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Erneuerbare EnergienNaumburg: Streit um Solaranlagen in historischem Wohnviertel

23. März 2023, 11:42 Uhr

Solaranlagen sind ein wichtiger Baustein hin zu Deutschlands Ziel der Klimaneutralität. Ein Hausbesitzer in Naumburg will sich Paneele auf das Dach montieren und mehr Sonnenenergie nutzen. Doch er scheitert am Denkmalschutz: Der Anblick eines historischen Wohnviertels werde sonst gestört.

von Anne-Kristiane Jensen, Volker Insel und Carmen Brehme, MDR Wirtschaftsredaktion

EEG-Novelle: 80 Prozent mehr Strom aus Wind- und Sonnenenergie bis 2030

Mindestens 80 Prozent des Stromverbrauchs in Deutschland sollen bis 2030 aus erneuerbaren Energien stammen. Das hat die Regierung im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verankert. Seit Januar ist die novellierte Fassung in vollem Umfang in Kraft und soll Deutschland mit zur Klimaneutralität verhelfen.

Bereits seit 29. Juli 2022 gilt die Festlegung aus der EEG-Novelle, dass erneuerbare Energien "im überwiegenden öffentlichen Interesse liegen". "Das ist entscheidend, um das Ausbautempo zu erhöhen. Damit haben sie bei Abwägungsentscheidungen künftig Vorrang vor anderen Interessen", erklärt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz auf seiner Homepage.

Damit haben sie (Anm. der Redaktion: die erneuerbaren Energien) bei Abwägungsentscheidungen künftig Vorrang vor anderen Interessen.

Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck betonte zur Einführung der Regelung vor mehr als einem halben Jahr: "Angesichts der sich zuspitzenden Klimakrise und des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine sind die erneuerbaren Energien zu einer Frage der nationalen und europäischen Sicherheit geworden. Wir müssen so schnell wie möglich unser Energiesystem umstellen, weg von fossilen Energieträgern, hin zu erneuerbaren Energien."

Naumburger Wohnhaus: Besitzer will Dachhälfte mit Solarpaneelen bestücken

Thomas Killer ist Hausbesitzer in Naumburg. Die Dachhälfte Richtung Osten ist bereits mit Solarpaneelen ausgestattet. Jetzt will er auch die Nachmittagssonne einfangen und die westliche Dachhälfte nachrüsten, um noch mehr selbst erzeugten Strom zu nutzen und damit die Heizkosten die stromintensiven Wärmepumpe zu senken.

"Um das betreiben zu können, brauche ich unbedingt diesen Strom von der Sonne", sagt Killer. Er will so die gestiegenen Energiepreise abfedern. Im Sinne der gesetzten Klimaziele der Bundesregierung wäre es auch.

Denkmalschutzbehörde Naumburg: Fotovoltaik-Flächen "ins Auge springende Fremdkörper"

Doch die Denkmalschutzbehörde Naumburg hat den Antrag von Thomas Killer abgelehnt, seine zweite Dachhälfte ebenfalls mit Solarpaneelen zu bestücken. Dabei ist sein Haus nicht einmal als Baudenkmal ausgewiesen. Allerdings ist die Westseite seines Hauses einer Straße des Bürgergartenviertels zugewandt, die als Denkmalbereich eingestuft ist. Der Charakter der gründerzeitlichen Straßenzüge des gesamten Bürgergartenviertels Naumburgs solle deshalb nicht verändert werden, so die Stadt.

In der Ablehnung des Antrages heißt es: "Fotovoltaik-Flächen können nicht als untergeordnetes Zugeständnis an moderne technische Entwicklungen eingestuft werden. Vielmehr stellen sie für einen für die Denkmalbelange aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachter einen in Form und Farbe ins Auge springenden Fremdkörper dar."

Thomas Killer kann nicht nachvollziehen, warum er seine Solaranlage nicht erweitern darf. "Auf der einen Seite heißt es, wir sind in Sachsen-Anhalt und denken modern", sagt er. Die Entscheidung kritisiert er als nicht zeitgemäß, sie würde an "den aktuellen Erfordernissen der heutigen Zeit" vorbeigehen. Deswegen will er sie vor Gericht anfechten.

Jurist sieht bei Rechtsstreit Punkt für Hausbesitzer

Dass der Ausbau erneuerbarer Energien auf Dachanlagen durch Gründe des Denkmalschutzes versagt wird, hält auch Martin Maslaton, Fachanwalt für erneuerbare Energien, für problematisch. Er ist Professor und Hochschullehrer für Recht der erneuerbaren Energien und Umweltrecht an der Technischen Universität Chemnitz.

Maslaton rät Hausbesitzern wie Thomas Killer dazu, bei derartigen Ablehnungen die Verwaltungsgerichte einzuschalten. "Der Denkmalschutz hat keinerlei Rechte mehr, Dachanlagen auch im Denkmalschutz umfassten Gebäude unter Rekrutierung auf den Gebiets-Schutz und den Umgebungsschutz zu versagen", betont er. Die Rechtslage sei hier "völlig eindeutig". Gegen eine Ablehnung könne man sich erfolgreich wehren. Das sei "so sicher wie das Amen in der Kirche." Laut EEG-Novelle hat der Ausbau erneuerbarer Energien seit 29. Juli 2022 wie eingangs beschrieben per Gesetz "bei Abwägungsentscheidungen künftig Vorrang vor anderen Interessen".

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MDR (Anne-Kristiane Jensen, Volker Insel, Carmen Brehme)

Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | Umschau | 21. März 2023 | 20:15 Uhr

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