Die OB-Kandidaten Egbert Geier und Alexander Vogt posieren für ein Foto nach der OB-Wahl in Halle. 3 min
Egbert Geier (l.) und Alexander Vogt kämpfen bis zur Stichwahl am 23. Februar in Halle um Wählerstimmen. Mehr dazu im Video. Bildrechte: MDR/Fabian Brenner

Superwahlsonntag am 23. Februar OB-Wahl 2025: Wettlauf um die Zukunft von Halle

13. Februar 2025, 09:12 Uhr

Die Stadt Halle steht vor einem Superwahlsonntag. Während vom Straßenwahlkampf für die Bundestagswahl wenig zu spüren ist, läuft das Werben um Stimmen für die Stichwahl um das Amt des Oberbürgermeisters auf Hochtouren. Der Gewinner des ersten Wahlgangs, Bürgermeister Egbert Geier (SPD), und sein parteiloser Herausforderer Alexander Vogt sind Dauergäste auf Halles Straßen und Plätzen. An manchen Stellen wird der Ton rauer. Eine Analyse mit Einschätzungen vom Leiter des MDR-Regionalstudios in Halle, Marc Weyrich.

Ein Mann mit Brille und blauem Sacko lächelt in die Kamera.
Bildrechte: MDR/Gaby Conrad

Es war dann doch eine Überraschung im ersten Wahlgang. Neben Favorit Egbert Geier (SPD) mit 37,1 Prozent der abgegebenen Stimmen setzte sich der parteilose Alexander Vogt mit 19,1 Prozent der Stimmen auf Platz zwei – und sicherte sich das Ticket für die Stichwahl. Belohnt wurde damit großer Fleiß, denn Vogt trommelt seit Monaten unter Einsatz hoher, selbstständig organisierter finanzieller Mittel kräftig für sich, etwa in zahlreichen Bürgerdialogen.

Die Rolle des Underdogs, angesichts des veritablen Stimmunterschiedes zwischen ihm und Geier, hat Vogt trotzdem nicht inne. Lag die Wahlbeteiligung im ersten Wahlgang bei 47,4 Prozent, dürfte sie am Tag der Stichwahl ungleich höher sein, da zeitgleich die Bundestagswahl ansteht.

AfD spricht sich für Alexander Vogt aus

Fühlten sich, so erfuhren es die Reporter des MDR-Regionalstudios Halle bei zahlreichen Straßenumfragen, insbesondere die Sympathisanten der AfD von keinem der bisherigen Kandidaten abgeholt, haben sie nun in Alexander Vogt eine mögliche politische Heimat. Der Fraktionsvorsitzende der AfD im halleschen Stadtrat, Alexander Raue, der seine eigene OB-Kandidatur zu Gunsten der Kandidatur für den Bundestag zurückgezogen hatte, sprach sich klar für eine Wahl Alexander Vogts aus. Begründet hat Raue das bei MDR SACHSEN-ANHALT mit der von ihm so empfundenen Trägheit der Geier-Verwaltung, insbesondere wenn es um Anträge der AfD geht.

Der 46-jährige Vogt bemühte sich schriftlich um Abstand. "Es ist mir wichtig, dass meine Wählerinnen und Wähler wissen [...], dass ich keine Unterstützung von Parteien annehme, deren Ansichten nicht mit meinen eigenen übereinstimmen." Weshalb der Plural gewählt wurde und keine klare Abgrenzung von der AfD erfolgte, blieb zunächst offen, am Ende kann Vogt im Kampf um den Chefsessel im Ratshof jede Stimme recht sein. Im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT machte Alexander Vogt dann jedoch unmissverständlich deutlich, dass er mit der AfD nichts zu tun habe, deren Politik ablehne und es auch zu keinem Zeitpunkt Gespräche gegeben habe.

Viel Unterstützung für Egbert Geier

Egbert Geier indes erfährt breite Unterstützung aus der Parteienlandschaft. Neben SPD, Linken und Grünen gibt es Rückenwind auch aus dem bürgerlich-konservativen Lager von FDP und Freien Wählern. Hinzu kommt eine Wahlempfehlung des im ersten Wahlgang mit 7,5 Prozent ausgeschiedenen, unabhängigen Kandidaten Sven Macha, ebenso wie von den Listen "Mitbürger" und "Volt".

CDU zwischen Bundestagswahl und SPD-Kandidat

Besonders schwer tut sich die CDU. Das Tischtuch zu Ex-Mitglied Vogt ist nach Klage, Kandidatur und Austritt maximal zerschnitten. Allein sein Name sorgt in der Fraktion für verdrehte Augen. Offiziell bekräftigte die gescheiterte Kandidatin Kerstin Godenrath am Telefon, dass es keine Wahlempfehlung geben wird. Zwischen den Zeilen wird deutlich, man will mit der eigenen Pleite abschließen.

Gleichsam im Bundestagswahlkampf gegen die SPD anzutreten und in der Stadt einen mit SPD-Parteibuch ausgestatteten Kandidaten zu unterstützen, scheint unmöglich. So bleibt es im Anschluss der Nachbetrachtung des ersten Wahlgangs bei der Formulierung, man vertraue darauf, dass die CDU-Wähler und -Wählerinnen mit Ihrer Stimme zum Wohle der Stadt entschieden.

