Fragen und Antworten Der Bergbau im Mansfelder Land – Geschichte, Technik und Folgen
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09. Mai 2025, 17:49 Uhr
Das Mansfelder Land galt bis 1990 als eines der größten Kupfer- und Silberreviere Europas. Der Bergbau prägte die gesamte Region. Mit der Wende verschwanden die Hütten, die Folgen des Bergbaus bleiben bis heute. Hier finden Sie Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Inhalt des Artikels:
- Wann begann der Bergbau im Mansfelder Land und wann endete er?
- Welche Bedeutung hatte der Abbau für die Region und wie viel wurde gefördert?
- Was waren die wichtigsten Schächte der Region?
- Was ist Kupferschiefer und wie wurde daraus Kupfer gewonnen?
- Wofür wurde das Mansfelder Feuerraffinat verwendet?
- Wie viele Menschen arbeiteten im Bergbau?
- Was für Folgen hat der Bergbau für die Umwelt in der Region?
Wann begann der Bergbau im Mansfelder Land und wann endete er?
Der Kupferschieferbergbau im Mansfelder Land erstreckte sich über einen Zeitraum von rund 800 Jahren, von den Anfängen um 1200 bis zur endgültigen Stilllegung im Jahr 1990. In dieser Zeit entwickelte sich die Region zu einem bedeutenden Zentrum der Kupfer- und Silberproduktion in Europa. Folgend ein kurzer Überblick.
- Frühe Phase (zirka 1200–1500)
In einem Beitrag von Bergbauexperte Rainer Spilker zum 800. Jubiläum der Bergbauregion Mansfelder Land findet sich ein geschichtlicher Überblick der Entwicklung des Reviers. Der Legende nach begann der Bergbau um 1199/1200 auf dem Kupferberg bei Hettstedt, als die Bergleute Nappian und Neucke Kupferschiefer entdeckten. Anfänglich wurde das Erz im sogenannten Duckelbergbau oberflächennah abgebaut. Mit fortschreitender Erschöpfung der oberflächennahen Lagerstätten begannen ab dem 15. Jahrhundert tiefere Abbauarbeiten, was den Einsatz von Entwässerungsstollen erforderlich machte. So wurde beispielsweise der Roßstollen ab 1511 aufgefahren, um das eindringende Grundwasser abzuleiten.
- Technischer Fortschritt und Expansion (16. bis 19. Jahrhundert)
Im 16. Jahrhundert erlebte der Bergbau eine Blütezeit. 1571 existierten bereits etwa 130 Schächte mit rund 1.500 Bergleuten. Die Einführung von Entwässerungsstollen wie dem Gonnaer Stollen (ab 1544) ermöglichte den Abbau in größeren Tiefen. Im 18. Jahrhundert wurde die erste Dampfmaschine nach Wattscher Bauart im Burgörner Revier eingesetzt, was die Effizienz des Bergbaus weiter steigerte.
Im 19. Jahrhundert wurden tiefere Schächte niedergebracht, und die Einführung von Pressluftwerkzeugen sowie Sprengarbeiten verbesserten die Gewinnungstechniken.
- Industrialisierung und Höchstförderung (1850–1950)
Die Industrialisierung führte zu einer erheblichen Steigerung der Fördermengen. Zwischen 1850 und 1950 wurden etwa 55,5 Millionen Tonnen Erz mit 1.520.400 Tonnen Kupfer und 8.655 Tonnen Silber gefördert. 1899 erreichte die Kupferförderung mit 24.841 Tonnen ihren Höhepunkt. Die Mansfeld AG für Bergbau- und Hüttenbetrieb wurde 1921 gegründet und spielte eine zentrale Rolle in der regionalen Wirtschaft.
- DDR-Zeit und Stilllegung (1951–1990)
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Bergbau verstaatlicht und in volkseigene Betriebe überführt. Die Förderung verlagerte sich zunehmend in das Sangerhäuser Revier, wo neue Schächte wie der Thomas-Münzer-Schacht (ab 1951) und der Bernard-Koenen-Schacht (ab 1958) niedergebracht wurden. Trotz technischer Modernisierungen führten wirtschaftliche Probleme und sinkende Erzqualitäten zur schrittweisen Stilllegung. Die letzte Kupferschieferförderung erfolgte am 30. September 1990.
