Schwerverletze außer Lebensgefahr Terroranschlag in Halle: Was über die Opfer bekannt ist

10. Oktober 2019, 15:56 Uhr

Der antisemitisch motivierte Terror-Angriff in Halle hat zwei Todesopfer und zwei Verletzte gefordert. Eine ganze Stadt ist tief betroffen. Ein Überblick darüber, was über die Opfer bekannt ist.

Nach dem Angriff auf die Synagoge im Paulusviertel in Halle sind zwei Passanten getötet und zwei weitere verletzt worden. Der Angreifer filmte seine Tat und streamte sie live ins Netz. Ein Mitschnitt davon liegt MDR SACHSEN-ANHALT vor – darin ist zu sehen, was den Opfern widerfahren ist.

Die Toten kommen aus Halle und Merseburg

Im Video wirkt es so, als sei es pure Willkür gewesen, auf wen der Täter am Mittwochmittag geschossen und wen er verschont hat. Das erste Opfer tötete er neben seinem Auto, kurz nachdem sein erster Versuch fehlgeschlagen war, in die Synagoge nahe des Jüdischen Friedhofs einzudringen. Bei dem ersten Opfer handelt es sich laut dpa um eine 40 Jahre alte Frau, die unweit der Synagoge wohnte. Auf dem Tätervideo ist zu sehen, wie sie an dem bewaffneten Mann vorbeiläuft und ihn direkt ansprach.

Daraufhin schoss er mehrfach auf sie. Ein älterer Mann wollte sich um die leblose Frau kümmern. Als der Täter ihn sah, versuchte er ihn ebenfalls zu erschießen. Da die Waffe scheinbar eine Ladehemmung hatte, konnte der Mann in seinem Auto entkommen.

Beim zweiten Todesopfer handelt es sich laut eines offiziellen Statement des Halleschen Fußballclubs und einem Facebook-Post der HFC-Fankurve um den 20-jährigen Kevin S. – ein aktives Mitglied der Merseburger HFC-Fanszene. Laut der Süddeutschen Zeitung  war er vor Ort, weil er als Maler an einer nahegelegenen Baustelle beschäftigt war. Kevin S. wurde vom Täter zunächst in einem Dönerladen nahe der Synagoge verletzt und zurückgelassen.

Im Anschluss schoss der Angreifer zunächst auf einen jüngeren Passanten, der entkommen konnte, und wenig später noch einmal auf zwei weitere Personen, die er zu Fuß verfolgte. Auch diese konnten entkommen. Erst dann kehrte der Täter in den Dönerladen zurück und erschoss den bereits verletzten Kevin S.

Alle Verletzten außer Lebensgefahr

Auf seiner Flucht verletzte der mutmaßliche Rechtsextremist dann zwei Menschen. Bei ihnen soll es sich laut Informationen von dpa um ein Ehepaar handeln, das im 15 Kilometer entfernten Landsberg ein Geschäft betreibt. Die 40 Jahre alte Frau und der 41 Jahre alte Mann werden derzeit mit Schussverletzungen im Uniklinikum Halle behandelt. Ein Sprecher des Universitätsklinikum in Halle sagte am Mittwochabend, sie seien nach einer Notoperation außer Lebensgefahr.

Die Opferhilfeorganisation WEISSER RING aus Halle hat allen Betroffenen ihre Hilfe angeboten. "Unser Verein steht den Familien der Opfer und auch den Zeugen, die diese schreckliche Tat miterleben mussten, zur Unterstützung jederzeit zur Verfügung. Unbürokratisch und unmittelbar – denn niemand muss nach einer solch entsetzlichen Erfahrung allein bleiben", sagte Kathrin Schmidt, amtierende Vorsitzende des WEISSER RING Landesverbands in Sachsen-Anhalt, in einer Pressemitteilung.

Warum wir die Opfer nicht namentlich nennen oder zeigen Entgegen anderer Medien hat sich MDR SACHSEN-ANHALT dazu entschieden, die Opfer des Terroranschlags in Halle nicht mit vollem Namen zu nennen oder bildlich zu zeigen. Aus unserer Sicht ist der Opferschutz und der Schutz der Hinterbliebenen an dieser Stelle höher zu werten als das Informationsinteresse der Öffentlichkeit.

Das Ziel des Täters am Mittwochmittag war eine Synagoge im Paulusviertel, in der zwischen 70 und 80 Menschen gerade das Versöhnungsfest Jom Kippur feierten. Allerdings scheiterte der Täter daran, in die Synagoge einzudringen. Ansonsten hätte der Angriff möglicherweise ein noch schlimmeres Ende genommen. Laut einem im Internet aufgetauchten Dokument hatte der Täter seinen Angriff schon länger geplant.

Quelle: MDR/ha

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 10. Oktober 2019 | 15:00 Uhr

5 Kommentare

Klaus am 11.10.2019

Ich habe Ihre Angaben überprüft und ich bin erschüttert.
Sie haben vollkommen recht, die Justiz ist bei der Strafverhängung gegen Nazis tatsächlich sehr zurückhaltend.

YusufBehler am 11.10.2019

Bitte keine Halbwahrheiten verbreiten. Das weibliche Opfer hatte nicht versucht den Täter von seinem Vorhaben abzuhalten. Die Dame lief an dem Täter vorbei und äußerte folgenden Satz: "Muss das sein wenn ich hier lang gehe? Man ey!". Als die Dame an dem Täter vorbei gelaufen war (mit dem Rücken zum Täter) eröffnete dieser mit einer Schnellfeuerwaffe das Feuer auf Selbige. Eine schlimme und sinnlose Tat welche sehr an den Anschlag in Neuseeland erinnert, vorallem auch die sehr lange Reaktionszeit der Polizei. Ich wünsche den Zeugen, Opfern und den Hinterbliebenen alles Gute.

Maria A. am 11.10.2019

Es tut einem richtig weh, wenn man darüber liest, wie brutal dieser rechtsextreme Geistesgestörte gehandelt hat. Er schoss eine Frau nieder, die ihn wohl von seinem Vorhaben abbringen wollte und tötete einen den ersten Angriff überlebenden jungen Mann später zielgerichtet. Was für ein Glück, dass das Ehepaar überlebte. Ein Trauma wird es leider davon tragen.
Allen Verletzten von Herzen gute Besserung und den Angehörigen der Toten mein tiefes Mitgefühl.
MDR, es ist anerkennenswert, dass man hier was Konkretes über die Opfer erfährt, weil bislang nach Terrorakten der/die Täter im Fokus standen, sowie tagelang ständig das Geschehen aufgerollt und diskutiert wurde, sowie Ursachenforschung betrieben. Schließlich fühlt man in diesem Fall besonders intensiv mit, weil man weiß, dass es jeden zufällig Vorbeilaufenden hätte treffen können.

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