Nach Corona-Impfaffäre Entscheidung über Arbeitsverbot von Wiegand: Sitzung des Stadtrats in Halle abgesagt
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Das Verwaltungsgericht Halle hat eine für Montag geplante Sondersitzung des halleschen Stadtrates gestoppt. Auf der Sitzung hätte entschieden werden sollen, ob Oberbürgermeister Wiegand die Dienstgeschäfte verboten werden. Das hatten mehrere Fraktionen des Stadtrats beantragt. Ein Termin für eine neue Sitzung ist noch nicht bekannt.

Das Verwaltungsgericht Halle hat am Sonntagabend kurzfristig eine für Montag geplante Sitzung des halleschen Stadtrates abgesagt. In der Mitteilung des Verwaltungsgerichts heißt es, dass die Frist zur Einberufung des Stadtrates nicht eingehalten worden sei. Diese betreffe eine Frist von 14 Tagen vor dem Sitzungstag. Die Ladung sei jedoch erst einen Tag später eingegangen. Dem Gericht zufolge hatte ein Mitglied des Stadtrates den Antrag gestellt. Wann die Sondersitzung nachgeholt wird, war am Sonntagabend nicht bekannt.
In der Sondersitzung hätte entschieden werden sollen, ob der Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) ein Dienstverbot ausgesprochen bekommt. Grund ist die vorzeitige Corona-Impfung des Oberbürgermeisters, wegen der er seit Wochen in Kritik gesteht. Insgesamt hätte über drei Anträge entschieden werden sollen, die Oberbürgermeister Wiegand betreffen. Der Hauptantrag beinhaltet das Verbot der Dienstgeschäfte für den Oberbürgermeister, die anderen zwei Anträge ergänzen den ersten unter anderem mit der Forderung nach Herausgabe seines Büroschlüssels und der Forderung nach Herausgabe von Diensttelefonen und Dienstcomputer.
Wiegands Corona-Impfung als Grund
Hintergrund für die Anträge mehrerer Fraktionen ist die vorzeitige Corona-Impfung Wiegands im Januar 2021 sowie mehrerer Stadträte und Mitglieder des Katastrophenschutzstabes. Der 64-jährige Oberbürgermeister hatte seine Impfung erst nach Wochen öffentlich gemacht. Laut der von Bund und Land festgelegten Prioritätenliste der Impfberechtigten wäre er jedoch noch nicht an der Reihe gewesen. Während der Aufarbeitung der vorzeitigen Impfungen verwickelte Wiegand sich in Widersprüche. Außerdem stellt sich in den Augen vieler Stadträte die Frage, ob das Stadtoberhaupt und der von ihm geleitete Katastrophenschutzstab Impfüberschüsse nach Plan produziert hätten.
Die Anträge haben die Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD sowie die Freien Demokraten (FDP) gestellt, weil die vorzeitige Corona-Impfung von Bernd Wiegand noch nicht aufgearbeitet ist. Ziel des möglichen Dienstverbots ist es demnach, den Ermittlungen von Staatsanwaltschaft und Landesverwaltungsamt Zeit zu verschaffen. Die Antragsteller befürchten Einflussnahme auf die Ermittlungen sowie Verdunklungsgefahr. Ein Verbot der Dienstgeschäfte würde nach drei Monaten enden.
Sollte der Stadtrat auf einer neuen Sondersitzung über die Zukunft von Wiegand entscheiden, sind diese Szenarien möglich:
1. Der Antrag wird abgelehnt
Die Debatte über den Antrag muss ohne Öffentlichkeit und ohne Oberbürgermeister inklusive Verwaltung stattfinden. Bernd Wiegand wird also zusammen mit seinen Mitarbeitern den Raum verlassen. Sollten die Stadträte bei ihrer Abstimmung keine einfache Mehrheit erreichen, ist der Antrag abgelehnt. Dann bleiben die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Bernd Wiegand wegen des Verdachts der "veruntreuenden Unterschlagung" des Corona-Impfstoffs sowie das Disziplinarverfahren, das das Landesverwaltungsamt gegen den Oberbürgermeister eingeleitet hat.