Welche Bedeutung hatte der Abbau für die Region und wie viel wurde gefördert?
Dem Beitrag von Bergbauexperte Rainer Spilker zufolge wurden im Mansfelder Land von Beginn des Bergbaus um 1200 bis zur Stilllegung 1990 insgesamt rund 2,63 Millionen Tonnen Kupfer und 14.213 Tonnen Silber gefördert. Die Region zählt damit zu den größten Silberlagerstätte Europas. In den klassischen Revieren des Silberbergbaus Deutschlands mit den Zentren im Harz und im Erzgebirge wurden Spilker zufolge in der gesamten Produktionszeit nur etwa 10.600 Tonnen Silber gewonnen.
Die Fördermengen verteilten sich über die Jahrhunderte wie folgt:
- 1200–1849: Etwa 290.300 Tonnen Kupfer und 1.465 Tonnen Silber.
- 1850–1950: Rund 1.520.400 Tonnen Kupfer und 8.655 Tonnen Silber.
- 1951–1990: Ungefähr 818.300 Tonnen Kupfer und 4.093 Tonnen Silber.
Heute erinnern zahlreiche technische Denkmale, Museen und Schaubergwerke an die lange Bergbautradition des Mansfelder Landes. Der Röhrigschacht in Wettelrode beispielsweise beherbergt ein Bergbaumuseum und bietet Führungen durch die historischen Grubenanlagen an.
Was waren die wichtigsten Schächte der Region?
Schächte in der Mansfelder Mulde:
- Otto-Schächte I–V (1865–1911) – Wimmelburg
- Niewandt-Schächte I–II (1866–1913) – Siersleben
- Freiesleben-Schächte I–III (1868–1917) – Leimbach
- Zirkel-Schacht (1891–1927/1970) – Klostermansfeld
- Ernst-/Walter-Schneider-Schächte I–IV (1864–1966) – Helbra
- Clotilde-/Max-Lademann-Schacht (1879–1964) – Eisleben
- Hohental-/Hans-Seidel-Schächte I–II (1887–1958/1970) – Helbra
- Paul-/Otto-Brosowski-Schacht (1900–1969) – Augsdorf
- Vitzthum-/Ernst-Thälmann-Schacht (1906–1962) – Siersleben
- Wolf-/Fortschritt-Schacht I (1906–1967) – Volkstedt
- Dittrich-/Fortschritt-Schacht II (1907–1960) – Unterrißdorf
Wichtige Schächte in der Sangerhäuser Mulde:
- Schacht Sangerhausen / Thomas-Münzer-Schacht (1944–1990)
- Schacht Niederröblingen / Bernard-Koenen-Schacht I (1952–1990)
- Schacht Nienstedt / Bernard-Koenen-Schacht II (1956–1990)
- Bohrschacht Mönchpfiffel (1974–1990)
- Bohrschächte Brücken I–II (1969/1972–1988)
- Röhrigschacht (1871–1956/1990, seit 1991 Besucherbergwerk) – Wettelrode
Was ist Kupferschiefer und wie wurde daraus Kupfer gewonnen?
Die Gewinnung von Kupfer aus Kupferschiefer war über Jahrhunderte hinweg ein prägender Industriezweig im Mansfelder Land. Eine besonders bedeutende Rolle spielte dabei das sogenannte Mansfelder Feuerraffinat – ein durch aufwendige metallurgische Verfahren gewonnenes, hochwertiges Kupfer, das vor allem für elektrische Anwendungen stark nachgefragt war.
Der Ausgangspunkt war der Kupferschiefer, ein Gestein mit einem vergleichsweise geringen Kupfergehalt von etwa einem bis drei Prozent. Nach dem Abbau wurde das Erz in Schmelzhütten verarbeitet. In einem ersten Schritt entstand Rohkupfer, das jedoch noch zahlreiche Verunreinigungen wie Schwefel, Eisen, Silber oder Nickel enthielt.
