisches Leben in Sachsen-Anhalt

Einen Stolperstein neu verlegen zu lassen kostet laut dem hessischen Künstler und Initiator Gunter Demnig rund 120 Euro. Damit würden Material und Herstellung, Transport und Verlegung sowie Beratung und Recherche finanziert, heißt es auf der Internetseite des Projektes. In Zeitz können nun nach Information von MDR SACHSEN-ANHALT dank der Spenden nicht nur die gestohlenen Stolpersteine, sondern weitere neue verlegt werden. Nach Angaben der Stadt wartet Demnig nur noch auf die Beauftragung durch die Initiative Stolpersteine Zeitz.

Spenden, die nicht für Stolpersteine verwendet werden, sollen dem Simon-Rau-Zentrum in Weißenfels zugutekommen. Das Zentrum befasst sich mit jüdischem Leben in Weißenfels und will die ehemalige Synagoge in der Feldstraße als Gedenkort wieder aufbauen.

In Zeitz haben Unbekannte zehn Stolpersteine gestohlen. Bildrechte: Dirk Bindmann

Antisemitischer Hintergrund vermutet: Staatsschutz ermittelt

Unbekannte hatten die Stolpersteine laut Polizei Anfang Oktober gestohlen. Einem Stadtsprecher zufolge war dann am Jahrestag des Hamas-Überfalls auf Israel, aufgefallen, dass alle zehn Stolpersteine in der Stadt fehlen. Laut Polizei hat der Staatsschutz die Ermittlungen aufgenommen, da ein antisemitischer Hintergrund nicht ausgeschlossen werden könne.

In der Stadt Zeitz haben zehn Stoplersteine an die Jüdinnen und Juden erinnert, die während der NS-Zeit verfolgt, vertrieben oder ermordet wurden. Anfang Oktober wurden die Steine gestohlen. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Mit den Stolpersteinen wird an das Schicksal der Menschen erinnert, die während der NS-Zeit verfolgt, vertrieben oder in Konzentrationslagern ermordet wurden. Die im Boden verlegten Messingplatten tragen die Namen der NS-Opfer und sind auf den Gehwegen vor ihren letzten Wohnhäusern eingelassen.

3.000 Euro Belohnung für Hinweise

Politiker und Organisationen hatten sich angesichts des Vorfalls erschüttert gezeigt. Sebastian Striegel (Grüne), Landtagsabgeordneter für Zeitz, sagte, die Tat zeige, dass in der Gesellschaft Antisemitismus grassiere. Striegel erklärte nach Bekanntwerden des Falls, er setze in Absprache mit dem Zeitzer Bündnis für Vielfalt und Demokratie sowie der Initiative Stolpersteine für Zeitz eine Belohnung von insgesamt 3.000 Euro für Hinweise aus, die zur Ergreifung der Täter sowie zur Rückgabe des Diebesguts führen.

Landrat Ulrich: "unverzeihliche Tat"

Die Linken-Fraktionsvorsitzende Eva von Angern bezeichnete den Diebstahl als "abscheulich". Besonders perfide ist von Angern zufolge, dass die Tat zeitlich mit dem Jahrestag des Hamas-Überfalls auf Israel zusammenfiel.

Der Landrat des Burgenlandkreises, Götz Ulrich (CDU), sprach von einer unverzeihlichen Tat, die niemals zu entschuldigen sei. Wer dies tue, wolle auch den Holocaust aus der Erinnerungskultur herausreißen. Ulrich forderte, dass die Steine sofort ersetzt werden müssten.

An dieser Stelle in Zeitz erinnerte ein Stolperstein an die jüdische Familie Blumenthal. Bildrechte: Dirk Bindmann

Stolperstein-Initiator: Gedenktafeln werden immer wieder gestohlen

Es ist nicht das erste Mal, dass Stolpersteine gestohlen wurden. In der Regel seien es Diebstähle von einzelnen Stolpersteinen, sagte der Künstler und Initiator Gunter Demnig. Weltweit seien in 32 Ländern bisher rund 112.000 Stolpersteine verlegt worden. Gestohlen wurden laut Demnig etwa 900.

Für Demnig ist im jetzigen Fall der zeitliche Zusammenhang zum Gedenken an das Hamas-Massaker in Israel am 7. Oktober eindeutig. Die gestohlenen Stolpersteine sollen nun schnellstmöglich ersetzt und neu verlegt werden, so Demnig. 

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dpa, MDR (Dirk Jacobs, Cornelia Winkler, Attila Dabrowski, Norma Düsekow, Maren Wilczek, André Plaul) | erstmals veröffentlicht am 08.10.2024

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 15. Oktober 2024 | 06:30 Uhr