InterviewWas ist eine Leichenoper, Herr Brenner?
Das Puppentheater Halle startet am Freitag mit der Premiere von "Die Leichenoper" in die neue Spielzeit. Regie führt der Schauspieler, Regisseur und ehemalige Intendant des Neuen Theaters Matthias Brenner. Er wird auch in der Hauptrolle auf der Bühne stehen. Das Stück handelt von einem Ehepaar, das für den gesellschaftlichen Aufstieg über Leichen geht – aus Sicht von Brenner macht das die Komödie, die in der DDR verboten war, nicht bloß makaber, sondern auch politisch und hochaktuell.
- In der "Leichenoper" stehen Menschen und Puppen auf der Bühne.
- Matthias Brenner kehrt für die Oper zurück nach Halle – als Regisseur und Schauspieler.
- Das Musik-Stück wurde nach seiner Uraufführung 1989 in der DDR verboten.
MDR KULTUR: Was ist "Die Leichenoper" für ein Stück?
Matthias Brenner: Es ist eine wunderschöne Antwort auf die bestehende Dreigroschenoper, die wir alle ja gut kennen und auch schätzen. Es ist eine Song-Oper, die eine richtige gute Geschichte beherbergt. Und es gibt eine richtige große Ouvertüre, wunderschöne symphonische Zwischenmusiken und blendende Songs, von Soul über alles, was man in der Unterhaltungswelt gehört hat – aber völlig neu erfunden, völlig neu gemacht.
Es ist eine wunderschöne Antwort auf die bestehende Dreigroschenoper
Matthias Brenner über "Die Leichenoper"
Es sind tolle Songs, die alle mit geflügelten Worten zu tun haben: eine Leiche im Keller, der rote Faden, der Dorn im Auge oder das Mittel zum Zweck. Und diese Mittel zum Zweck und der Dorn im Auge werden bei uns durch Puppen vertreten.
Sehr große Puppen?
Ja, große und kleinere Puppen. Sehr deutliches Puppentheater – meets Schauspielerei. Nämlich die zwei, um die es geht, die in dieser Nacht durch Geister verführt werden und zum ersten Mal eine Leiche bei sich beherbergen – die plötzlich da ist, von der sie nicht wissen, wie sie dahin kommt.
Der Ehemann kann sich nicht erinnern, was an dem Abend noch passiert ist, als sie offensichtlich getrunken haben. Bei dem, der da im Zimmer liegt, handelt es sich – so viel darf ich schon verraten – um den amtierenden Bürgermeister der Stadt. Ist er nun leblos? Ist er tot? Schläft er? Und was bedeutet das?
Welche Rolle spielen Sie?
Es ist ein Mittelstandsbeamter, der Hansi heißt, und seine Frau, die ich Mausi nenne. Lena Zipp und ich präsentieren dieses Ehepaar, was quasi über Nacht in den Albtraum von einer Karriere-Möglichkeit gepresst wird.
Es geht auch um die Spaltung von Gesellschaft anhand einer deftigen Komödie.
Matthias Brenner über "Die Leichenoper"
Das Stück geht zurück auf das Jahr 1989. Warum ist das Stück relativ selten aufgeführt worden in den zurückliegenden Jahrzehnten? Und warum glauben Sie, dass es heute funktioniert?
1989 gab es eine halbillegale Uraufführung in einer Schauspielschule in Berlin. Peter Dehler, Tobias Morgenroth und Christoph Schambach, der in der Komponistenklasse an der Hanns-Eisler-Schule war, haben sich diese Geschichte über Karriere und Rücksichtslosigkeit ausgedacht und haben das an der Schauspielschule halb offiziell aufführen dürfen. Danach wurde es dann allerdings noch in der DDR verboten.
Ich habe das Stück entdeckt, weil ich mal zu einer anderen Veranstaltung Songs daraus gesungen habe, ohne die Oper zu kennen. Dann habe ich die Oper kennengelernt und war hin und weg und hellauf begeistert, weil diese Art, wie das erzählt ist, ging über die DDR-Grenzen hinaus – das hat vorgedacht bis heute. Wunderbar aktiv dieses Stück.
In welcher Weise sich Parteien formieren werden, um Erfolg zu haben. Darum geht es in diesem Stück auch – und da haben wir auch heute einige. Es geht auch um die Spaltung von Gesellschaft anhand einer deftigen Komödie, wo es genügend zu lachen und genügend Unterhaltung gibt. Und jetzt kommt's: Von Daniel Morgenroth ein Libretto mit einem richtig schönen Tiefgang.
Angaben zum Stück
"Die Leichenoper"
Song-Oper für Schauspieler und Puppen
Regie: Matthias Brenner
Komposition: Christoph Schambach
Libretto: Daniel Morgenroth
Adresse: Bühnen Halle, Puschkinhaus Kardinal-Albrecht-Str. 6, 06108 Halle
Termine:
- 11. Oktober, 20 Uhr (Premiere, ausverkauft)
- 12., 13., 17. und 31. Oktober, jeweils 20 Uhr
- 1., 2., 6. und 10. November, jeweils 20 Uhr
Quelle: MDR KULTUR (Thomas Bille)
redaktionelle Bearbeitung: vp, bh
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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR am Morgen | 11. Oktober 2024 | 08:40 Uhr