Dieses Rohkupfer wurde anschließend in einem Raffinationsherd erneut eingeschmolzen. Durch gezielte Sauerstoffzufuhr oxidierten die unerwünschten Begleitelemente und konnten so entfernt werden. Das Ergebnis war ein hochreines, formbares Kupfer mit rund 99,5 Prozent Reinheit – das Mansfelder Feuerraffinat.
Wofür wurde das Mansfelder Feuerraffinat verwendet?
Mit der zunehmenden Elektrifizierung ab dem 19. Jahrhundert stieg die Nachfrage nach hochleitfähigem Kupfer sprunghaft an. Mansfelder Feuerraffinat war hierfür bestens geeignet und wurde unter anderem in Stromleitungen, Elektromotoren und Transformatoren eingesetzt. Ab 1938 wurde in Mansfeld auch Elektrolytkupfer produziert, das durch elektrochemische Verfahren noch höhere Reinheitsgrade erreichen konnte. Dennoch hielt sich das traditionelle Feuerraffinat in der DDR – nicht zuletzt aus Gründen der industriellen Kontinuität – noch bis weit ins 20. Jahrhundert.
Die Weiterentwicklung der Verhüttungstechnologien und der gesellschaftliche Bedarf führten dazu, dass neben Kupfer auch eine Vielzahl weiterer Produkte aus dem Mansfelder Kupferschiefer gewonnen wurde. Dazu gehörten:
- Silber (als Zementsilber und später als Elektrolytsilber),
- Gold, Blei, Cadmium, Platin, Palladium, Nickel, Germanium, Thallium,
- Schwefelsäure, Jod, Zinkoxid, Bleimennige,
- sowie zahlreiche Schlackeprodukte wie Pflaster- und Bauformsteine, die ab 1873 industriell genutzt wurden.
Später, insbesondere in der DDR, ergänzte das Kombinat die Palette durch Erzeugnisse wie Kaliprodukte, Aluminium- und Eisenhalbzeuge, sowie Konsumgüter – von Schulmöbeln bis hin zum legendären Mansfeld-PC.
Was sind die Pyramiden des Mansfelder Landes?
Die sogenannten Pyramiden des Mansfelder Landes sind markante Abraumhalden des historischen Kupferschieferbergbaus in Sachsen-Anhalt. Sie befinden sich insbesondere in der Umgebung der Lutherstadt Eisleben. Diese Halden entstanden durch die Aufschüttung von taubem Gestein, das beim Kupferabbau anfiel, und erhielten aufgrund ihrer charakteristischen Spitzkegelform den Beinamen "Pyramiden".
Die höchste Halde ist mit 153 Metern die des Fortschritt-Schachtes bei Eisleben. Sie ist 14,25 Meter höher als die Cheops-Pyramide, die höchste in Ägypten.
Die Besteigung der Pyramiden ist aus Sicherheitsgründen nur im Rahmen organisierter Führungen möglich. Solche Führungen werden beispielsweise vom "Verein Mansfelder Berg- und Hüttenleute e. V." oder der Rosenstadt Sangerhausen GmbH angeboten.
Wie viele Menschen arbeiteten im Bergbau?
Der Kupferschieferbergbau prägte das Mansfelder Land über Jahrhunderte wirtschaftlich, technologisch und sozial. Vom Mittelalter bis zur Stilllegung der letzten Gruben Anfang der 1990er-Jahre war die Region eines der bedeutendsten Kupferreviere Europas.
Beschäftigtenzahlen:
- Um 1900 waren etwa laut Historiker Rolf Dieter Lohlker 10.000 Menschen im Revier tätig.
- In der Hochphase der DDR (1970er- bis 1980er-Jahre) beschäftigte das Kombinat Mansfeld "Wilhelm Pieck" laut Statistischem Jahrbuch der DDR von 1989 bis zu 45.000 Mitarbeiter in Bergbau, Hüttenwesen, Maschinenbau und Verarbeitung.
- Die Region war vollständig vom Bergbau geprägt. In vielen Orten arbeiteten bis zu 70 Prozent der Bevölkerung in direkter oder indirekter Verbindung mit dem Bergbau. (Rolf Dieter Lohlker: Der Kupferschieferbergbau zwischen Lutherstadt Eisleben und Sangerhausen, Leipzig 2006).
