Querschnittsgelähmt nach Badeunfall Klinikum Bergmannstrost begleitet Querschnittsgelähmten in ein neues Leben
Hauptinhalt
18. September 2023, 18:07 Uhr
Bei einem Sprung in den weniger als einen Meter tiefen Swimmingpool verletzt sich Denny Florl am Rückenmark. Seitdem ist er querschnittgelähmt. Auf das Leben mit Behinderung wird er im Klinikum Bergmannstrost in Halle vorbereitet. Danach zieht er bei seiner Familie im behindertengerecht umgebauten Elternhaus ein. Inzwischen führt er dort ein neues Leben und wohnt mit seiner Freundin in einer abgetrennten Wohnung.
- Ein Badeunfall durch einen Sprung in zu flaches Wasser hat bei Denny Florl zu einer Querschnittslähmung geführt.
- Behandelt wurde er am Zentrum für Rückenmarkverletzte am Klinikum Bergmannstrost in Halle.
- Auch seine Freundin hat er am Klinikum Bergmannstrost kennengelernt.
Es kann zu Hause im Swimmingpool passieren, im Badesee oder auch im Urlaub am Meer. Badeunfälle sind insbesondere bei ausgelassener Stimmung keine Seltenheit. Besonders schlimme Folgen kann ein Sprung in zu flaches Wasser haben. Jedes Jahr muss das Zentrum für Rückenmarkverletzte im Bergmannstrost in Halle nach eigenen Angaben etwa fünf bis sechs Patienten behandeln, die nach einem Sprung in zu flaches Wasser eine Querschnittslähmung erleiden.
Ein Sprung in den Pool mit Folgen
Denny Florl aus Aue ist gelernter Zimmermann. Mit Arbeitskollegen trifft er sich an einem Sommertag im Garten seiner Eltern. Dort steht auch ein Swimmingpool. Der damals 25-Jährige nimmt Anlauf und springt in den Pool. Er bleibt mit dem Fuß an der Kante hängen und stürzt kopfüber in das nur 90 cm tiefe Wasser. Denny schlägt mit der Stirn auf dem Boden auf und verletzt sich schwer. Sieben Jahre ist der Badeunfall nun her. Seitdem ist der 32-Jährige querschnittsgelähmt.
Denny wird von seinen Kollegen aus dem Wasser herausgezogen und hat diese Situation noch in seinem Gedächtnis. Seine Arme, erinnert er sich, hätten sich wie wild gedreht. Er habe sie nicht mehr richtig steuern können: "Ich habe dann gemerkt, oh das ist Mist. Ich merke bis runter zu den Füßen schon gar nichts mehr".
Ich hatte zeitweise zu meinen Freunden gesagt, nehmt doch einfach einen Holzhammer und schlagt ihn mir auf den Kopf. Es lohnt sich nicht, so weiterzuleben.
Und dann ist da plötzlich ein anderes Leben
Mit dem Rettungshubschrauber wird Denny zur Erstversorgung nach Zwickau geflogen und kommt anschließend in das Klinikum Bergmannstrost nach Halle an der Saale. Nach der Entwöhnung von der Beatmung hatte er die ersten Eindrücke seines neuen Lebens, die sich zunächst extrem schlecht anfühlten. Teilweise habe er das Gefühl gehabt, dass es sich für ihn nicht lohne, so weiterzuleben: "Ich hatte zeitweise zu meinen Freunden gesagt, nehmt doch einfach einen Holzhammer und schlagt ihn mir auf den Kopf."
Im Zentrum für Rückenmarkverletzte werden Denny und seine Familie monatelang Schritt für Schritt auf das Leben mit Lähmungen vorbereitet. Zum Beispiel seien die Handfunktion und die Muskeln trainiert worden. Hinzu kämen viele Gespräche, die dazu führten, weiterzumachen und zu kämpfen. Vor allem eine Frage an seine Ergotherapeutin war für Denny absolut entscheidend: "Kann ich normal im Rollstuhl fahren?"
Mit dem Rollstuhlfahren verbessert sich die Stimmung deutlich
Die Möglichkeit, sich mit der Muskelkraft seiner Arme mit dem Rollstuhl bewegen zu können, brachte für ihn den Wendepunkt und seine Stimmung verbesserte sich wesentlich.
Im Klinikum werden nicht nur die Muskeln der Patientinnen und Patienten trainiert. Die Vorbereitungen auf das Leben nach der Entlassung aus dem Zentrum für Rückenmarkverletzte im Halleschen Bergmannstrost seien sehr umfangreich, sagt Chefarzt Klaus Röhl: "Die Patienten gehen mit den Psychologen und Ergotherapeuten ins Kino oder fahren mal mit der Straßenbahn, machen Besuche am Flughafen, um mal zu schauen, wie komme ich mit dem Rollstuhl auf Pflaster oder unebenen Fußböden klar."
Außerdem gibt es Hürden für Rollstuhlfahrer im Alltag, wenn zum Beispiel Aufzüge nicht funktionieren oder Türen nicht elektrisch öffnen. Auch auf diese Herausforderungen werden die Patienten vorbereitet.
