"Bauarbeiten" Moritzburg Halle erwirbt restituierte Zeichnung aus der Sammlung Max Liebermanns
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18. Dezember 2024, 16:50 Uhr
Das Kunstmuseum Moritzburg in Halle (Saale) hat das Bild "Bauarbeiten" von Adolph von Menzel aus der Sammlung des jüdischen Malers Max Liebermann erworben. Dem Ankauf war eine eingehende Erforschung der bisherigen Eigentumslage und die Rückgabe der Zeichnung an die Erben von Max und Martha Liebermann vorangegangen.
- Mit der Zeichnung "Bauarbeiten" von Adolph von Menzel hat das Kunstmuseum Moritzburg ein wichtiges Werk aus der Sammlung Max Liebermanns erworben.
- Das Kunstwerk wurde nach erfolgter Provenienzforschung an die Erben Liebermanns restituiert und dann von der Moritzburg zurückerworben.
- Mit seiner Zeichnung hatte Menzel das städtische Arbeitsleben in den Fokus gerückt.
Die Moritzburg in Halle (Saale) hat das Bild "Bauarbeiten" von Adolph von Menzel (1815-1905) erworben, das sich in der Sammlung des jüdischen Impressionisten Max Liebermann befunden hatte. Das teilte das Haus am Mittwoch in Halle nach vollständiger Übertragung der Zeichnung an das Museum mit. Zuvor sei eine eingehende Prüfung der Geschichte des Kunstwerks durch eine beratende Kommission externer Provenienzforscher und Mitarbeiter des Kunstmuseums erfolgt.
Zeichnung aus Sammlung Max Liebermanns
Im Rahmen der Provenienzforschung kam demnach heraus, dass sich die Zeichnung von 1916 bis 1932 nachweislich im Besitz des Malers Max Liebermann (1847-1935) befunden hatte. Dies wird unter anderem durch ein Foto aus dem Jahr 1932 belegt, das den damals 85-jährigen Liebermann auf einem Sofa sitzend in seiner Villa am Wannsee zeigt. Im Hintergrund ist die Menzel-Zeichnung an der Wand erkennbar.
Provenienzlücke zwischen 1932 und 1936
Eine Provenienzlücke ergäbe sich jedoch für die Zeit zwischen 1932 und dem Verkauf an das Kunstmuseum Moritzburg im Frühjahr 1936. Diese hätte auch durch die Recherchen nicht geklärt werden können. Unklar sei demnach, ob ein Verkauf der Zeichnung durch Liebermann oder seine Witwe Martha (1857-1943) noch vor dem Erlass der Nürnberger Rassegesetze im September 1935 erfolgte oder ob dies im Zuge der Verfolgung und Entrechtung jüdischer Menschen durch die Nationalsozialisten stattfand. Die beratende Kommission hatte Ende Februar 2024 eine Restitution des Blattes als NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut an die Anspruchstellenden empfohlen.
Erwerb von den Erben
2020 hatte das Kunstmuseum Moritzburg eine Anfrage der Erben nach Max und Martha Liebermann erhalten, für das 1875 entstandene Kunstwerk von Menzel eine Lösung nach den Prinzipien der Washingtoner Erklärung von 1998 zu finden, so das Museum. Unter dieser Prämisse wurde das Werk nun durch die Moritzburg erworben.
Zur Geschichte des Kunstwerks und den Erwerb durch die Kunststiftung sagt Christian Philipsen vom Vorstand der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt: "Wir bedauern das dem jüdischen Ehepaar Max und Martha Liebermann im Nationalsozialismus angetane Unrecht und erkennen dieses ausdrücklich an. Gleichzeitig danken wir den Erben nach Max und Martha Liebermann für das gemeinsame Finden einer gerechten und fairen Lösung, in deren Folge wir nach der Restitution der Zeichnung diese ausschließlich aus Mitteln der Kulturstiftung angekauft haben.
Wir bedauern das dem jüdischen Ehepaar Max und Martha Liebermann im Nationalsozialismus angetane Unrecht und erkennen dieses ausdrücklich an.
Alltagsszene wird zu besonderem Ereignis
Laut dem Direktor des Kunstmuseums Moritzburg, Thomas Bauer-Friedrich, sei es für den Menzel-Bestand des Museums von großer Bedeutung, das erworbene Blatt als rechtmäßiges Eigentum für die Zukunft bewahren zu können.
Entstanden sei die Zeichnung "Bauarbeiten" 1875 in zeitlicher Nähe zur Beendigung des bedeutenden großformatigen, realistischen Gemäldes Eisenwalzwerk (1872-75). In dieser Zeit habe sich Adolph von Menzel wiederholt mit Themen der Gegenwart in Folge der Industrialisierung auseinandergesetzt, so Bauer-Friedrich. Dabei seien neben sozialen Fragen auch die Veränderungen der städtischen Strukturen und die Veränderung des Arbeitslebens in den Fokus gerückt, was Menzel auch mit dem Blatt "Bauarbeiten" thematisiert.
Auch die Kustodin der Grafischen Sammlung, Susanna Köller, freut sich über den Erwerb der "beeindruckenden Zeichnung des Realisten Menzel". Vor allem die Art der Perspektivführung von stürzenden und aufgehenden Linien und Flächen, lasse "eine so alltägliche Szene, wie den Hausbau in einer Großstadt in den Gründerjahren, zu einem besonderen Ereignis werden", so Köller im Gespräch mit MDR KULTUR.
Der Impressionist Max Liebermann
Der Impressionist Max Liebermann zählt zu den bedeutendsten deutschen Künstlern des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. In seiner Sammlung befanden sich Werke hochkarätiger Künstler wie Édouard Manet, Claude Monet, Edgar Degas, Paul Cézanne, Henri de Toulouse-Lautrec und Vincent van Gogh.
Druck des NS-Regimes
Als jüdischer Bürger geriet er schon vor der Machtübernahme 1933 ins Visier nationalsozialistischer und völkischer Kreise. Er war von 1920 bis 1932 Präsident der Preußischen Akademie der Künste, legte seine Ehrenpräsidentschaft jedoch angesichts der NS-Gleichschaltung aller Bereiche des gesellschaftlichen Lebens nieder. Bis zu seinem Tod am 8. Februar 1935 lebte er zurückgezogen mit seiner Frau Martha. Ihre gemeinsame Tochter und Enkelin konnten sich dem Terror der Nationalsozialisten durch Flucht entziehen. Martha Liebermann, ebenfalls Jüdin, nahm sich 1943 angesichts einer drohenden Deportation in das KZ Theresienstadt das Leben.
Quelle: MDR KULTUR, Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale)
Redaktionelle Bearbeitung: op
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 18. Dezember 2024 | 16:30 Uhr