Messungen einer Bürgerinitiative Mehr Lärm am Flughafen Leipzig/Halle
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In der Corona-Pandemie starten zwar weniger Passagierflugzeuge, dafür aber mehr Frachtmaschinen. Am Flughafen Leipzig/Halle führt das zu immer mehr Lärm. Messdaten einer Bürgerinitiative zufolge starten hier vor allem in der Nacht mehr Flugzeuge als an anderen Flughäfen in Deutschland. Die Initiative fordert eine Obergrenze für Nachtflüge.

- In der Pandemie starten am Flughafen Leipzig/Halle zwar weniger Passagier-, dafür aber mehr Frachtmaschinen.
- Nachts starten und landen dort mehr Flugzeuge als an anderen Flughäfen in Deutschland.
- Eine Initiative fordert eine Obergrenze für Nachtflüge, um die Lärmbelastung für Anwohnende zu reduzieren.
Der Flughafen Leipzig/Halle verursacht mehr Lärm, vor allem nachts. Zu diesem Schluss kommt der Fluglärmreport einer Bürgerinitiative, die regelmäßig an sechs verschiedenen Standorten im Süden Sachsen-Anhalts und Sachsens den Fluglärm misst. Demnach ist der Lärm an fast allen Messpunkten gestiegen. Zwar sei der Passagierverkehr pandemiebedingt eingeschränkt, der nächtliche Frachtflugverkehr habe aber zugenommen. Vor allem humanitäre und medizinische Güter werden ein- und ausgeflogen, sagt Flughafensprecher Uwe Schuhart:
Weniger Passagiere, mehr Fracht
Im vergangenen Jahr wurden in Leipzig/Halle wieder deutlich mehr Fluggäste abgefertigt als noch 2020. Insgesamt seien 2021 rund 670.000 Menschen auf dem Flughafen gelandet oder gestartet, teilte ein Sprecher der Mitteldeutschen Flughafen AG mit. Das entspreche im Vergleich zu 2020 einem Plus von rund 26 Prozent. Die Zahlen blieben aber deutlich hinter dem Vor-Krisen-Niveau zurück. 2019 wurden gut 2,6 Millionen Fluggäste gezählt.
Der Frachtumschlag stieg 2021 um 15 Prozent auf fast 1,6 Millionen Tonnen. Damit ist Leipzig/Halle im Jahr 2021 das viertgrößte Luftfracht-Drehkreuz in Europa. Vor allem der Transport von Medikamenten, Impfstoff und Corona-Tests hat in der Pandemie zugenommen. 80 Fracht-Airlines fliegen Leipzig-Halle aktuell an und verbinden den Flughafen mit 270 Zielen weltweit. Im Luftfracht-Bereich des Flughafens arbeiten 8.200 Beschäftigte.
Nächte besonders laut
Den Messergebnissen der Initiative zufolge, ist vor allem der nächtliche Dauerschallpegel gestiegen. In Großkugel (Saalekreis) zum Beispiel wurden 58 Dezibel gemessen. Das entspricht in etwa einem Fernseher oder Radio in Zimmerlautstärke. 2019 war es mit 56,8 dB noch etwas leiser in Großkugel. Der Spitzenwert betrug 85,4 dB, was in etwa so laut wie ein Rasenmäher oder starker Straßenverkehr ist und bei längerer Beschallung zu Hörschäden führen kann.
Leipzig/Halle Spitzenreiter bei Nachtflügen
In Döllnitz (52,8 dB) und Raßnitz (51,9 dB) ist es in der Nacht ebenfalls lauter geworden. Die Spitzenwerte liegen hier bei 86,1 dB (Döllnitz) und 81,5 dB (Raßnitz). Zudem hat die Initiative errechnet, in wie vielen Nächten pro Monat Anwohnende durch den Fluglärm gewecket werden. Auch diese Zahl ist gestiegen, in Döllnitz von sechs (2019) auf 14 (2021) Nächte, in Raßnitz von elf auf 15 und in Großkugel von 16 auf 19.