Was hatte der Bergbau in der Region für eine Bedeutung für die Wirtschaft?
Der Bergbau im Mansfelder Land war über Jahrhunderte ein zentraler Wirtschaftsfaktor in Mitteldeutschland. Zwischen dem 13. Jahrhundert und 1990 war das Gebiet eines der bedeutendsten Kupferreviere Europas. Die Industrie entwickelte sich im Laufe der Zeit stark weiter: Neben Kupfer in verschiedenen Formen (z. B. Draht, Platten, Elektrolytkupfer ab 1938) wurden auch Edelmetalle wie Silber, Gold, sowie diverse chemische und metallurgische Nebenprodukte wie Zinkoxid, Bleimennige, Schwefelsäure, Jod, Thallium, Cadmium, Nickelsulfat, Germanium, Rhenium, Molybdän, Platin und Palladium gewonnen. Zudem verwertete man Hüttenabfälle als Schlackebaustoffe.
Die regionale Wirtschaft war nahezu vollständig vom Bergbau abhängig. Nach der Wende verloren Tausende Menschen durch die Schließung der Anlagen ihre Arbeit.
Was für Folgen hat der Bergbau für die Umwelt in der Region?
Mehr als 800 Jahre Kupferschieferbergbau haben das Mansfelder Land nicht nur wirtschaftlich geprägt, sondern auch tiefgreifende Spuren in der Umwelt hinterlassen. Bis heute ist die Region mit den Folgen einer industriellen Vergangenheit konfrontiert, deren ökologische Kosten noch Generationen beschäftigen werden.
Eines der größten Probleme stellt die Schwermetallbelastung von Böden und Gewässern dar. Durch jahrhundertelange Verhüttung, das unkontrollierte Ablagern von Schlacken und das Einleiten von Prozessabwässern gelangten erhebliche Mengen an Kupfer, Blei, Zink, Cadmium und Arsen in die Umwelt. Besonders betroffen sind die Flüsse Helme und Böse Sieben sowie die Böden rund um Eisleben, Helbra und Siersleben. Das Umweltbundesamt spricht in seinem Bericht von 2006 von einer "großräumigen Kontamination der Landschaft – mit Auswirkungen, die bis heute messbar sind".
Auch das Landschaftsbild wurde dauerhaft verändert: Die kilometerweiten Abraumhalden, oft bis zu 150 Meter hoch, erinnern als sogenannte "Pyramiden des Mansfelder Landes" an die industrielle Epoche – und an ihre ökologischen Schattenseiten. Wind- und Wassererosion transportieren feine Staubpartikel mit Schwermetallanteilen in die Umgebung. Schwefeldioxid, Arsen und Blei gelangen mit dem Wind in die Quartiere der Menschen vor Ort und verursachten zahlreiche schwere Krankheiten.
Ein weiteres Problemfeld stellt die Grubenflutung nach der Stilllegung des Bergbaus dar. Seit 1970 in der Mansfelder Mulde und 1992 in der Grube Sangerhausen wurden stillgelegte Schächte und Stollen geflutet, wodurch mit Schwermetallen belastetes Grubenwasser ins Grundwasser einsickerte. Laut dem Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt erfolgten viele dieser Flutungen "ungeregelt", was die Ausbreitung toxischer Stoffe begünstigte. "Die toxischen Bestandteile gefährden noch heute das Umland über diffuse Ausbreitungswege", heißt es im Altbergbaubericht von 2009.
In den 1990er-Jahren begannen groß angelegte Sanierungsmaßnahmen, etwa die Sicherung und Begrünung von Halden, der Bau von Reinigungsanlagen für kontaminiertes Wasser sowie die Abdichtung von Altlasten-Deponien. Dennoch warnt die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LMBV) in einem Bericht von 2016: "Die vollständige Sanierung wird Jahrzehnte dauern – und selbst dann bleiben Ewigkeitskosten bestehen."
MDR (Moritz Arand)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 09. Mai 2025 | 08:30 Uhr