Landgericht HalleProzess um Baby-Misshandlung: Gerichtsmedizinerin bestätigt Schütteltrauma
Vor dem Landgericht Halle wurde am Mittwoch der Prozess gegen einen Mann fortgesetzt, der seine zwei Monate alte Tochter so stark geschüttelt haben soll, dass sie notoperiert werden musste. Die Aussage der Gerichtsmedizinerin stützte dabei die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft. Der Angeklagte gibt jedoch an, er habe den Säugling lediglich vor dem Ersticken retten wollen.
- Im Prozess gegen einen Mann, der sein Baby misshandelt haben soll, hat die Gerichtsmediziner ein Schütteltrauma bestätigt.
- Der angeklagte Vater widerspricht den Vorwürfen.
- Ein Urteil könnte Mitte September gefällt werden.
Das Landgericht Halle hat am Mittwoch den Prozess gegen einen Mitte-20-Jährigen Hallenser fortgesetzt. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann vor, vor zwei Jahren sein Baby nachts mehrmals heftig geschüttelt zu haben. Der damals zwei Monate alte Säugling hatte mehrere lebensdrohliche Hirnblutungen und musste notoperiert werden.
Die Gerichtsmedizinerin Carolin Richter vom Uniklinikum Halle unterstützte mit ihrer Aussage am Mittwoch die Anklage der Staatsanwaltschaft. Die Verletzungen des Kindes seien typisch für ein Schütteltrauma. "Ich kann mir keinen anderen Erklärungsmechanismus vorstellen", sagte Richter. Vor Gericht zählte sie die Verletzungen des Säuglings auf, darunter blaue Flecken und Einblutungen am ganzen Körper. Einer davon soll wie eine Bisspur ausgesehen habe.
Aussagen von Gerichtsmedizinerin und Angeklagtem widersprechen sich
Die Aussage des angeklagten Vaters widerspricht der Einschätzung der Gerichtsmedizinerin. Er hatte sich am ersten Prozesstag vergangene Woche zum ersten Mal überhaupt zu den Vorwürfen geäußert. Seiner Aussage nach habe sich das Kind in der Tatnacht im Babybettchen übergeben. Um ein Ersticken zu verhindern, habe er es auf den Arm genommen und durch leichtes Klopfen versucht, das Kind wieder zum Atmen zu bringen.
In der Tatnacht sei der Angeklagte alleine mit seiner Tochter gewesen. Die Mutter des Babys habe sich laut übereinstimmender Aussagen vor Gericht mit dem Zwillingsbruder des kleinen Mädchens im Krankenhaus befunden. Dahin habe der Angeklagte die Tochter am Morgen nach der Tag auch gebracht.
Nebenklage beantragt Schmerzensgeld für geschädigtes Kind
Das Gericht hat im Prozess nun zwei neue Prozesstage angeordnet. Am Freitag, den 23. August soll ein Antrag der Nebenklage verhandelt werden. Darin geht es um die Frage, ob dem heute zwei Jahre alten Mädchen Schmerzensgeld zusteht.
Beide Zwillingsgeschwister wohnen getrennt voneinander in Pflegefamilien in Bayern. Das mutmaßlich misshandelte Mädchen hat laut der Gerichtsmedizinerin schwere gesundheitliche Schäden davongetragen. Unter anderem hat es Pflegegrad 3, eine verzögerte Entwicklung und verhalte sich ängstlich und abwehrend.
Das Urteil könnte am vorerst letzten Prozesstag am 16. September fallen. Im Falle einer Verurteilung droht dem Angeklagten mindestens ein Jahr Freiheitsentzug.
Hilfe für Eltern: Wenn Baby nicht aufhört zu schreien
Schreibabys sind oft mit den Reizen aus ihrer Umgebung überfordert. Sie saugen alles, was um sie herum passiert, auf wie ein Schwamm, können es aufgrund ihrer Entwicklung aber noch nicht verarbeiten. Dadurch sind sie unruhig, finden kaum Schlaf und reagieren mit Schreien und Weinen. Deshalb schreien viele Babys ab dem zweiten bis vierten Monat auch wieder weniger: Durch einen Entwicklungsschub finden sie sich besser in ihrer Umgebung zurecht und können auch leichter einschlafen.
Schreibabyambulanzen (SBA) begleiten nach eigenen Angaben Eltern sowie Familien mit Säuglingen und Kleinkindern von null bis drei Jahren, die viel schreien, wenig schlafen und sich schlecht beruhigen lassen. Außerdem gibt es Hilfe für Mütter, die eine schwierige Geburt erlebt haben und darunter leiden. Schreibabyambulanzen sind jedoch keine Einrichtungen der medizinischen Notfallversorgung.
In Sachsen-Anhalt gibt es zum Beispiel in Stendal eine Schreibabyambulanz an der Kinder- und Frauenklinik. Sie ist telefonisch erreichbar unter: 0172/3942700. In Halle gibt es eine Schreibabyambulanz im "Iris Familienzentrum" in der Schleiermacherstraße, telefonisch zu erreichen unter: 0345/5211232. Eine Beratungsstelle oder Schreiambulanz in Ihrer Nähe finden Sie mit der Postleitzahlen-Suche des Nationalen Zentrums Frühe Hilfen (NZFH).
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MDR (Cornelia Winkler, Alisa Sonntag, Susanne Ahrens) | Zuerst veröffentlichts am 12.08.2024
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 21. August 2024 | 17:00 Uhr