Blick auf das Wohngebiet Halle-Neustadt mit den markanten "Scheiben" (Hochhäusern) aus den 1970er Jahren.
Halle-Neustadt ist für viel mehr Menschen geplant, als jetzt darin wohnen. (Archivbild) Bildrechte: picture alliance/dpa | Jan Woitas

Wohnungsleerstand rückläufig In Halle steht eine Kleinstadt leer

16. Dezember 2024, 11:40 Uhr

In Halle stehen derzeit mehr als 10.000 Wohnungen leer. Die Zahl entspricht einem Anteil von acht Prozent der vorhandenen Wohnungen. Halle liegt damit deutlich über dem ostdeutschen Durchschnitt, der sich auf 6,3 Prozent beläuft. Und dennoch gibt es Grund zur Freude – denn die Leerstandszahlen an der Saale sind rückläufig.

Ein Mann mit Brille und blauem Sacko lächelt in die Kamera.
Bildrechte: MDR/Gaby Conrad

Vor fünf Jahren ging die Stadt noch von etwa 14.000 leeren Wohnungen aus. Inzwischen sind es deutlich weniger: 11.600 leerstehende Wohnungen gibt es momentan in Halle, teilte die Stadtverwaltung auf Anfrage von MDR SACHSEN-ANHALT mit. Peter Scharz, Vorsitzender des Mieterrates Halle/Saale, appelliert angesichts der Zahlen an die Verantwortlichen im Ratshof: "Die Stadt sollte ihr Augenmerk auf die Wirtschaftsförderung legen, um gezielt Facharbeiter in die Stadt zu holen. Hilfreich wäre dabei auch, ein Augenmerk auf die Startup-Szene zu legen und denen gute Möglichkeiten in der Stadt zu bieten".

Allerdings, schränkt Scharz ein, seien nicht alle Wohnungen direkt bezugsfertig. Bei vielen Wohnung sei eine grundständige Sanierung erforderlich oder es müsse ein bisschen was erneuert werden und dann gebe es ein rund Drittel voller schöner, bezugsfertiger Wohnungen.

Alte Platten stehen leer

Ein Zahlenwerk, dem Stadtpressesprecher Drago Bock wenig entgegenzusetzen hat, auch wenn das Lagebild nur in Ausschnitten für die Stadt zugänglich ist, da viele Wohnungen im Privatbesitz sind. "Wenn etwa 5.000 Wohnungen im gesamten Stadtgebiet als kurzfristig oder mit wenig Aufwand reaktivierbar angenommen werden, hält das die Stadt für plausibel."

Bock lenkt den Blick derweil auf die Erfolge der vergangenen Jahre. "Die Stadt hat den Leerstand als quartierbedrohendes Problem gelöst", sagt er und verweist auf den vor zwanzig Jahre gemessenen Leerstand von etwa 20 Prozent. Die Tendenz geht also in die richtige Richtung. "Vom Leerstand betroffen sind überwiegend Objekte in privatem Eigentum, auch und gerade Plattenbauten".

Entwicklung bei großen Vermietern in Halle positiv

Positiv dagegen sei die Entwicklung bei den städtischen Wohnungsgesellschaften HWG und GWG. In ganzen Zahlen liegt der Leerstand bei der HWG bei etwas über 1.000 bei der GWG bei etwas über 600 Wohnungen. GWG-Pressesprecherin Kathrin Kaufhold-Thürer blickt dabei in die Geschichte: "Halle-Neustadt ist schlicht für dreimal so viele Leute gebaut worden, als jetzt dort wohnen." Kaufhold-Thürer gibt auch unumwunden zu, welche Wohnungen leer stehen: "Das sind jetzt in der Regel nicht die topausgestatteten und attraktiven Wohnungen".

Genau hier sieht Peter Scharz vom Mieterrat einen Ansatzpunkt: "Wir brauchen mehr attraktive Vier-bis-Fünfzimmerwohnungen. Dazu müsste man gerade in den Plattenbauten ein wenig umbauen, aber das geht". Kaufhold-Thürer verweist darauf, genau das bereits getan zu haben und gibt zusätzlich zwei Dinge zu bedenken: Einerseits, dass eine Wohnungsgesellschaft immer einen Mix an Wohnungen für verschiedene Bedarfe vorhalten muss, andererseits, dass der Wohnungsmarkt trotz Leerstand ein umkämpfter sei.

"Am Ende geht es um Wirtschaftlichkeit. Wenn wir Wohnungen aufwendig renovieren und sanieren, wird am Ende die Miete teurer". Bei der GWG behilft man sich daher mit Angeboten an Mietinteressenten: "Wenn jemand bereit ist, eine Wohnung mit Schönheitsfehlern anzumieten, fragen wir ab, ob die Person vielleicht selbst renovieren kann gegen ein Entgegenkommen bei der Kaltmiete. In anderen Fällen zeigen wir uns großzügig etwa mit Baumarktgutscheinen."