OB-Kandidatin Kerstin Godenrath steht am Abend der OB-Wahl in Halle (Saale) am 2. Februar 2025 im Stadthaus.
CDU-Kandidatin Kerstin Godenrath schaffte es nicht in Stichwahl. Bildrechte: MDR/Fabian Brenner

Wählervereinigung "Hauptsache Halle" bleibt neutral

Nicht positionieren will sich auch die Wählervereinigung "Hauptsache Halle", zu der seinerzeit Ex-OB Bernd Wiegand gehörte. "Hauptsache Halle"-Spitzenkandidat Andreas Wels holte im ersten Wahlgang 11,4 Prozent der Stimmen. Die sich anschließende überaus herzliche Begegnung zwischen Wels und Geier im Stadthaus mündete aber nicht in eine Wahlempfehlung.

OB-Kandidat Egbert Geier läuft am Abend der OB-Wahl in Halle (Saale) am 2. Februar 2025 lächelnd durch das Stadthaus.
Der Kontakt zwischen Andreas Wels (l.) und Egbert Geier am Wahlabend war sehr herzlich. Unterstützung von "Hauptsache Halle" bekommt der Bürgermeister dennoch nicht. Bildrechte: MDR/Fabian Brenner

Der Vorsitzende von "Hauptsache Halle", Sven Thomas, sagte MDR SACHSEN-ANHALT: "Egbert Geier hat in den vergangenen Jahren ohne Frage eine gute Arbeit gemacht, allerdings sind wir mit der Finanzpolitik der Stadt nicht einverstanden". Genau dafür zeichnet sich Egbert Geier als Finanzbeigeordneter allerdings verantwortlich. Umgekehrt sei die AfD-Unterstützung aus Sicht von Hauptsache Halle ein Argument gegen Alexander Vogt. Deshalb bleibe man neutral.

Eine Tabelle voller Unterstellungen – und eine lustige Antwort

Unterdessen läuft der Wahlkampf weiter – und wird rauer. Vogt veröffentlichte auf seiner Homepage eine Gegenüberstellung beider Kandidaten in Tabellenform. Geier wird namentlich nicht erwähnt, nur als SPD-Kandidat und "weiter so Verwalter" bezeichnet, der aus Baden-Württemberg komme und nur ein lokales Netzwerk habe.

Geier reagierte auf Instagram mit Augenzwinkern und korrigierte dem Lehrer Vogt in bester Schulmanier die Tabelle mit Rotstift durch und schickte den Bogen öffentlichkeitswirksam zurück, verbunden mit einem Rüffel für die schlechte Rechercheleistung und vergab dafür eine "4 minus".

Geier punktet mit Positiv-Terminen

Während die mit populistischen Begriffen ohne Erklärung gespickte Tabelle weiterhin auf Vogts Website steht, übt sich Geier in Realismus, der naturgemäß weniger glänzt. Der 59-Jährige nutzt im Wahlkampfendspurt seinen Vorteil als Quasi-Amtsinhaber; will mit Kompetenz, Erfahrung und Erfolgen punkten. Was der fraktionslos im Stadtrat sitzende Vogt fordert, setzt Geier teils basierend auf längst bestehenden Stadtratsbeschlüssen um. Nicht zufällig bereits vor dem ersten Wahlgang und auch jetzt häufen sich die Positiv-Termine.

Pünktlich wird nun die Wiederbelebung einer der Kaufhof-Immobilien verkündet, die Task Force vorgestellt, die die Stadt sauberer machen soll, wird auf den eingehaltenen Zeitplan beim Ausbau des "Eisdoms" verwiesen, gibt es Erfolgsmeldungen rund um Fördergelder für die Umgestaltung des Riebeckplatzes. Auf der Straße goutieren das einige Bürger nach all dem Wiegand-Pulverdampf als wohltuend ruhiges Handeln.

Andere schätzen Vogts "staatsmännischen Auftritt", seinen "brennenden Einsatz", seine "wohlklingenden visionären Worte" für die Heimatstadt. Das ist wohl der Reiz eines Neuen, der vor zwei Jahren noch unbedingt aus Halle nach Brüssel und für die CDU ins Europaparlament wollte. Am Ende ist es auch eine Frage der Glaubwürdigkeit, über die Wählerinnen und Wähler am 23. Februar entscheiden. Dass Stichwahlen in Halle Überraschungen bieten können, zeigte sich übrigens bei Wiegands erstem Wahlsieg 2012. Damals ging er als Zweitplatzierter ins Rennen – und gewann.

Mehr zur Oberbürgermeisterwahl in Halle

MDR (Marc Weyrich, Fabian Brenner, Andrea Iffert, Stefan Bringezu, Oliver Leiste)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 13. Februar 2025 | 16:40 Uhr

1 Kommentar

Erna vor 4 Wochen

Letztlich muss festgestellt werden, dass Herr Geier die letzten Jahre die Verantwortung hatte. Verantwortung für eine unendliche Vermüllung gerade der "Neubaugebiete", eine Rattenplage an vielen Stellen, das Verleugnen von Problemen mit Diebstählen an Schulkindern bis zum Videobeweis, das Abwandern von großen Händlern. Um das "Oriental" herrscht Wildwestmanier und man schaut teilnahmslos zu. Erst kurz vor der Wahl werden Reinigungskommandos losgeschickt, die aber das Problem nicht beseitigen und damit ziemlich überflüssig sind. Erst kurz vor der Wahl wird ein möglicher neuer Mieter für die ohnehin tote Innenstadt präsentiert, doch fix ist noch nichts.

Ja die Wahl heißt weiter so oder doch jemand der was bewegen könnte.

Mehr aus dem Raum Halle und Leipzig

Mehr aus Sachsen-Anhalt