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Serie: Ein Jahr Corona-PandemieApothekerin in Halle: "Es muss ein Plan her, wie das normale Leben weitergehen kann"

07. März 2021, 13:40 Uhr

Am 10. März 2020 wurden in Sachsen-Anhalt die ersten Corona-Fälle offiziell bestätigt. Ein Jahr danach startet MDR SACHSEN-ANHALT eine Reihe, in der Menschen zu Wort kommen, die wir schon zu Beginn der Pandemie sprachen. Wir wollen wissen, wie sich der Alltag seitdem verändert hat und wie die Menschen jetzt in die Zukunft blicken. Teil 1 mit Margit Hensel aus Halle.

von Maria Hendrischke, MDR SACHSEN-ANHALT

Vor fast genau einem Jahr, im März 2020, in der Anfangszeit der Corona-Pandemie, hat MDR SACHSEN-ANHALT zum ersten Mal mit Margit Hensel gesprochen. Sie leitet die Reil-Apotheke in Halle. Im März war im gleichen Gebäude noch das Fieberzentrum untergebracht. Dort konnten sich Menschen mit Verdacht auf eine Coronavirus-Erkrankung testen. Für manche der Apothekenkundinnen und -kunden sei die Nähe zu potenziellen Corona-Infizierten abschreckend gewesen, berichtete Hensel damals.

Mittlerweile ist das hallesche Corona-Testzentrum längst umgezogen. Die Reil-Apotheke ist an diesem Mittwochmittag sehr gut besucht. Die Kunden halten vorbildlich die Abstände zueinander ein. Bereits zu Beginn der Pandemie hatte Hensel den Verkaufstresen der Apotheke mit Plexiglasscheiben ausgestattet, um die Gefahr einer Corona-Infektion zu verringern. Im Dezember 2020 habe sie außerdem eine Luftfilter-Anlage angeschafft, berichtet sie. Mit der Anschaffung denkt Margit Hensel über die Corona-Pandemie hinaus: Sie hofft, dass dadurch in Zukunft die Ansteckungsgefahr etwa mit Erkältungen oder anderen Atemwegserkrankungen für ihre Mitarbeitenden sowie Kunden gesenkt wird.  

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Denn in dieser Saison seien ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch nicht krank geworden. Es habe glücklicherweise keinen Coronafall gegeben. Doch nicht nur das: "Wir haben keinen Grippefall. Wir haben keine der üblichen respiratorischen Erkrankungen, also Schnupfen, Husten, Heiserkeit", erzählt Hensel. Sie klopft auf Holz, während sie das sagt. Den Grund dafür sieht sie in den Hygienemaßnahmen und den wenigen Kontaktmöglichkeiten.

Corona-Jahr in der Apotheke: Desinfektionsmittel, Masken, Mehrwertsteuer

Rückblickend auf das Corona-Jahr zählt Hensel die Hauptthemen auf, die sie und ihre Mitarbeitenden beschäftigt haben, die von den Kunden immer wieder nachgefragt wurden. Los ging es mit der großen Nachfrage nach Desinfektionsmittel. Eigentlich dürfen Apotheken wegen einer Verordnung selbst kein Desinfektionsmittel mehr herstellen. Diese Verordnung sei aber vorübergehend außer Kraft gesetzt worden, so Hensel. Anschließend sei es um die Masken gegangen. Überhaupt Maske tragen? Stoffmaske, ja oder nein? "Andere gab es ja nicht", sagt die Apothekerin.

Dann kam im Sommer die vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer, die für die Apotheke viel organisatorische Arbeit bedeutete. Im Dezember sei es dann mit der Verteilung der FFP2-Masken losgegangen, sagt Hensel. Da sei der Einkauf ein Problem gewesen. Denn für die Masken gebe es keine Kennzeichnung, die eindeutig die Qualität des Produkts belege, erklärt Hensel. "Bei den Masken, möchte ich behaupten, können Sie eine gut gemachte Fälschung nicht entdecken." Das habe zu langen Diskussionen in der Apotheke geführt. "'Woher stammen diese Masken? Haben die die Qualität, die sie haben sollen?' Es war sehr anstrengend", sagt sie rückblickend. Und sie sagt auch: "Meine Mitarbeiter haben sich sehr gut damit engagiert und damit befasst."

Mit dem Kauf der FFP2-Masken war es nicht getan. Die Masken könnten nicht einfach so an die Kunden weitergereicht werden. "Man muss wirklich versuchen, den Menschen zu erklären, wie sie damit umzugehen haben. Es kursierten die wildesten Sachen, wie man die aufbereiten kann für den mehrfachen Gebrauch", berichtet Hensel. Sie habe dann erklärt, dass die Aufbereitung nur unter Labor-Bedingungen funktioniere – und zu Hause könne niemand diese Bedingungen herstellen. Es sei besser, eine neue Maske zu nehmen.