Große Investitionen gegen leerstehende Wohnungen

Fakt ist: Jede einzelne leerstehende Wohnung schmeckt der Stadt nicht – steht sie doch für entgangene Steuereinnahmen. Bei der HWG werden deshalb bis zu 40 Millionen Euro jährlich für die Sanierung in die Hand genommen, besonders in Heide-Nord und der Silberhöhe. Aufzüge und energetische Sanierungen sollen ihr Übriges tun.

Bock verweist auch auf Modellprojekte von bundesweiter Strahlkraft, etwa im Quartier Halle-Glaucha, sowie der südlichen und nördlichen Innenstadt. Hier würden bis heute Fördermittel bereitgestellt, um Leerstands- und Verfallproblemen zu begegnen. Fast 100 gründerzeitliche Gebäude und Altbauten konnten so gerettet werden.

Peter Scharz vom Mieterrat sieht in all den Problemen auch einen Vorteil: "Die Rufe nach mehr sozialem Wohnungsbau können wir getrost überhören, wir haben in Halle genug davon." Robert Schultz vom Deutschen Mieterbund Halle ergänzt: "Nach dem neuen Mietspiegel, den wir als Befriedungselement zwischen Mietern und Vermietern sehen, werden in den kommenden Jahren weniger die Grundmieten, als die Nebenkosten weiteren Diskussionsbedarf erzeugen".

Der Wohnungsmarkt in Halle biete kaum Grund zur Panik, allerdings seien sämtliche Akteure gefragt, die "schleichende Segregation in einzelnen Teilmärkten in den Griff zu bekommen und die Soziale Durchmischung in den Quartieren zu sichern".

MDR (Marc Weyrich, Hannes Leonard)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 11. Dezember 2024 | 08:30 Uhr

10 Kommentare

hinter-dem-Regenbogen vor 4 Wochen

Nachtrag

Insgesamt entwickelt sich in Deutschland eine Kultur, in der die Menschen für "Nichts" bezahlen.
So bezahlen die Menschen schon für Luft (CO²) , für EEG und Durchleitungsgebühren, für einen "planbaren Klimawechsel" , für Anliegerparkgebühren oder aber auch für leerstehende Wohnungen.

Wer dieses eingenommene Geld bekommt , bzw. wofür das gebraucht wird, dass muß ich hier nicht erklären.

hinter-dem-Regenbogen vor 4 Wochen

Eigentlich wollte ich nur auf die verfälschende Aussage eines Mietenspiegel hinweisen.

Antwort-
Der Mietenspiegel bestimmt über die Ertragsmöglichkeiten eines Grundstücks oder einer Immobilie. Der Spiegel wird von Amtswegen "gepflegt". Er sichert das Mietenspektrum auf einem hohen Niveau, zu Gunsten von Wohnungsgesellschaften usw.

Die Grundstücksteuer errechnet sich neuerlich aus einem Bodenrichtwert, welcher sich wiederum aus der Summe aller Bodenverkäufe errechnet - - zusätzlich gibt es jetzt den "Zwang" , die Ertragsmöglichkeiten einer Immobilie, in diesen Bodenrichtwert mit einzurechnen.
Nicht die realen Mieteinnahmen, sondern die so errechneten, in der Regel fiktive Mieteinnahmemöglichkeiten, bestimmen über die Berechnung der Grundsteuer für den Einzelnen, auch den kleinen Grundstückseigentümer, welcher nicht vermietet.

In dem Artikel fehlt, wieviel die BesitzerGesellschaft an Kosten für den Leerstand aufwenden muß und wer das, dank dem Mietenspiegel, mitbezahlen muß.

Roy_Bianco vor 4 Wochen

Wie immer wenn es um Halle geht, komplett tendenzös und es wird versucht sie Stadt in eine Ecke zu denken. Vor kurzem erst mit der Verschuldung, wo es hieß MD hat nur 25 Mio Euro Schulden und Halle 300 Mio. Wobei man natürlich nicht die Gesamtschulen verglichen hat sondern die Liquiditätskredite...
Auch hier wieder nur eine absolute Zahl in den Raum gestellt aber viel zu wenig auf die räumlichen Unterschiede im Stadtgebiet eingegangen. Der Leerstand ist ein Problem der Platte und der privaten Eigentümer die ihre Häuser verloddern lassen. Wer sein Haus pflegt, der findet auch in Halle gute Mieter.

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