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Archäologischer Welt-Fund25 Jahre Himmelsscheibe von Nebra: Der Touristen-Magnet aus Sachsen-Anhalt

04. Juli 2024, 03:00 Uhr

Vor 25 Jahren entdeckten Schatzsucher ein verdrecktes Bronze-Teil auf dem Mittelberg bei Nebra – und wollten es gewinnbringend auf dem Schwarzmarkt verkaufen. Doch das Schicksal meinte es gut mit dem Objekt in der Größe einer Torte. Statt im Tresor einer privaten Sammlung zu verschwinden, landete die Himmelsscheibe im öffentlichen Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle. Seitdem sorgt sie international für Aufsehen und lockt zahlreiche Touristen in die Region.

Sie ist nicht größer als eine Pizza, nicht schwerer als vier Stück Butter und trotzdem hat sie das Format eines Weltstars: die Himmelsscheibe von Nebra. 3.600 Jahre lag sie verborgen im Erdreich, bevor sie durch kriminelle Energie ans Licht geholt wurde. Da ahnte aber noch keiner den wahren Wert des Fundstücks, das auf dem Schwarzmarkt verscherbelt werden sollte.

Die Rettung der Himmelsscheibe von Nebra

Doch es kam zum Glück ganz anders. Es sei zufällig sein Geburtstag gewesen, erzählt der Landesarchäologe von Sachsen-Anhalt, Harald Meller, als ihm am 10. Mai 2001 von Professor Mangin ein Foto des Fundes gezeigt wurde. Das Foto war zuvor anonym eingegangen. Es sei ihm gleich klar gewesen, dass es sich, sollte der Fund echt sein, um einen Welt-Fund handeln müsse.

Der Archäologe Harald Meller ist zu großen Teilen dafür verantwortlich, dass die Himmelsscheibe nun im Museum für Vorgeschichte zu sehen ist. Bildrechte: MDR / Karsten Möbius

Die Himmelsscheibe durchlief verschiedene Stationen und konnte erst 2002 bei einem fingierten Kauf von der Baseler Polizei in enger Zusammenarbeit mit dem Landeskriminalamt, dem Kultusministerium und dem Landesamt für Archäologie Sachsen-Anhalt sichergestellt werden. Die illegalen Schatzsucher wurden verhaftet und Harald Meller brachte das gute Stück nach Halle in sein Landesmuseum für Vorgeschichte. Seit 2008 können Besucherinnen und Besucher die Scheibe in der Dauerausstellung sehen.

Von Halle bis London: Die Himmelsscheibe begeistert weltweit

Seitdem ist diese Sternen-Karte der Star vieler Ausstellungen. Das Landesmuseum zog allein zur Erst-Präsentation vor 20 Jahren 280.000 Besucher an, wohl auch wegen der spannenden Inszenierung ausgesuchter Fundstücke. Damit wurde die Archäologie aus der verstaubten Museums-Ecke geholt und tauglich für Events gemacht. Und nicht nur in Halle – laut Tomoko Emmerling vom Landesamt für Archäologie hat die Präsentation der Himmelsscheibe auch in Kopenhagen, Mannheim, Basel oder London zahlreiche Besucherinnen und Besucher angezogen. Hochrechnungen zufolge könne man davon sprechen, dass insgesamt rund 2,2 Millionen Menschen die Bronze-Scheibe gesehen haben dürften.

Die Himmelsscheibe findet international viel Beachtung, wie hier bei einer Sonderausstellung in London. Bildrechte: IMAGO / PA Images

Das internationale Echo ist also groß und ist nicht nur auf das Original. Eine andere Rechnung überschlägt kühn all die Medienberichte, TV-Reportagen, Bücher und Abbildungen auf Tassen oder Schmuckstücken und kommt auf weltweit eine halbe Milliarde Menschen, die der Himmelsscheibe schon einmal begegnet sein dürften.

Das UNESCO-Dokumentenerbe zieht die Touristen nach Sachsen-Anhalt

Seit nehr als zehn Jahren wird der bronzezeitliche Himmels-Atlas auch im UNESCO-Dokumentenerbe geführt. Das sei auch für die internationale Reputation wichtig, wie Sabine Kraus von der Investitions- und Marketinggesellschaft des Landes, die die Messe-Auftritte Sachsen-Anhalts im In- und Ausland bündelt, nur zu gut weiß. Laut Kraus ist Deutschland Kultur-Reiseland Nummer eins und Sachsen-Anhalt sticht mit der großen Dichte an UNESCO-Weltkulturerbe auf kleinem Raum heraus. Das sei beim Auslands-Marketing auch das zentrale Thema.

Und die Touristen kommen nach Sachsen-Anhalt, nach Halle und auch nach Wangen zum Fundort der mystischen Scheibe. Mehr als eine Millionen Gäste wurden in der Arche Nebra bereits begrüßt. Das Bauwerk, ähnlich einer Banane, ist gerade erst mit großem finanziellen Aufwand neu gestaltet worden und präsentiert sich nun erkenntnis- und erlebnisreicher.

Internationale Ausstellungen und ein Ausflug ins Weltall

Die Himmelsscheibe wurde wohl gründlicher analysiert, geröntgt, gescannt, mikroskopiert, mit Elektronen beschossen als das Mond-Gestein, das die Apollo-11-Besatzung zur Erde brachte. Die Forschungsergebnisse wurden immer wieder mal angezweifelt, die himmlische Botschaft musste gar vor irdischen Gerichten verteidigt werden.

Das inspiriert auch immer wieder Ausstellungsmacher auf der ganzen Welt, dieses besondere Objekt auch einmal im eigenen Museum zu zeigen. Beispielsweise gebe es großes Interesse in Japan, berichtet Tomoko Emmerling. Das könne damit zusammenhängen, dass die Himmelsscheibe in Form ihrer Master-Kopie 2005 auf der Weltausstellung in Nagoya zu sehen war.

Allerdings sind die Chancen auf das Original gering, die Himmelsscheibe ist wohl zu fragil und wertvoll, um pausenlos um den Erdball gejagt zu werden. Als Kopie aber schon, und das ist durchaus wörtlich gemeint. Im Handgepäck des deutschen Astronauten Matthias Maurer begleitete sie die Weltraummission "Cosmic Kiss", diente sogar dem Logo dieser Expedition als Vorlage.

Eine Kopie der Himmelsscheibe von Nebra wurde vom deutschen Astronauten Matthias Maurer mit auf die ISS genommen. Bildrechte: Nasa, Esa, Matthias Maurer

Mehr zur Himmelscheibe von Nebra

Das Alter der Himmelsscheibe von Nebra wird auf etwa 3.600 Jahre geschätzt. Sie gilt als die älteste bekannte konkrete Darstellung astronomischer Phänomene. Je nach Interpretation sind auf der Scheibe, die 32 Zentimeter im Durchmesser misst, die Sonne oder der Vollmond, eine Mondsichel sowie 32 goldene Sterne zu sehen. Sieben der Sterne stehen nah beieinander und können als Sternbild der Plejaden interpretiert werden. Am Rand der Scheibe wurden zu einem späteren Zeitpunkt sogenannte Horizont-Bögen sowie eine Schiffs-Darstellung eingefügt.

Quellen: Arche Nebra, Landesmuseum für Vorgeschichte Halle
Redaktionelle Bearbeitung: as

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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 04. Juli 2024 | 12:10 Uhr