Zehn Meter Durchmesser Erdfall in Riethnordhausen: "Können nicht ausschließen, dass Sie das Haus verlieren"

23. Juni 2022, 14:28 Uhr

Der Erdfall in Riethnordhausen vom Freitag kann sich jederzeit vergrößern. Im Landkreis Mansfeld-Südharz hatte sich zwischen Wohnhäusern ein Loch von zehn Metern Durchmesser aufgetan. Um das angrenzende Haus eines Rentner-Ehepaares zu retten, soll der Erdfall nächste Woche verfüllt werden.

Nach dem Erdfall in Riethnordhausen im Landkreis Mansfeld-Südharz bleibt das betroffene Wohnhaus weiter gesperrt. Wie Geotechniker Bernd Aberle MDR SACHSEN-ANHALT vor Ort sagte, ist Eile geboten – das Haus drohe weiter abzusacken. "Das große Problem: Die Fundamente hängen frei. Wir haben einen sehr instabilen Zustand", so Aberle.

Das ist ein Erdfall Bei einem Erdfall handelt es sich um den Zusammenbruch natürlicher unterdischer Hohlräume. Durch den größten Erdfall in Sachsen-Anhalt ist der Arendsee entstanden. Gehäuft kommen Erdfälle unter anderem am Rand des südlichen Harzes vor.

Auf dem Grundstück des betroffenen Rentner-Ehepaares hatte es am Mittwoch einen Vor-Ort-Termin mit Versicherung, Bausachverständigem, der Unteren Bauaufsichtsbehörde des Landkreises Mansfeld-Südharz sowie Geotechniker Bernd Aberle gegeben.

Loch soll schnell verfüllt werden

Geotechniker Aberle sagte dem 70-Jährigen, sichtlich mitgenommenen Hausbesitzer: "Sie müssen damit rechnen, dass diese Mauer noch einstürzt. Und wir können im Moment nicht ausschließen, dass Sie das Haus komplett verlieren." Deswegen müsse jetzt so schnell wie möglich gehandelt werden. Am Montag soll der Erdfall mit Kies verfüllt werden. Etwa 20 bis 40 Lkw-Ladungen sind geplant. Doch der Erdfall könne sich auch noch vergrößern.

Zehn Meter breit, sechs Meter tief

Das Landesamt für Geologie und Bergwesen (LAGB) erklärte auf Anfrage von MDR SACHSEN-ANHALT, der Erdfall habe einen Durchmesser von zehn und eine Tiefe von sechs Metern. Vom Erdfall sind demnach drei Grundstücke und mehrere Gebäude unmittelbar betroffen. Die Giebelwand des Wohnhauses des Rentner-Ehepaares sowie die Rückwand eines angrenzenden Gebäudes stehen bis zum Fundament frei. Eine Garage ist bis auf die Rückwand in den Erdfall gestürzt. Verletzt wurde jedoch niemand.

Der 70-jährige Hausbesitzer sagte MDR SACHSEN-ANHALT resigniert: "Dieser Erdfall fing ganz harmlos an und innerhalb von zwölf Stunden war da dieses Loch entstanden. Die Tiefe war nicht erkennbar, es war mit Wasser gefüllt. Die Feuerwehr hat alles abgesperrt. Wir standen hinter der Absperrung und haben zugeschaut." Er hofft, dass nicht noch Schlimmeres geschieht und er und seine Frau in ihr Haus zurückkehren können. "Wichtig ist das Haus", sagte er.

Glücklicherweise ist die Familie versichert – auch gegen Erdfälle. Die Versicherung spricht von einem "Großschaden", Schätzung momentan 50.000 bis 100.000 Euro.

Auch im Ort sind die Menschen betroffen. "Das beschäftigt alle, es sind alle betroffen, weil wir die Eheleute sehr gut kennen", sagte Rentnerin Ilona Klein, die hier seit 1952 wohnt. Unterschlupf hätten die beiden in einer Wohnung bekommen. Und Verkäuferin Yvonne Dedeke sagte: "Auf alle Fälle beschäftigt es die Menschen, es hat jeder irgendwo Angst, dass es einen selber noch betrifft."

Region für Erdfälle bekannt

In Riethnordhausen und Umgebung gibt es viele alte Erdfälle. Geotechniker Bernd Aberle sagte, er habe allein in zwei Kilometern Umkreis ungefähr 15 Erdfälle gezählt. Der Bergbau sei seiner Einschätzung nach aber nicht dafür verantwortlich.

Seine Erklärung: Unter Riethnordhausen gebe es in hunderten Metern Tiefe Salz. "Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist durch eine Störung eine Verbindung hergestellt worden zwischen der Oberfläche und dieser Salzlage", so Aberle. Wasser löse das Salz, zirkuliere, und so entstehe ein unterirdischer Hohlraum. Der sei erst einmal stabil. "Aber wenn weitere Lösungserscheinungen vorkommen, wächst dieser Hohlraum wie eine Blase langsam nach oben und kommt, wie hier an dieser Stelle, an der Oberfläche an."

Laut Geotechniker Bernd Aberle können Erdfälle in der Region immer wieder vorkommen. "Der letzte große Erdfall von 1860 war nur ein paar Meter von hier entfernt. Die Straße dort selber heißt Erdfall. Und dieser Name ist nicht zufällig gewählt worden."

Wie genau es zu dem Unglück kommen konnte, wird derzeit vom LAGB untersucht.

MDR (Fabian Brenner, Robert Blömeke, Luise Kotulla, Mario Köhne)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 23. Juni 2022 | 19:00 Uhr

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