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BerufungsprozessHaftstrafe für Rechtsextremist Sven Liebich vorerst nicht rechtskräftig

12. August 2024, 11:13 Uhr

Im Berufungsverfahren wurde Sven Liebich vom Landgericht Halle zu einer Gefängnisstrafe ohne Bewährung verurteilt. Dagegen hat der Rechtsextremist nun Revision eingelegt. Eine Begründung steht noch aus. Es wäre die erste Haftstrafe für Liebich gewesen.

Das Urteil im Berufungsprozess gegen den halleschen Rechtsextremisten Sven Liebich wird vorerst nicht rechtskräftig. Das Landgericht Halle hatte Liebich in zweiter Instanz am Freitag vor einer Woche unter anderem der Volksverhetzung, üblen Nachrede und Beleidigung in mehreren Fällen schuldig gesprochen.

Das Urteil über anderthalb Jahre ohne Bewährung wäre die erste Haftstrafe für den rechtsextremen Aktivisten. Dagegen hat Liebich nun aber Revision eingelegt, wie eine Sprecherin des Landgerichts dem MDR mitteilte.

Begründung der Revision steht noch aus

Die Revision muss zunächst noch begründet werden. Danach müsste das Oberlandesgericht Naumburg in den kommenden Monaten mögliche Verfahrensfehler prüfen. Neuverhandelt wird der Prozess nicht. Eine Aufhebung des Urteils ist aber möglich.

Das Landgericht hatte mit dem Urteil einen Schuldspruch des Amtsgerichts Halle aus dem vergangenen Jahr bestätigt. Dagegen waren sowohl Liebich als auch die Staatsanwaltschaft Halle in Berufung gegangen. Das Landgericht verwarf nun aber beide Berufungen. Damit bleibt die Strafe bestehen.

Vorwurf der Volksverhetzung: Hallenser vertrieb Baseballschläger mit Aufschrift "Abschiebehelfer"

Das aktuelle Verfahren beschäftigte sich unter anderem mit einem Baseballschläger mit der Aufschrift "Abschiebehelfer". Liebich hatte diesen über einen Online-Shop vertrieben. Das Gericht sah darin eine Volksverhetzung.

Den Schläger könne man nur so verstehen, "dass er als Hilfsmittel zur gewaltsamen Abschiebung genutzt werden soll", sagte die Vorsitzende Richterin während der Urteilsbegründung.

Hetzerische Beleidigungen und Falschbehauptungen, die Liebich über Aktivistinnen, Geflüchtete und gleich mehrfach über eine Fotografin verbreitet hatte, stufte das Gericht als Volksverhetzung sowie üble Nachrede und Beleidigung jeweils in mehreren Fällen ein.

Hier alle Informationen und Hintergründe zu Liebich und der Justiz:

Liebichs Erklärungsversuche ließ die Vorsitzende Richterin dabei nicht gelten. Das galt auch für den Fall eines übergroßen "Z", das Liebich gut sichtbar an seinem Auto angebracht hatte. Hier sei der "Bezug zum russischen Angriffskrieg eindeutig" gewesen, so die Richterin. Das Z gilt als Symbol des russischen Militärs, das in die Ukraine eingefallen ist, weshalb das Zeichen in Deutschland strafrechtlich verfolgt wird.

Liebich wurde nun auch wegen der Billigung eines Angriffskrieges verurteilt. Er hatte sich auf die deutsch-russische Freundschaft berufen. Bei anderen Vorwürfen hatte er die Meinungs- und Kunstfreiheit bemüht. Liebich selbst verließ den Saal, noch bevor die Vorsitzende Richterin die Urteilsbegründung verlesen konnte. Seine Anwältin äußerte sich gegenüber Journalisten nicht zum Verfahren. Sie hatte einen Freispruch für ihren Mandanten gefordert.

Vorsitzende Richterin: Angeklagter hat "Warnung" ignoriert

Laut der Vorsitzenden Richterin konnte die Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt werden, da Liebich bereits einschlägig vorbestraft ist. So hatte sich das Verfahren auch um die Frage gedreht, warum der Angeklagte einen Teil der Taten begangen hatte, obwohl er zum Tatzeitpunkt bereits in anderen Verfahren verurteilt worden war.

Es sei in Deutschland ein "Standardproblem", dass eine Bewährungsstrafe nicht ernstgenommen werde, sagte die Richterin dann heute bei der Urteilsverkündung. Liebich habe die "Warnung" ignoriert. Eine Verurteilung ohne Bewährung sei deshalb alternativlos gewesen.

Weitere Verfahren stehen an

Dass es überhaupt zu einem derart umfangreichen Verfahren gekommen war, liegt auch an der Hartnäckigkeit mehrerer Betroffener. Denn in mehr als der Hälfte der nun verurteilten Taten hatte die Staatsanwaltschaft Halle die Ermittlungen zunächst eingestellt. Nach erfolgreichen Beschwerden der Betroffenen musste sie diese aber wieder aufnehmen.

Beim Amtsgericht Halle liegen zudem drei weitere Anklagen gegen Sven Liebich. Auch diese wird die Behörde laut dem Sprecher weiter vorantreiben.

Sven Liebich hatte im Prozess erklärt, dass er sich von seinen bisherigen Aktivitäten zurückgezogen habe. Einen fraglichen Versandhandel betreiben schon seit längerer Zeit offiziell Geschwister Liebichs. Auf einer Demonstration, mit der Liebich jahrelang das Stadtbild von Halle geprägt hatte, hat er sich zuletzt im März dieses Jahres gezeigt.

Demnächst soll Liebich auch in Leipzig wieder vor Gericht stehen. In einem weiteren Berufungsprozess droht ihm dort ebenfalls eine Haftstrafe.

Rechtsextremist Liebich und die Gerichte

MDR (Thomas Vorreyer, Cornelia Winkler, Max Schörm) | Erstmals veröffentlicht am 02.08.2024

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 02. August 2024 | 11:00 Uhr

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