FestwocheKinofilme aus Halle: Produktionsfirma 42film feiert Jubiläum
Ab Donnerstag feiert die Filmproduktionsfirma 42film aus Halle ihr 20-jähriges Bestehen. Nach Anfängen mit regionalen Dokumentationen hat sich das Unternehmen zu einem internationalen Produktionspartner mit regionaler Anbindung entwickelt. Bei der Festwoche vom 5. bis zum 11. Dezember 2024 im Puschkino werden Dokumentar- und Spielfilme gezeigt. Im Interview mit MDR KULTUR sprach Eike Goreczka, einer der beiden geschäftsführenden Gesellschafter, über anstrengende Drehs und darüber, warum ein Film "brutal gescheitert" ist.
MDR KULTUR: Die Geschichte von 42film begann mit Dokumentarfilmen von Mario Schneider, einem sehr erfolgreichen Filmkomponisten und Autor – und Mit-Gründer. Was hat er richtig gemacht?
Eike Goreczka: Wir haben mit Dokumentarfilmen angefangen, die sehr stark hier in der Region verankert waren: "Helbra" (2004) zum Beispiel und "Heinz und Fred" (2007). Tolle Filme, die hauptsächlich die Menschen im Mansfelder Land porträtiert haben. Sie haben auch ein Stück weit eine Region auf die Landkarte nach Deutschland gebracht, die man vielleicht nicht so kannte. Durch Elsterglanz kennen das Mansfelder Land nun mehr Leute, aber damals gab es Elsterglanz noch nicht.
Und dann gab es bald große Veränderungen in Richtung Fernseh- und Kinofilme. Was war das für ein Weg?
Wir haben überlegt: An einem Dokumentarfilm arbeitet man drei Jahre. Und wenn man zu dritt oder viert eine Firma betreibt, dann braucht man auch andere Projekte. Also haben wir angefangen, uns in der Welt umzuschauen und zu gucken, mit wem wir Filme machen können. Wir sind dann darauf gekommen, dass Koproduktionen eine spannende Sache wären – internationale Koproduktionen, vor allem mit Osteuropa. Wir sind viel herumgereist und haben Projekte aus aller Welt akquiriert, die wir dann in Mitteldeutschland mit umgesetzt haben, weil uns die Geschichten einfach so berührt haben und weil sie so stark waren.
42filmDer Firmenname ist eine Anspielung auf das Buch von Douglas Adams "Per Anhalter durch die Galaxis". Dort heißt die Antwort auf alle Fragen: 42.
Welche Meilensteine gab es in den 20 Jahren seit der Gründung von 42film?
Meilensteine sind sicherlich Produktionen wie "Nationalstraße" (2019) nach dem Roman von Jaroslav Rudiš. Den Film haben wir zusammen mit dem Kleinen Fernsehspiel und der tschechischen Filmförderung gemacht. Diese deutsch-tschechische Koproduktion ist ein toller Film. Doch leider: Wir haben den Film ins Kino gebracht, nachdem Corona langsam vorbei ging, zumindest der erste Lockdown – und sind brutal gescheitert, weil niemand ins Kino gehen wollte.
Wir zeigen auch einen Film, den wir in Jakutsk gedreht haben: "Nanouk", der 2018 auf der Berlinale im Wettbewerb lief, eine bulgarisch-deutsch-französische Koproduktion. Der Spielfilm schildert das Leben einer traditionellen Rentierhirten-Familie. Das war ein Film, den wir unter widrigsten Bedingungen produziert haben. Wir haben wirklich bei unmöglichsten Temperaturen, in größter Kälte, gedreht.
Ein Highlight war sicherlich auch "Coney Island" (2014), womit wir bei dem internationalen Festival Karlovy Vary den Hauptpreis gewonnen haben. Das war ein georgisch-deutsch-tschechisch-französisch-kasachischer Film. So viele Leute verschiedenster Nationalitäten habe ich nie wieder an einem Set gesehen. Es war wirklich fantastisch. Wir haben extra eine Insel in einen Stausee reingebaut. Es war quasi die Geschichte einer Insel im Grenzland, wo die Frage steht: Wem gehört die Insel eigentlich?
Fernsehen haben Sie auch im Portfolio: Clemens Meyer und Thomas Stuber haben Polizeiruf-Drehbücher für Sie geschrieben. Wie entwickelt sich das?
Wir haben haben zwei wunderbare Polizeirufe gemacht, die Clemens Meyer und Thomas Stuber gemeinsam geschrieben haben. Und wir werden hoffentlich im nächsten Jahr einen weiteren machen. Beim halleschen Polizeiruf mit Peter Kurth und Peter Schneider wird es noch eine Folge geben, da der erste Fall gar nicht aufgelöst wurde. Den müssen wir jetzt auflösen.
Sie haben auch eine Serie zum Anschlag in Halle im Jahr 2019 gemacht. War das für Sie als hallesche Firma eine besondere Angelegenheit?
Wir waren alle in irgendeiner Weise davon betroffen. Und es war uns wichtig, dass wir darüber etwas machen. Als es hieß, dieses Ereignis wird sich wieder jähren, haben wir angefangen, eine Doku-Serie dazu zu entwickeln. Wir sind sehr froh, dass wir das hier vor Ort umsetzen konnten, mit Leuten, die den Diskurs kennen, die auch wissen, wie sich die Stadt verändert hat und welche anderen Diskussionen jetzt plötzlich da sind. Uns war wichtig, dass das nicht von außen erzählt wird.
Was ist für die Festwoche zum 20-jährigen Jubiläum von 42film in Halle geplant?
Es gibt Kino und Gespräche im Puschkino. Wir gucken uns gemeinsam an sieben Tagen mehr als sieben Filme an und werden mit dem Publikum danach hoffentlich noch Gespräche führen können. Wir haben auch eine Premiere am Dienstag – der neuste Film von Bohdan Sláma. Und danach feiern wir ein bisschen.
Mehr zur Festwoche
Vom 5. bis 11. Dezember ist im Puschkino Halle, Kardinal-Albrecht-Straße 6, eine Auswahl von Filmen zu sehen, die 42film produziert hat. Bei einigen Vorführungen werden auch Regisseure und Schauspieler anwesend sein.
5. Dezember, 19 Uhr: "Nationalstraße"
6. Dezember, 19 Uhr: "Farewell Halong"
7. Dezember, 19 Uhr: "Lemonade"
8. Dezember, 17 Uhr: "Nanouk"
9. Dezember, 18 Uhr: "Uta"
10. Dezember, 18 Uhr: "Trockenzeit"
11. Dezember, 19 Uhr: "Das zweite Geschenk" und "Der letzte Gast"
Die Fragen stellte MDR KULTUR-Moderator Thomas Bille.
redaktionelle Bearbeitung: lk
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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 05. Dezember 2024 | 07:10 Uhr