Impfreihenfolge nicht eingehalten Halles OB Wiegand wegen Corona-Impfung in Kritik
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Auch Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand gehört zu den Lokalpolitikern, die sich ihre Corona-Impfung bereits abgeholt haben, obwohl sie keiner Risikogruppe angehören. Wiegand hingegen verteidigt sein Vorgehen. Die CDU forderte Aufklärung über Berichte zu weiteren Impfungen im Rathaus.

Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) steht zu seiner außerplanmäßigen Corona-Impfung. Wiegand erklärte am Samstag, die Stadt habe in Ermangelung von Anweisungen von Bund und Land einen Plan ausgearbeitet, um Impfreste nicht verfallen zu lassen.
Halle: Bislang rund 600 außerplanmäßge Impfungen
Demnach sollen die Impfteams bei überzähligen Dosen versuchen, diese vor Ort an bekannte Härtefälle zu verimpfen. Sei das nicht möglich, sollten zufällige Mitglieder einer Gruppe geimpft werden, zu der unter anderem der Rettungsdienst und Amtsärzte, aber auch Stadtrat und Katastrophenschutzstab gehören. Auf diese Weise seien bisher knapp 600 der über 10.000 Dosen verimpft worden. Da sich angebrochene Impfdosen nur sechs Stunden halten würden, habe die Wahl zwischen diesem Plan oder dem Wegwerfen bestanden.
Der Oberbürgermeister war in die Kritik geraten, nachdem öffentlich geworden war, dass er gemeinsam mit zehn Stadträten gegen das Corona-Virus geimpft worden war, obwohl er laut Impfreihenfolge noch gar nicht dran ist. Zuvor hatte die Mitteldeutsche Zeitung darüber berichtet.
Gab es weitere Impfungen im Rathaus?
Die CDU forderte am Samstagabend Aufklärung, wie weit die Impfungen innerhalb des Rathauses gingen. Es gebe Berichte, dass weitere Personen geimpft worden seien. Halles CDU-Vorsitzender Tullner sagte MDR SACHSEN-ANHALT, sollten die Informationen zutreffen, dass systematisch von der Prioritätenliste abgewichen worden sei, sei das ein Skandal.
Eigenmächtige Impfungen in verschiedenen Landkreisen
Zuvor war bekannt geworden, dass unter anderem der Landrat und der Vize-Landrat des Landkreises Wittenberg bereits gegen Corona geimpft wurden, obwohl sie zu keiner Risikogruppe gehören.
Zudem waren im Landkreis Stendal mehr als 300 Polizisten geimpft worden, die noch nicht an der Reihe waren. Das Landratsamt in Stendal bezeichnet die vorgezogenen Impfungen der Polizisten inzwischen als Fehler.
Sozialministerin zeigt sich betroffen und fordert Stellungnahme
Unterdessen zeigt sich Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) betroffen über die vorzeitigen Corona-Impfungen von Amtsträgern und Polizisten. Grimm-Benne sagte MDR SACHSEN-ANHALT, das schmälere das Vertrauen in rechtstaatliches Handeln. Die Bundesimpfverordnung sei keine Empfehlung, bei der man sich überlegen könne, in welcher Reihenfolge man vorgehe, sondern sie regele ganz eindeutig, welche Gruppe zuerst geimpft werde. Dazu gehörten keine Oberbürgermeister, keine Stadträte und auch nicht jemand, der jemanden kenne. "Und ich lasse auch keine Ausrede mehr zu, dass sonst der Impfstoff verfallen wäre".
Die Sozialministerin erwartet von den betroffenen Kommunalpolitikern eine Stellungnahme. Außerdem schloss sie ein disziplinarisches Vorgehen nicht aus. Das Kommunalverfassungsrecht erlaube das. Gegebenenfalls müsse sie dazu den Innenminister um Unterstützung bitten.
In folgender Grafik können Sie die verabreichten Impfdosen in ihrem Landkreis ablesen.
Landes-SPD fordert Konsequenzen
Wegen der außerplanmäßigen Impfungen von Halles OB Wiegand und Wittenbergs Landrat Dannenberg fordert der Landesvorsitzende der SPD, Andreas Schmidt, ein Eingreifen der Kommunalaufsicht. Schmidt sagte MDR SACHSEN-ANHALT, die Vorfälle seien rechtswidrig und unmoralisch. Sie hätten das Vertrauen in beide Ämter, in den Staat und den korrekten Ablauf der Impfungen beschädigt. Die Kommunalaufsicht müsse den Kommunen klar machen, dass es keinen Spielraum in der Impfabfolge gebe. Auch müssten dienstrechtliche Schritte gegen Wiegand und Dannenberg geprüft werden.
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Ähnlich äußerte sich der Grünen-Landesvorsitzende Sebastian Striegel. Er sagte MDR SACHSEN-ANHALT, dass der Landrat in Wittenberg und der Oberbürgermeister in Halle ihre Impfung nicht publik machten, zeige deren schlechtes Gewissen. "Der verfügbare Impfstoff ist knapp, daher sollten wirklich alle Impfdosen den Risikogruppen zu Gute kommen." Striegel forderte Wartelisten für jedes Impfzentrum, die dann mit möglichen überschüssigen Impfdosen abgearbeitet werden. Dies sei dann eine Möglichkeit für Menschen aus der Risikogruppe, die flexibel sind.
Das Sozialministerium in Sachsen-Anhalt hatte die Impfzentren im Land am Freitag noch einmal darauf hingewiesen, die Impfreihenfolge unbedingt einzuhalten.
MDR, Thomas Zieler, Dennis Blatt, Anne Gehn-Zeller
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT - Das Radio wie wir | 06. Februar 2021 | 17:00 Uhr
TMM vor 9 Wochen
Kleiner Tip. Falls mal wieder Impfstoff übrig sein sollte, in den Krankenhäusern liegen genügend Hochrisikopatienten, die sofort für eine Impfung bereitstehen und diese auch dringender benötigen würden!
Hätte man diese Möglichkeit in Betracht gezogen, so könnte vielleicht auch mein Vater, der sich im Krankenhaus mit dem Coronavirus infiziert und daran verstorben ist, noch leben.
Peter Pan vor 9 Wochen
@goffman
wenn der Rest nur noch 6 std hält, was glauben sie , wie lange brauchen leute vom rettungsdienst, um zum impfen vorbeizukommen?
Dieser Ob und seine Stadträte, das ist eigentlich unterste Schublade, absolut asozial und hinterher so tun, als ob man sich geofert hätte, wenn diese Leute noch einen Funken Anstand und Ehre besitzen, dann treten Sie sofort von allen Ämtern zurück, es ist wirklich kein Wunder das die Menschen in diesem Land jedes vertrauen in Politik und Politiker verlieren, wieviele Bürger durften jetzt in Halle sterben, damit sich OB und Stadträte impfen lassen können?
Torsten W vor 9 Wochen
Unseren Politikern fehlen Ethik und Moral...Übriggebliebene Impfdosen sollten verwertet werden an die in erster Reihe stehen. Polizei, Rettungsdienste und Feuerwehr. Die Leute wären auch schnell erreichbar, wenn es eben darum geht!