Corona-Impfung: Lehrerinnen und Erzieher früher einbeziehen

Die Corona-Impfung wiederum sei derzeit noch eher ein Randthema bei den Apothekenkunden. "Wenn wir keinen Impfstoff haben, können wir auch nicht diskutieren", sagt Hensel dazu schlicht. Sie könne nachvollziehen, dass nicht sofort Millionen Menschen mit dem neuen Impfstoff versorgt werden können. Es sei zu erwarten gewesen, dass es nicht sehr schnell gehen würde.

Hensel versteht aber nicht, warum bereits jetzt große Impfkampagnen gefahren würden. Es gebe genug Menschen, die sich impfen lassen wollen. Neben medizinischem Personal findet sie auch Impfungen für Lehrkräfte und Erziehende wichtig. Da hätte man eher daran denken müssen, diese miteinzubeziehen.  

Das Problem mit den Schnelltests in Apotheken

Auch Apothekenmitarbeiter seien laut Impfplan erst in Stufe 3 dran, sagt Hensel. Das würde sie vor ein Problem stellen, wenn das Gesundheitsamt beschließen sollte, dass Apotheken nun ebenfalls mit Corona-Schnelltests testen sollen. Denn: "Also ich würde keinen meiner Mitarbeiter aus gesundheitlichen Gründen und aus arbeitsrechtlichen Gründen dazu verpflichten wollen. Wenn ich jetzt selber oder mein Mann zum Beispiel sagen würden, 'Okay, wir machen das' – wir sind auch nicht geimpft und wir sind auch nicht versichert." Sie würde außerdem nicht wollen, dass derjenige, der die Tests macht, weiter mit dem Apotheken-Team zusammen arbeiten würde. "Ich müsste den dann separieren und dafür freistellen. Und das kann ich mir nicht leisten."

Sowohl bei dem Thema Corona-Schnelltests als auch bei der Verteilung der FFP2-Masken stört Margit Hensel das Hin und Her bei politischen Entscheidungen. Die sich in kürzesten Abständen widersprechenden Anweisungen. "Ich meine, sicherlich, ich möchte es auch nicht entscheiden müssen. Aber es war zum Teil zu wenig überlegt", sagt sie. Sie würde es besser finden, wenn drei, vier Tage länger gewartet würde, alles noch einmal durchdacht würde und mehr Zeit zum Organisieren und Umsetzen bliebe.

Plan für die Rückkehr zur Normalität muss her

Margit Hensel gibt zu, dass sie von dem, was alles in letzter Zeit passiert ist, etwas müde und geschafft ist. Ihr Gegenmittel: "Man muss sich ein bisschen Hoffnung erhalten." Darauf setzen, dass sich die Situation in den nächsten Monaten etwas entspannen werde. Und die Unkenrufe nicht zu sehr an sich heranlassen. Sie sagt aber auch:

Ich habe Angst um die Gesellschaft an sich. Dass man durch diese massiven Einschränkungen so viele Existenzen gefährdet und so viel – von wirtschaftlicher Seite, von psychischer Seite – kaputt gemacht hat, dass das schwer in kurzer Zeit wieder aufzuholen sein wird.

Apothekerin Margit Hensel

Es müsse ein guter Plan her, wie das normale Leben weitergehen könne.

Auf die Frage, was sie sich für 2021 erhofft, sagt Hensel: "Ich hoffe, dass das Impfen schnell geht." Sie hoffe, dass bald Ärzte mitimpfen, denn anders sei es gar nicht zu schaffen. "Denn erst danach wird es wirklich besser."

Bildrechte: MDR/Jörn Rettig

Über die AutorinMaria Hendrischke arbeitet seit Mai 2017 für MDR SACHSEN-ANHALT – in Halle und in Magdeburg. Ihre Schwerpunkte sind Nachrichten aus dem Süden Sachsen-Anhalts, Politik sowie Erklärstücke und Datenprojekte. Ihre erste Station in Sachsen-Anhalt war Magdeburg, wo sie ihren Journalistik-Bachelor machte. Darauf folgten Auslandssemester in Auckland und Lissabon sowie ein Masterstudium der Kommunikationsforschung mit Schwerpunkt Politik in Erfurt und Austin, Texas. Nach einem Volontariat in einer Online-Redaktion in Berlin ging es schließlich zurück nach Sachsen-Anhalt, dieses Mal aber in die Landeshauptstadt der Herzen – nach Halle. Ihr Lieblingsort in Sachsen-Anhalt sind die Klausberge an der Saale. Aber der Harz ist auch ein Traum, findet sie.

MDR/Maria Hendrischke

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 10. März 2021 | 19:00 Uhr

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