Für Anwohnende sei dies eine "deprimierende und alarmierende Entwicklung", folgert die Initiative. In Leipzig/Halle starten und landen in der Nacht nach Angaben des Deutschen Fluglärmdienstes 42.871 Flugzeuge, so viele wie an keinem anderen Flughafen in Deutschland. 2019 waren es noch rund 38.600. Pro Start und Landung werden demnach 1,92 Tonnen CO2 ausgestoßen, ebenfalls mehr als an anderen deutschen Flughäfen.
Initiative fordert weniger Nachtflüge
Die Initiative kritisiert Sachsens schwarz-rot-grüne Regierung, die in ihrem Koalitionsvertrag von 2019 angekündigt hatte, sich für eine weitere Reduzierung der Fluglärmbelastung einsetzen zu wollen. Zu den Forderungen der Initiative gehören eine Obergrenze für nächtliche Starts und Landungen von 75 pro Start- und Landebahn, davon maximal 25 in der Nachtkernzeit zwischen 0 und 5 Uhr sowie eine CO2-Obergrenze von 130.000 Tonnen pro Jahr. Zudem lehnt die Initiative einen weiteren Ausbau des Frachtflugbetriebes ab.
Auch in der Pandemie hält der Flughafen Leipzig/Halle an seinen umfangreichen Ausbauplänen fest. Der Airport soll vor allem als Logistikstandort weiter ausgebaut werden. Unter anderem plant DHL die Erweiterung des Logistik-Drehkreuzes von 60 auf 100 Stellplätze für Flugzeuge. Insgesamt soll der Ausbau rund 500 Millionen Euro kosten.
Beauftragter für Fluglärmschutz gefordert
Sachsen-Anhalts Grüne hatten im Oktober 2021 einen Fluglärmschutzbeauftragten für den Flughafen Leipzig/Halle gefordert. Die betroffenen Menschen im Süden Sachsen-Anhalts bräuchten einen festen Ansprechpartner, sagte Fraktionsvorsitzende Cornelia Lüddemann und forderte einen solchen Fluglärmbeauftragten nach sächsischem Vorbild auch in Sachsen-Anhalt. Im sächsischen Verkehrsministerium hatte im September ein Fluglärmschutzbeauftragter seine Arbeit aufgenommen.
MDR (Fabienne von der Eltz); dpa
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 14. Januar 2022 | 15:30 Uhr
hilflos vor 16 Wochen
Passagierflüge kommen auch nicht von der Wohlfahrt, wurden aber die Region wettbewerbsfahiger und attraktiver machen. Ich meinte weniger Urlaubscharter, als Linie
Matthi vor 17 Wochen
Je mehr Flüge desto mehr Lärm, das ist zwar erstmal richtig aber es gibt auch Möglichkeiten Fluglärm zu minimieren zum Beispiel Maschinen mit modernen leisen Triebwerken. Ich Wohne in Erfurt unterm Anflug Weg zum Flughafen und höre Tag und Nacht die Maschinen und muss sagen in der Regel sind die Transport Maschinen Lauter als moderne Urlaubsflieger. Man könnte denken das sind ältere Maschinen die ihr zweites Leben als Transportmaschinen haben.
AlexLeipzig vor 17 Wochen
Max, auch hier meine volle Zustimmung (mein Kommentar bezog sich auf Dipfelmoser). Nach meinem Kenntnisstand ist es für die Frachtfliegerei einfach günstiger, nachts zu fliegen (die sog. Slots sind in der Nacht billiger als am Tag, wo viele Passagiermaschinen unterwegs sind). Da haben sich die Personalkosten mit Nachtzuschlägen schnell amortisiert. Also eine logische Kostenentscheidung der Unternehmen, in deren Kalkulation die betroffenen Anwohner und die Emissionen natürlich nicht vorkommen. Das wäre ein politisch zu lösendes Problem, aber die Flughafeneigner (u.a. die Bundesländer) wollen wohl nicht in die Hand beißen, die sie (vermeintlich) füttert. Es badet also letztlich der Bürger aus!