Verleumdung, Beleidigung, Volksverhetzung Urteil im Prozess gegen Rechtsextremisten aus Halle

14. September 2020, 17:01 Uhr

Elf Monate Haft auf Bewährung wegen Verleumdung, Beleidigung, Volksverhetzung und Beschimpfung von religiösen Bekenntnissen: Im Prozess gegen den halleschen Rechtsextremisten Sven Liebich ist vom Amtsgericht Halle das Urteil gesprochen worden.

Am Amtsgericht Halle ist das Urteil gegen den Rechtsextremisten Sven Liebich aus Halle gesprochen worden. Er wurde am Montagmorgen wegen Verleumdung, Beleidigung, Volksverhetzung und Beschimpfung von religiösen Bekenntnissen zu insgesamt elf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Außerdem muss Liebich innerhalb von zehn Monaten nach dem Urteil 200 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. In zwei Fällen ist Liebich freigesprochen worden. Die Bewährungszeit beträgt drei Jahre. Laut Gerichtssprecher wurden die Freiheits- und Geldstrafen zu einer Bewährungsstrafe zusammengefasst.

Künast als Nebenklägerin

Angeklagt war der 49-Jährige unter anderem wegen der Verleumdung der Grünen-Politikerin Renate Künast und des ehemaligen SPD-Chefs und früheren Kanzlerkandidaten Martin Schulz. Künast ist in dem Prozess Nebenklägerin.

Der Richter betonte bei der Urteilsverkündung, dass Schmähungen, die vor allem auf Diffamierung einer Person abzielen, weder von der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Grundgesetz noch von der Kunstfreiheit gedeckt seien.

Außerdem wurde der Rechtsextremist wegen kollektiver Beleidigung von Demonstrationsteilnehmerinnen und –teilnehmern schuldig gesprochen.

Als rechtsextrem eingestuft

Liebich wird vom Landesverfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft. So heißt es im Verfassungsschutzbericht 2019: "Seinen Aktivitäten liegt eine klare rechtsextremistische Konnotation zugrunde."

Unterschied radikal und extrem

Obwohl oft synonym verwendet, gibt es einen Unterschied zwischen Extremismus und Radikalismus. So definiert der Verfassungsschutz, Extremismus wolle die Grundwerte der freiheitlichen Demokratie beseitigen. "Radikale politische Auffassungen haben in unserer pluralistischen Gesellschaftsordnung ihren legitimen Platz", so der Verfassungsschutz.

Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer eine Freiheitsstrafe von einem Jahr mit drei Jahren Bewährungszeit sowie 200 Stunden gemeinnützige Arbeit beantragt. Die Verteidigung Liebichs forderte einen Freispruch.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann Berufung und Revision eingelegt werden.

Quelle: MDR,dpa/mp

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 14. September 2020 | 11:00 Uhr

6 Kommentare

Denkschnecke am 15.09.2020

Es gibt nun mal im Deutschen Rechtssystem (§56 StGB) die Regelung, dass im Regelfall bei nicht Vorbestraften eine Freiheitsstrafe von unter einem Jahr zur Bewährung ausgesetzt wird. Das gilt für auch alle unsympathischen Zeitgenossen, ob tätowierte Gewalttäter, islamische Fundamentalisten und auch rechtsextreme Schreihälse. Das müssen alle Demokraten akzeptieren, auch wenn's schwerfällt.

Harka2 am 14.09.2020

Ein klarer Sieg für den Täter. Er kann nun seine "Arbeitsstunden" medienwirksam ableisten und hat keine tatsächliche Strafe bekommen. Einmal mehr vergisst die Richternschaft, dass ein Urteil drei Gesichtspunkten Rechnung zu tragen hat:
1. Bestrafung des Täters
2. Sühne gegenüber den Opfern
3. Abschreckung für Nachahmer
Gerade 3. gerät in der deutschen Rechtsprechung zum Witz.

Thommi Tulpe am 14.09.2020

Ich denke, derartige Urteile machen jeden Menschenhasser unter Ihresgleichen irgendwie immer zu "Mertyrern"!? Solche Leute sind nicht "nur" gegen scheinbar alles Fremde, sie sind auch gegen den freiheitlich-demokratischen Staat.

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