
Inklusion und Nachhaltigkeit Neuer Sexshop in Halle: Regionaler Spargel – aber nicht zum Essen
Hauptinhalt
28. April 2025, 13:34 Uhr
Seit Freitag hat Halles Innenstadt wieder einen Sexshop. Zwei junge Menschen wollen dort nicht nur Sexspielzeuge verkaufen, sondern auch Produkte für die queere Community. Wichtig ist ihnen dabei auch Nachhaltigkeit, so gibt es beispielsweise regionale Spargel-Dildos aus Dresden. Und eine Kaffee-Ecke für Vorträge und erste Dates.
"Consent" – das ist der Name eines neuen Sexshops, der am Freitag in Halles Zentrum eröffnet hat. Der Begriff ist Englisch für "Konsens" und steht für die Praxis, vor Berührungen oder sexuellen Begegnungen ganz bewusst sicherzugehen, dass diese auch erwünscht sind.
Halles neuer Sexshop in der Großen Steinstraße ist nicht nur der einzige aktuell geöffnete, sondern hat auch ein spezielles Konzept. Charlotte Schachtschneider, 25, und Charlotte Bast, 28, die hinter dem Laden stecken, ist wichtig, dass ihr Geschäft inklusiv ist. Es sollen also möglichst alle Menschen darin etwas für sich finden können.
Neben erotischen Spielzeugen gibt es in dem Laden deswegen auch Dinge, die beispielsweise trans Menschen helfen können, ihrem Geschlecht Ausdruck zu verleihen, sogenannte gender-affirming Produkte. "Zum Beispiel Binder, das sind sehr enge Oberteile, die den Busen einfach abflachen sollen. Oder Packer, steckt man sich in die Hose, damit eine Beule entsteht."
Sexspielzeug – nachhaltig aus der Region
Lotti und Lotte – wie die beiden, die den Laden gegründet haben, sich auch nennen, wollen außerdem bei den Produkten besonders auf Nachhaltigkeit achten. "Wir wollen kurze Lieferketten, wir versuchen, so wenig wie möglich über Großhändler-innen zu gehen und wollen die Produkte wirklich kennen." So funktionierten beispielsweise in Lotti und Lottes Sexshop alle Vibratoren nicht mit Batterien, sondern seien wiederaufladbar. Manche Produkte bestünden aus recycelten Materialien.
"Hier ist so ein bisschen unser Ästhetik-Bereich", sagt Schachtschneider und zeigt auf einen der gläsernen Ausstellungsschränke in der Mitte des Verkaufsraums. Darauf sind Dildos aus Glas und Silikon ausgestellt – einer davon in der Form eines Spargels. "Passend zur Spargelsaison", lacht Schachtschneider und erklärt, dass der Dildo in Dresden hergestellt werde – regional also.
Optimistisch gegen Online-Konkurrenz
Schachtschneider und Bast erzählen, sie haben zuvor zusammen in einem Unterwäscheladen gearbeitet – und festgestellt, "wir können irgendwie beide gut mit Kunden und miteinander auch sehr gut." Die Idee, einen eigenen Sexshop zu eröffnen, habe Bast schon davor gehabt. Weil ein enges Familienmitglied verstorben sei, habe sie etwas Geld geerbt. "Er ist leider viel zu früh gestorben und er hat immer den Traum gehabt, mal was Eigenes zu haben, einen eigenen Gastrobetrieb." Sie habe das für ihren Verwandten umsetzen wollen, "aber Gastro ist jetzt nicht so mein Ding", sagt Bast.
In ihrem Umfeld werde sehr offen über Sex gesprochen. Ihre Freundinnen und Freunde hätten sich oft beschwert, dass sie nach Leipzig fahren müssten, um spezielle Produkte zu kaufen. "Für mich war ein Sexshop also das Naheliegendste und etwas, das in Halle noch gefehlt hat."
Nachdem Bast und Schachtschneider sich kennengelernt hatten, sei der Laden zu ihrem gemeinsamen Projekt geworden. Sie sind optimistisch, dass er neben der Konkurrenz des Onlinehandels bestehen kann, auch wenn manche Menschen möglicherweise eine Hemmschwelle hätten, einen Sexshop zu betreten: "Wir wollen genau diese Hemmschwelle abbauen. Und bestimmte Sachen möchte man vielleicht auch gerne anfassen und vor sich sehen, bevor man sie kauft."