2. Dem Antrag wird zugestimmt
Für den Verbotsantrag genügt eine einfache Mehrheit, die sich momentan auch abzeichnet. Wenn der Beschluss gefasst werden sollte, wäre er noch nicht sofort wirksam. Innerhalb von sieben Tagen müsste eine Verfügung erlassen werden, die dem Oberbürgermeister ein Anhörungsrecht einräumt. Die Anhörung kann mündlich oder schriftlich erfolgen. Erst danach würde der Beschluss wirksam, also ab 22. März.
Während der dreimonatigen Pause für Bernd Wiegand müsste ein Beigeordneter die Amtsgeschäfte übernehmen. Erster Kandidat wäre dafür Bürgermeister Egbert Geier, der allerdings auch schon geimpft ist und deswegen in der Diskussion steht.
3. Der Antrag wird in die Ausschüsse verwiesen
Falls der Verbotsantrag in einen Ausschuss verwiesen wird, wäre die Stadtratssitzung bereits nach wenigen Minuten beendet. Ein Verweisungsrecht haben nur die Fraktionen – die beiden fraktionslosen Stadträte Johannes Menke und Gernot Nette haben es also nicht.
Die beantragenden Fraktionen werden den Ausschuss nicht verweisen, bleiben noch die CDU, die AfD und die Fraktion "Hauptsache Halle". Die CDU hat mittlerweile signalisiert, den Verbots-Antrag zu unterstützen. Bei den zwei übrigen Fraktionen ist noch unklar, wie sie sich verhalten werden. Da "Hauptsache Halle" jedoch Bernd Wiegand unterstützt, ist es durchaus denkbar, dass von ihnen die Verweisung beantragt wird. Sollte dies passieren, wird der Stadtrat vermutlich per Dringlichkeitsantrag versuchen, den Verbotsantrag beim Hauptausschuss auf die Tagesordnung zu setzen. Dafür ist eine Dreiviertel-Mehrheit der Stadträte, also 38 Stimmen, notwendig.
Es ist jedoch unklar, welcher Ausschuss überhaupt zuständig ist. Eine solche Personalentscheidung ist für die Ausschüsse eigentlich nicht vorgesehen. Hinzu kommt, dass Bernd Wiegand Vorsitzender des Hauptausschusses ist. Er müsste theoretisch also über seine eigene Zukunft beraten.
dpa, MDR/Tanja Ries, Oliver Leiste, Luise Kotulla, Sarah Peinelt
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 15. März 2021 | 19:00 Uhr
Abseits vor 4 Wochen
Als Hallenser find ich dieses "Schmierentheater" vom OB und auch Stadtrat extrem abstoßend.
Ich schlage vor dem Dr. Wiegand ein "Orden zur Rettung von organisierten Impfstoffresten zu verleihen", weiterhin der Stadtratsvorsitzenden eine goldene Uhr zu schenken damit die Ladung zum Stadtrat demnächst pünktlich, sprich 2min eher, erfolgen kann. Ich bereue meine letzte Wahlentscheidung von OB und Stadtrat. Die "Krönung" der Komödie wäre nun das der OB mit Hilfe der AFD im Amt bleiben kann.. Ich liebe "schwarzen Humor"
Moewe1 vor 4 Wochen
die kleine Lokalpolitik. einfach lächerlich dieses Ansinnen. Er geht häufig unkonventionelle Wege, was solls. Immerhin hat er ein impfmüdes Volk auf den besseren Weg gebracht. Nur weil das Essen nur für drei statt für 10 reicht, muss man das Essen nicht wegschmeißen
july_762 vor 4 Wochen
Es ist einfach nur traurig, was dort gelaufen ist, aber das nach all den Wochen nix passiert ist, zeigt uns doch wo wir stehen, jeder kleine Hühnerdieb wird hart bestraft und hier soll eine Abmahnung reichen, lächerlich.
Solange es immer noch nicht genug Impfstoff gibt und die älteste Generation über 80 nicht geimpft ist, kann sowas nicht geduldet werden, denn diese Generation hat hier nach dem Krieg alles wieder aufgebaut und verdient den vollsten Respekt.
Leider ist auch meine Mutti mit 84 immer noch nicht geimpft und sowas ist einfach nur traurig.