Elternhaus wird behindertengerecht umgebaut
In Aue wird das Wohnhaus der Familie Florl komplett umgestaltet. Innerhalb eines Jahres entsteht am Haus ein Anbau. Durch die Neugestaltung der Wohnbereiche ist für Denny ein Leben mit Behinderung in seinem Elternhaus möglich. Die Türen sind schwellenlos, in der Küche ist ein Abschnitt so gestaltet, dass Denny Geräte wie zum Beispiel Kaffeemaschine oder Mikrowelle in seinem Rollstuhl bedienen kann. Auch die Wascharmaturen sind mit dem Rollstuhl unterfahrbar und die Dusche ist barrierefrei.
Außen am Haus wird ein Lift angebaut, so dass ein selbstständiges Hochfahren zu den Eltern in die obere Etage und das Fahren bis auf die Straße möglich ist. Auf dem Parkplatz vorm Haus steht ein Auto bereit, das behindertengerecht umgebaut wurde und für Mobilität sorgt. Dort wo es nötig ist, kommt Denny mit seinem Rollstuhl selbstständig hin, um am Familienleben teilhaben zu können.
Dennys Mutter, Mandy Florl, ist stolz auf ihren Sohn. Sie sagt, die entscheidenden Momente wieder Mut zu bekommen wären für sie, als ihr Sohn angefangen hätte zu kämpfen. Dann hätten Freunde, Arbeitskollegen und sogar fremde Menschen unter anderem durch eine Spendenaktion mitgeholfen, den Umbau des Hauses möglich zu machen.
Das neue Leben nach dem Badeunfall
Drei Mal pro Woche kommt ein Physiotherapeut zu Denny nach Hause, um alle noch möglichen Aktivitäten des täglichen Lebens, wie zum Beispiel das Umsetzen, erhalten zu können. Das dient auch der Schmerzlinderung und der Beweglichkeit der Gelenke.
Zur Physiotherapie gehören Übungen der Arme am Bewegungstrainer. Denny erklärt: "Das ist auch Ausdauertraining für den Rollstuhl, dass ich weiter schnell und flink im Rolli unterwegs bin."
Die Freundin: Aus Pflege und Betreuung wird Liebe
Im Elternhaus lebt der junge Mann in einer eigenen Wohnung zusammen mit seiner Freundin Maxi Priemer. Vor dreieinhalb Jahren haben sich die beiden nach dem Aufenthalt im Bergmannstrost Halle bei der Reha kennengelernt. Maxi war zu dieser Zeit seine betreuende Schwester.
Das erste Aufeinandertreffen der beiden sei nicht spektakulär gewesen: "Sie kam zum Spätdienst rein ins Zimmer und hat sich vorgestellt. Ich dachte nur, die Schwester ist ganz schön. Naja…" Über die Jahre hätten sie sich aber gefunden, sagt Denny. Er fügt hinzu: "Und heute sitzt sie bei mir und ist nicht mehr wegzudenken."
Über seine Beziehung sagt Denny, sie wäre das Beste, was ihm passieren konnte: "Dass ich diese Situation mit jemanden teilen kann, ist das Schönste, was es gibt." Seine Freundin sei teilweise seine Arme, Beine und Hände. "Sie unterstützt mich in jeder Lebenslage und dafür bin ich überaus dankbar."
Meine Freundin ist teilweise meine Arme, meine Beine und meine Hände.
Beide würden zusammen versuchen, das zu machen, was jedes andere Pärchen auch macht. Es sei nur eben etwas speziell. Zu den gemeinsamen Aktivitäten gehöre das tägliche Frühstück, Ausflüge oder in den Urlaub fahren. Beide verbringen viel Zeit miteinander. Wenn aber seine Freundin zum Beispiel auf Arbeit ist, dann wird der Computer wichtig. Die Tastatur bediene er im Ein-Finger-Suchsystem. Längere Texte dauerten entsprechend länger, aber trotzdem funktioniere das gut. Wenn Zeit ist, spiele er Turniere, um sich mit anderen Spielern zu messen und immer besser zu werden.
Der Tag funktioniert ganz genau wie bei jedem anderen auch. Bei uns Rollstuhlfahrern nur mit mehr Vorbereitungen.
Über sein jetziges Leben sagt Denny, es gäbe nicht immer nur 24 Stunden Sonnenschein, sondern auch Zeiten, wo er sich mal hängen ließe. Aber diese Tage würden eben ganz normal zum Leben dazugehören. Es gäbe aber so viele Dinge, die das jetzige Leben lebenswert machen würden und für Probleme gäbe es immer irgendwelche Lösungen. Diese müssten nur gefunden werden: "Der Tag funktioniert ganz genau wie bei jedem anderen auch. Bei uns Rollstuhlfahrern nur mit mehr Vorbereitungen."
MDR (Andreas Manke)
Dieses Thema im Programm: MDR S-ANHALT | MDR SACHSEN-ANHALT | 13. September 2023 | 19:00 Uhr