Nachrichten & Themen
Mediathek & TV
Audio & Radio
SachsenSachsen-AnhaltThüringenDeutschlandWeltLeben
Am Mittwochnachmittag hatten viele Arztpraxen wegen einer landesweiten Protestaktion geschlossen. (Symbolbild) Bildrechte: imago/Jochen Tack

Landesweite ProtesteWarum Arztpraxen am Mittwoch früher geschlossen hatten

13. Oktober 2022, 16:46 Uhr

Patienten standen am Mittwoch teilweise vor geschlossenen Praxen. Grund war ein landesweiter Protest gegen ein neues Gesetz, durch das Sachsen-Anhalts Ärztinnen und Ärzte eine schlechtere Betreuung ihrer Patienten befürchten.

In Sachsen-Anhalt standen Patientinnen und Patienten am Mittwochmittag teilweise vor geschlossenen Arztpraxen. Grund war eine Protestaktion der Kassenärztlichen Vereinigung (KVSA) gegen die Sparpolitik der Bundesregierung. Neben der KVSA riefen auch der Hausärzteverband Sachsen-Anhalt und die fachärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt zu der landesweiten Protestaktion auf. Daran sollten sich am Mittwoch ab 11 Uhr alle Praxen beteiligen. So hatte beispielsweise die Poliklinik Poli Reil in Halle bereits im Vorfeld angekündigt, sich dem Aufruf anschließen zu wollen.

Sprecher Udo Israel sagte MDR SACHSEN-ANHALT, die Praxen aller 14 medizinischen Fachrichtungen würden deswegen ab Mittwochvormittag geschlossen bleiben. Rund 80 medizinische Mitarbeitende, darunter 25 Ärztinnen und Ärzte seien betroffen. Er riet den Patienten sich vorab zu informieren, ob ihre Praxis geöffnet habe. 

Finanzstabilisierungsgesetz: Neue Regeln für neue Patientinnen

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will unter anderem die Neu-Patienten-Regelung abschaffen, um Geld zu sparen. Die Krankenkassen erwarten im kommenden Jahr ein Minus von 17 Milliarden Euro. Die Neu-Patienten-Regelung war erst vor wenigen Jahren eingeführt worden und sah beispielsweise Extra-Honorare für neue Patienten und zusätzliche Termine vor. Die Folge einer Abschaffung wäre laut Israel, "dass man weniger Patienten behandeln kann". Patienten müssten dann möglicherweise wieder länger auf Termine bei Hausärzten, Fachärzten und Psychotherapeuten warten.

Jörg Böhme, Vorstandsvorsitzender der KVSA, sagte, die aktuellen Entwicklungen für die ambulante Versorgung sei in Sachsen-Anhalt ohnehin schon angespannt und sehr besorgniserregend. Die Attraktivität einer ambulanten Tätigkeit werde für den ärztlichen Nachwuchs sinken. Das müsse vermieden werden.

Inflationsausgleich soll gestrichen werden

In seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf forderte der Verband der Krankenkassen den Gesetzgeber unter anderem dazu auf, niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten einen Inflationsausgleich für die Jahre 2023 und 2024 vorzuenthalten. Zudem sollen die Orientierungs-Werte und Punkt-Wert-Zuschläge zur Abrechnung von Leistungen für die kommenden zwei Jahre eingefroren werden.

Kritik an Lauterbachs Plänen

Poli Reil-Sprecher Udo Israel erklärte, mit diesen Vorschlägen würden nicht nur Gehälter stagnieren, sondern in der aktuellen Situation von steigenden Energiekosten und allgemeiner Inflation vor allem Investitionen unmöglich gemacht. Israel sprach bei MDR SACHSEN-ANHALT von einer Nullrunde, die am Ende dazu führe, dass weniger Geld für die Behandlung der Patienten bleibe.

Ähnlich äußerte sich Torsten Kudela, Facharzt für Allgemeinmedizin und Rheumatologie aus Magdeburg und Vorsitzender des Hausärzteverbandes Sachsen-Anhalt: "Wir brauchen Verlässlichkeit. Wir können nicht aufgrund von Gesetzlichkeiten heute unseren Praxis-Alltag umorganisieren, und morgen soll alles wieder hinfällig sein."

Petra Bubel, Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde aus der Lutherstadt Eisleben und Landesvorsitzende der Fachärztlichen Vereinigung sagte dazu: "Es ist eine Zumutung, wie mit uns und damit unseren Patienten umgegangen wird. Erst haben wir im Vertrauen auf die Neupatientenregelung unsere Sprechzeiten ausgeweitet und Praxisabläufe umgestaltet, um mehr Patienten schneller mit Terminen versorgen zu können. Nun soll an genau dieser Stelle auf Kosten der Patienten gespart werden, um das Finanzloch der gesetzlichen Krankenversicherung zu stopfen."

Auch die Ärztekammer Sachsen-Anhalt hat zahlreiche geplante Änderungen in der Gesundheitspolitik kritisiert. "Von der Politik wünsche ich mir Verlässlichkeit", sagte der Vorstand der Ärztekammer, Thomas Dörrer, MDR SACHSEN-ANHALT. Unter anderem richtet sich seine Kritik gegen den Plan der Bundesregierung, die sogenannte Neupatienten-Regelung wieder abzuschaffen, um Geld zu sparen. "Es kann nicht sein, dass ein Gesetz nur drei Jahre Bestand hat und je nach Wetterlage wieder umgemodelt wird", so Dörrer.

Mehr zum Thema

MDR (Oliver Leiste, Cornelia Winkler, Annekathrin Queck)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 12. Oktober 2022 | 07:30 Uhr

Kommentare

Laden ...
Alles anzeigen
Alles anzeigen