Kritische Infrastruktur Cyberagentur: 19 Firmen im größten deutschen Forschungswettbewerb

Ein großer Mann mit Locken und Brille steht vor einer Betonwand.
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Insgesamt 19 Firmen und Forschungseinrichtungen haben sich bei der Cyberagentur des Bundes in Halle um insgesamt 30 Millionen Euro beworben. Darunter auch sieben aus Sachsen-Anhalt und Sachsen. Sechs von ihnen werden in den nächsten Monaten ausgewählt.

IT-Techniker unterhalten sich an leuchtendem Panel im dunklen Serverraum
Cybersicherheit für kritische Infrastrukturen: Die Cyberagentur in Halle vergibt 30 Millionen Euro Forschungsgelder. Bildrechte: imago/Science Photo Library

Wie sich Betreiber von Kritischen Infrastrukturen schützen können – das zu erforschen ist eine Hauptaufgabe der Cyberagentur des Bundes in Halle. An einem Forschungswettbewerb dazu nehmen nun 19 IT-Firmen und Forschungseinrichtungen teil. Sieben davon aus Sachsen-Anhalt und Sachsen. Der Titel des Wettbewerbs: "Existenzbedrohende Risiken aus dem Cyber- und Informationsraum – Hochsicherheit in sicherheitskritischen und verteidigungsrelevanten Szenarien".

Forschungswettbewerb: Kritische Infrastrukturen besser schützen

"Die Forscherinnen und Forscher sollen vier Fragen beantworten", sagt Gerald Walther von der Cyberagentur, "wie sich Schwachstellen in IT-Systemen kritischer Infrastrukturen identifizieren und wie sie sich automatisch schließen lassen, wie man Angreifer erkennen und gegen sie vorgehen kann und schließlich wie sich besser herausfinden lässt, wer für einen solchen Cyberangriff verantwortlich ist." Denkbar sei auch, dass man die Angreifer weiter beobachte, um sie besser identifizieren zu können.

Für die Forschungsergebnisse erhält die Cyberagentur dann die Nutzungsrechte – vermarkten und zu Produkten weiterentwickeln, sollen es die Firmen dann selbst. "Das Unpraktischste wäre ja, wenn wir das Projekt und die Forschung fertig haben und das war es dann. Das hilft dann keinem. Dann haben wir Geld ausgeben, haben Forschung finanziert, aber der digitalen Souveränität Deutschlands hat es wenig geholfen."

Treffen im Herbst in Halle geplant

Walther und sein Team bewerten jetzt die Einsendungen und wählen aus den 19 IT-Firmen und Einrichtungen sechs aus. Im Herbst sollen sie sich zum ersten Mal in Halle treffen. Dann haben sie ein halbes Jahr lang Zeit, ihre Forschungsidee zu verbessern und mit der Cyberagentur abzustimmen. Aus diesen sechs werden dann drei Firmen ausgewählt, die ein Jahr lang forschen können. Daraus sollen sich die zwei besten herauskristallisieren, um weitere drei Jahre an ihrer Lösung zur Cybersicherheit kritischer Infrastrukturen zu forschen.

Das sei nötig, weil auch in kritischer Infrastruktur immer häufiger digitale Technologien eingesetzt werden, sagt Walther. "Das bietet ja auch Chancen, Ressourcen zu bündeln oder Informationen schnell zu teilen, um so besser auf Krisen reagieren zu können."

Kritische Infrastruktur: Ziel von Cyberangriffen

In Russlands Krieg gegen die Ukraine hätte man auch gesehen, dass das Interesse an offensiven Cyberangriffsfähigkeiten bei einigen Akteuren groß sei, sagt Walther und erinnert an deutsche Windräder, in denen die Kommunikation war, weil die ukrainische Kommunikationsstruktur sabotiert wurde. "Ein Kollateralschaden, den man vielleicht nicht immer im Blick hat."

Auch Gasversorger wehren sich etwa längst gegen Cyberangriffe von kriminellen oder staatlichen Hackern. Sie zählen genauso wie unter anderem Strom-, Wasser-, Abwasserbetriebe und Telekommunikation zur Kritischen Infrastruktur, die laut Gesetz besonders für ihre Cybersicherheit sorgen muss. Allerdings werden Cyberangriffe immer ausgefeilter – ein Wettrennen zwischen Kriminellen oder staatliche Hackern gegen Cybersicherheitskräfte.

Einzigartiger Wettbewerb

Für den ganzen Wettbewerb stehen insgesamt 30 Millionen Euro zur Verfügung, sagt Walther. "Auch die US-amerikanische Forschungseinrichtung DARPA macht solche Forschungswettbewerbe. Für Deutschland ist das äußerst ungewöhnlich und meines Wissens mit 30 Millionen Euro der allergrößte Forschungswettbewerb überhaupt." Dass sich deutsche Forschung mehr im Wettbewerb organisieren sollte, darauf hatte bereits der Gründungsdirektor der Cyberagentur, Christoph Igel, gedrungen. Er war nach nur einem Jahr aus der Agentur ausgeschieden.

Die Cyberagentur in Halle wird mittlerweile von Christian Hummert geleitet und hat von ihren geplanten 100 Stellen derzeit 44 besetzt. Ziel ist nach wie vor, die Agentur am Flughafen Leipzig-Halle anzusiedeln. Dort müsste ein Neubau entstehen, deshalb läuft derzeit weiter die Suche nach einem Standort in Halle. Der muss auch größer sein als die bisherige Villa in der Willy-Brandt-Straße.

Auch weil zum Beispiel Gerald Walther eine Art Labor vorschwebt – "Cybergym" nennen es die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen: "Wir würden es gern sehen, wenn die Forschungslösungen auch bei uns in Halle ein bisschen unabhängiger ausprobiert werden können", sagt Walther und schränkt ein, dass sich der Erfolg des Forschungswettbewerbs nicht daran orientiert, ob es am Ende im "Cybergym" klappt.

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MDR/Marcel Roth

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 23. August 2022 | 09:30 Uhr

1 Kommentar

geradeaus am 25.08.2022

30Mio€ klingt wie im Artikel beschrieben viel.

Im Artikel wird im selben Absatz auch die Darpa (USA) erwähnt welche auch solche Forschungsprojekte durchführt. Allerdings steht denen ein Budget von 3000 Mio $ zur Verfügung :D

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