Nach nur einem Jahr Rückschlag für die Cyberagentur in Halle
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09. Mai 2021, 11:21 Uhr
Die neue Cyberagentur des Bundes in Halle verliert ihre Spitze: Nach nur einem Jahr geht Forschungsdirektor Christoph Igel. Er verlässt das Haus Mitte Juni, direkt nach der Gründungsphase. Ein Sprecher sagte, das sei so geplant gewesen. Mitarbeiter im Haus zeigen sich überrascht.
Der Forschungsdirektor der Cyber-Agentur in Halle Christoph Igel verlässt die erst vor einem Jahr gegründete Agentur. Ihre Gründung war deutschlandweit viel beachtet worden und Igel war in dem ersten Jahr auch zum Gesicht des neuen Hauses geworden. Das ist beim Bundesinnen- und verteidigungsministeriums angesiedelt und soll Forschungsaufträge für Deutschlands zukünftige Cybersicherheit vergeben. 200 Millionen Euro stehen dafür zur Verfügung. Bislang ist aber noch kein einziger Forschungs-Euro geflossen.
Dass Christoph Igel nun direkt nach der Gründungsphase geht, sei so geplant gewesen, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums MDR SACHSEN-ANHALT. Befürchtungen, dass die Arbeit der Agentur deshalb ins Stocken kommen könnte, wies er zurück.
Der lange Weg zur Cyberagentur im Raum Leipzig-Halle
- August 2018: Das Bundeskabinett beschließt die Gründung einer Cyberagentur, die als GmbH gemeinsam von Bundesverteidigungs- und Bundesinnenministerium getragen werden soll.
- September 2018: Die Leiterin des Aufbaustabs im Verteidigungsministerium sagt, die Agentur soll noch 2018 gegründet werden.
- Januar 2019: Bundesverteidigungsministerin von der Leyen und Bundesinnenminister Seehofer verkünden in Berlin, dass der Standort der Cyberagentur der Raum Halle/Leipzig werden soll.
- Februar 2019: Die Leiterin des Aufbaustabs sagt MDR SACHSEN-ANHALT, um Fachkräfte anzulocken und marktgerecht zu bezahlen, sei für einen Teil der 100 Mitarbeiter eine Ausnahmeregel mit dem Finanzministerium vereinbart worden.
- Juni 2019: Der Haushaltsausschuss des Bundestages und der Bundesrechnungshof erhalten 112 Seiten, in denen das Verteidigungsministerium Finanzrahmen, Ziele und Aufbau der Cyberagentur darlegt.
- Juni 2019: Der Bundesrechnungshof stellt die Agentur infrage, kritisiert, dass es keine Erfolgskontrolle gibt, dass das Bundesinnenministerium sich finanziell nicht paritätisch beteiligt, fragt, wie hochqualifiziertes Personal angelockt werden soll und empfiehlt, die Cyberagentur als siebenjähriges Pilotprojekt anzulegen.
- Juli 2019: Auf dem Flughafen Leipzig/Halle verkünden Bundesinnenminister Seehofer, das Verteidigungsministerium und die Ministerpräsidenten von Sachsen und Sachsen-Anhalt, dass die Agentur in Halle gegründet werden und später auf den Flughafen Leipzig/Halle ziehen soll.
- Juni 2019: Der stellvertretende Vorsitzende des Haushaltsausschusses im Bundestag, Dennis Rohde (SPD), kritisiert, dass keinerlei parlamentarische Kontrolle der GmbH vorgesehen ist.
- November 2019: Nachdem die Cyberagentur immer wieder von der Tagesordnung des Haushaltsausschusses gestrichen wurde, einigen sich Vertreter der Regierungsfraktionen auf eine Lösung.
- 14. November 2019: Erst in der letzten Sitzung für den Haushaltsplan 2019, der sogenannten Bereinigungssitzung, kommt die Cyberagentur auf die Tagesordnung – die Gelder werden unter strengen Auflagen freigegeben.
- Ende 2019: Der Vertrag mit einem ersten Geschäftsführer kommt nicht zustande.
- Mai 2020: Das Bundeskabinett bestätigt Christoph Igel als Forschungsdirektor. Frank Michael Weber wurde kurz darauf als Kaufmännischer Direktor und Geschäftsführer bestellt.
- Am 11. Juni 2020 wird der Gründungsvertrag unterschrieben.
- Am 15. Juni 2020 nimmt die Agentur an ihrem ersten Standort im Süden Halles ihre Arbeit auf.
- Am 11. August 2020 informieren das Bundesinnen- und das Verteidigungsministerium offiziell über den Start der Agentur.
Mit Igel geht versierter Spitze des Hauses – viele Mitarbeiter kamen seinetwegen nach Halle
Mit Igel geht die Spitze des neuen Hauses. Bereits im März musste die Cyberagentur den ersten personellen Verlust hinnehmen: Ein zweiter Geschäftsführer war da schon ausgeschieden.
Die Pläne für die Cyberagentur sind groß, bis zu 100 Mitarbeiter soll es dort einmal geben. Derzeit ist es weiterhin eine kleine Mannschaft mit etwas mehr als 20 Leuten in Halle. Hinzu kommt: Viele von ihnen haben wohl allein wegen Christoph Igel bei der Cyberagentur angefangen.
Die Cyberagentur ist seit vielen Jahren ein Thema: Erst gab es Streit zwischen Halle und Leipzig um den Standort. Dann konnten sich die Bundesministerien nicht über die Finanzierung einigen. Zuerst hatte die "Wirtschaftswoche" über den Weggang von Igel berichtet.
MDR/Marcel Roth, Mandy Ganske-Zapf
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 08. Mai 2021 | 17:00 Uhr
kleinerfrontkaempfer am 10.05.2021
"Ansiedelung von Bundesbehörden/ämtern um Arbeitsplätze in den neuen Bundesländern zu schaffen".
So immer wieder die Alibiargumentation aus Berlin. Macht sich halt gut in den Medien. In der Praxis macht es sich für die Arbeitssuchenden in den neuen Bundesländern nicht gut. Es sei denn man kriegt eine Arbeit als Pförtner, Kantinenkraft oder Putze in diesen Bundesbehörden/ämtern.
Uborner am 09.05.2021
Halle ist kein gewachsene IT-Cluster, hat keine IT-Infrastruktur oder einen diesbezügliche Hintergrund - so wie Dresden, Ilmenau oder Erfurt. Wenn man einfach mal so seitens der Politik etwas verordnet und, um eine Region zu fördern, was ja grundsätzlich gut ist, draufsetzt, kann das auch schief gehen. Es glaubt ja wohl auch niemand das Münster mal ein Batterieentwicklungszentrum wird. Mit etwas mehr Überlegung könnten die Fördermillionen sicher effektiver eingesetzt werden.
DanielSBK am 09.05.2021
Geht er dann zurück in den "Westen"?!
...dann aber mit Übergangs- und Ruhegeldern... bezahlt vom Steuer-Döddel aus Sachsen-Anhalt.