Vorträge in der Kaffee-Ecke
Um Privatsphäre zu schaffen, hängen vor den Schaufenstern des Geschäfts rote Vorhänge. "An sich müssten wir nichts abdecken, weil wir keine Pornografie verkaufen und unser Laden rechtlich gesehen deswegen keine Altersbegrenzung hat", erklärt Schachtschneider.
An sich müssten wir nichts abdecken, weil wir keine Pornografie verkaufen
In der Nähe sei allerdings auch eine Schule, das haben sie abfangen wollen. Auch im Inneren des Ladens ist ein Bereich mit rotem Vorhang abgetrennt, dahinter findet sich der BDSM-Bereich sowie eine Umkleidekabine. "Wir wollten in dem Bereich noch einmal eine etwas andere Stimmung schaffen", erklärt Bast.
Sexshop in Halle soll zum Treffpunkt werden
Von der Straße aus einsehbar ist nur eine kleine Sitzecke im Geschäft. Die Kaffee-Ecke sei ein Bereich für Austausch und Unterhaltung, erklärt Schachtschneider: "Wir wollen, dass Leute nicht nur hierher kommen, wenn sie etwas kaufen wollen, sondern auch, um einfach hier zu sein, sich zu unterhalten – vielleicht ja auch mit dem ersten Date, da kann man sich danach gleich die Produkte anschauen." Später wollen Bast und Schachtschneider in der Kaffee-Ecke auch Speed-Datings und Vorträge veranstalten.
Am Tag der Eröffnung liegen auf dem Tisch in der Kaffee-Ecke Glitzersteinchen, auf einem Schrank daneben sind kleine Stoffbeutel sorgsam gestapelt. Bei der Eröffnungsfeier soll es eine Bastelstation geben, bei der Menschen sich einen Beutel für Sexspielzeuge basteln können. Kurz, bevor ihr Laden zu ersten Mal für Kundinnen und Kunden öffnet, fühlen sich Bast und Schachtschneider "überraschend entspannt".
Als letztendlich aber doch ein paar Tränen fließen, sind es keine traurigen. Auf dem Gehweg vor dem Laden hat Charlotte Bast ihre Mutter entdeckt. Mit einem Blumenstrauß in der einen und einer Tasche in der anderen Hand ist sie als Überraschung zur Ladeneröffnung aufgetaucht.
MDR (Alisa Sonntag) | Erstmals veröffentlicht am 27.04.2025
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 28. April 2025 | 07:00 Uhr
Shantuma vor 3 Wochen
@unverbesserlicher Realist:
Neue Geschäfte bekommen meist 2 Jahre lang eine Förderung, welche nach dem 1. Jahr abnimmt.
Daher würde ich eher 2 Jahre geben und rate den Betreibenden wirklich sich jemanden zu suchen, welcher ein paar Basics beibringt.
Ein leeres Schaufenster mag nett sein, aber bringt keine Kunden.
Bastelkurse bei der Eröffnung ... , Speed-Dating ... , Vortragsecke ... ist das noch ein Sex-Shop, oder ist das eher ein sozialer Treff? Diese Fragen muss sich stellen.
Ein ähnliches Konzept mit Coffee-Bar hatte der Laden "Betsy Peymann" hier in Magdeburg auf dem Breiten Weg.
Der Laden ist nun zu. Ob es woanders weiter geht, oder Online ... wer weiß. War nicht meine Mode, also bin ich da nicht so sehr mit verbunden. Ist mir nur aufgefallen.
zenkimaus vor 3 Wochen
Ob das Konzept funktioniert oder nicht ist mir egal.
Ich bewundere diese beiden Frauen erstmal das sie so mutig sind und diesen Weg gehen.
Wenn ich mir die Kommentare durchlese , weiß ich das hier nur Pessimismus herrscht. Wir brauchen viel mehr mutige Menschen.
Übrigens für mich ist eine Selbständigkeit nie in Betracht gekommen. Den Mut hatte ich nicht. Darum drücke ich ihnen die Daumen
unverbesserlicher Realist vor 3 Wochen
Da mittlerweile selbst ein großer Online-Buchhändler solche Artikel im Angebot hat (Suchbegriff: "Leiser Bohrer"), wo man auch jede Menge Erfahrungsberichte anderer Anwender und Anwenderinnen kostenlos dazu bekommt, gebe ich dem Laden maximal 6 Monate. Spätestens zum 1. Advent ist das Ding Geschichte.