Zweifel an ZensusBrief-Versand gestartet: Halle zählt seine Einwohner
Der Zensus 2022 geht davon aus, dass knapp 17.000 Menschen weniger in Halle wohnten, als angenommen. Weil dieser Bevölkerungsschwund zu Einnahmeausfällen von bis zu 15 Millionen Euro führt, zählt die Stadt nun selbst nach.
- Die Stadt Halle hat begonnen, ihre Einwohner zu zählen.
- Laut Zensus 2022 sollen in Halle knapp 17.000 Menschen weniger wohnen als angenommen.
- Nach einer Überprüfung des Melderegisters zweifelt die Stadt das an.
Am Montag hat die Stadt Halle damit begonnen, ihre Einwohner neu zu zählen. Wie die Verwaltung mitteilte, sollen nach und nach alle über 243.000 im Melderegister gelisteten Einwohner einen Brief bekommen. Reagieren müssen die Hallenser nicht auf die Schreiben. Laut Verwaltung soll anhand der als unzustellbar zurückgesendeten Briefe ermittelt werden, wie viele Einwohner Halle tatsächlich verloren hat.
Halle hält Zensus-Ergebnisse für falsch
Hintergrund ist, dass die Stadt die Ergebnisse des Zensus aus dem Jahr 2022 für falsch hält. Danach sollen knapp 17.000 weniger Menschen in Halle leben als im Melderegister der Stadt aufgelistet sind. Dieses Minus würde aber auch bedeuten, dass Halle pro Jahr rund 15 Millionen Euro weniger an Finanzzuweisungen vom Land bekommt.
Trotz geringerer Einnahmen müsste die Stadt die Infrastruktur und die Dienstleistungen jedoch für die tatsächliche Einwohnerzahl sicherstellen. Die Stadt Halle behält sich daher vor zu klagen, wenn es bei der gravierenden Abweichung bleibt. Bürgermeister Egbert Geier (SPD) hatte Anfang August erklärt, eigene Überprüfungen des Melderegisters sowie der Abgleich mit den Steuerdaten zeigten, dass deutlich mehr Menschen in Halle wohnen, als der Zensus ergeben hat.
Zensus: Sechs Prozent weniger Hallenser
Als weiterer Beleg wurden die Wahlen zwischen 2019 und 2024 herangezogen. Dabei werden die Wahlbenachrichtigungen gezählt, die nicht zugestellt werden konnten: Die größte Abweichung betrug in diesem Jahr bei der Europa- und Kommunalwahl rund 3.300 Menschen. Laut Zensus leben in Halle nur noch 226.586 Menschen – etwa sechs Prozent weniger als ursprünglich angenommen. Das Melderegister weist 243.453 Einwohner aus.
Der Finanzausschuss hat am 20. August die Finanzierung der von der Stadtverwaltung vorgeschlagenen Aktion "Halle (Saale) zählt selbst!" in Höhe von rund 150.000 Euro beschlossen. "Ich freue mich, dass die Ausschussmitglieder dem Vorschlag der Verwaltung gefolgt sind", sagte Bürgermeister Geier anschließend. Er sei überzeugt, dass die Zahlen der Volkszählung 2022 nicht plausibel seien.
Das ist der Zensus 2022Mit dem Zensus wird ermittelt, wie viele Menschen in Deutschland leben und wie sie wohnen und arbeiten. Dazu wurden zum Stichtag 15.05.2022 alle Einwohnerinnen und Einwohner Deutschlands gezählt. Genutzt wurden dafür Meldedaten aus den Registern der öffentlichen Verwaltung, beispielsweise den Einwohnermeldeämtern. Diese Angaben sind aber allein nicht präzise genug, da manche Personen nicht an ihrem Wohnort gemeldet sind, andere wiederum noch im Register stehen, aber umgezogen oder bereits verstorben sind.
Um diese "Fehlbestände" und "Karteileichen" zu korrigieren, wurden beim Zensus 2022 eine Reihe von zusätzlichen Maßnahmen ergriffen. Unter anderem wurde ein Teil der Bevölkerung auch direkt befragt. Zudem fand bei allen Wohnheimen und Gemeinschaftsunterkünften – zum Beispiel Alten- oder Kinderheimen – eine Vollerhebung statt, da aufgrund hoher Fluktuation und unzureichenden Meldeverhaltens überdurchschnittlich viele Falschangaben in den Registern vermutet wurden.
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MDR (Steffen Lipsch, Marc Weyrich, Fabienne von der Eltz, André Plaul, Hannes Leonard) | Zuerst veröffentlicht am 5. August 2024
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 21. August 2024 | 07:30 Uhr
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