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Umstrukturierung Helios-KlinikenNotaufnahme in Hettstedt schließt: Weg für Rettungsdienst wird länger

26. November 2022, 16:14 Uhr

Krankenhausbetreiber Helios strukturiert seine Standorte in Mansfeld-Südharz um. Der Krankenhausstandort in Hettstedt verliert seine Notaufnahme, die Angebote werden in Eisleben und Sangerhausen gebündelt. Das hat Folgen für den Rettungsdienst: Die Wege werden länger. Was das für die Notfallversorgung bedeutet: eine Analyse.

Piepsend läuft kurz vor sieben Uhr morgens ein Testprogramm auf dem Display des Beatmungsgeräts im Rettungswagen. Am Notarztfahrzeug nebenan geht ein Sanitäter den Inhalt eines großen Rucksacks durch. Die Kollegen aus der Nachtschicht verabschieden sich in den Feierabend.

Sieben Einsätze gab es für den Rettungsdienst des Arbeiter-Samariter-Bundes in der zurückliegenden Nacht. Ein ganz normaler Wochentag, hier auf der Rettungswache am Rand des Krankenhausgeländes in Aschersleben, am Rand des Salzlandkreises. Das nächste Dorf liegt von hier aus gesehen schon im Nachbarkreis Mansfeld-Südharz.

Morgenroutinen auf der Rettungswache in Aschersleben

Wenn im Januar jedoch im Nachbarkreis in Hettstedt die Notaufnahme schließt und Patienten aus Hettstedt und Umgebung nach Eisleben, Sangerhausen, Aschersleben gebracht werden müssen, dann werden die Wege weiter. Die Rettungsfahrzeuge sind länger unterwegs.

Wenn die Fahrzeuge weg sind, hat der Bürger hier ein Problem.

Daniel Schweigert, Leiter des Rettungsdienstes beim Arbeiter-Samariter-Bund Salzlandkreis

Mitunter wird das auch Fahrzeuge der Rettungswache Aschersleben betreffen. "Im schlimmsten Fall steht das Fahrzeug nicht zur Verfügung für den Bereich hier. Also für den Rettungsdienstbereich", sagt der Leiter des Rettungsdienstes beim Arbeiter-Samariter-Bund Salzlandkreis, Daniel Schweigert, MDR SACHSEN-ANHALT. Im Vorfeld könne man das allerdings nie so genau sagen. "Aber wenn das so sein sollte, dass die Fahrzeuge weg sind, hat der Bürger hier ein Problem."

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Auswirkungen auf Notaufnahme in Aschersleben

Das Rettungswesen im Land ist ein miteinander verzahntes System. Sind Rettungswagen aus einem Bereich gerade unterwegs, muss ein anderer Bereich den Einsatz dort übernehmen.

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Umstrukturierungen eines Standorts betreffen deshalb auch immer die Umgebung. Wenn im Nachbarkreis der private Krankenhausbetreiber Helios seine Standorte umbaut, stellen sich auch Notfallmediziner wie Jörn Duwenkamp in der Notaufnahme in Aschersleben auf Auswirkungen ein. "Wir haben im letzten Monat [Oktober, Anm. d. Red.] schon nachweisbar mehr Zuweisungen über den Rettungsdienst aus dem Bereich Mansfeld-Südharz, also aus der Umgebung Hettstedt erhalten", sagt er im Interview mit MDR SACHSEN-ANHALT. Es sei absehbar gewesen, dass es so kommen würde.

Krankenhauskonzern Helios strukturiert um

Die Kliniken im Landkreis Mansfeld-Südharz betreibt der Krankenhauskonzern Helios. Und Helios baut an einem "standortübergreifenden Gesundheitsnetzwerk". Das Hettstedter Krankenhaus spezialisiert sich auf die Bereiche Psychiatrie und Schmerztherapie. Chirurgie, Innere Medizin, Orthopädie und eben auch eine Notaufnahme wird es dann in Mansfeld-Südharz in Eisleben und Sangerhausen geben.

Spezialisierungen sind gewollt im Gesundheitswesen und nicht ungewöhnlich. Sie sollen unter anderem auch dazu beitragen, die Patientenversorgung zu verbessern. Auch im OP-Saal gilt: Übung macht den Meister. Ärzte, die oft bestimmte Operationen ausführen, haben mehr Erfahrung, Routine und machen weniger Fehler, so die Überlegung. Deshalb gibt es auch seit 2022 für einige Eingriffe bundesweit neue Mindestmengen.

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Einschnitte für Hettstedt

Gesundheitspolitik, Strategien, Pläne für das Gesundheitsnetzwerk, das alles ist weit weg, hier auf dem Marktplatz in Hettstedt. Die Botschaft, die hier ankommt, lautet: Hettstedt verliert etwas. Und zwar einen Anlaufpunkt für Notfallpatienten.

Die Klinik-Umstrukturierung hat den Stadtrat beschäftigt. Es gibt eine Petition für den Erhalt des Klinikstandortes in seiner jetzigen Form. "Wir sind natürlich in Hettstedt enttäuscht, dass das zugemacht wird. Wo wollen wir hin?", sagt ein Anwohner auf die Frage, wie er die Pläne sieht.

Entscheidung zu Krankenhaus fiel nicht in Hettstedt

Entscheidungen über das Krankenhaus in Hettstedt werden jedenfalls nicht im Rathaus getroffen. Hettstedts Bürgermeister Dirk Fuhlert sagt, dass der Einfluss sehr begrenzt sei. "Und natürlich macht eine Stadt auch immer das aus, was sie den Bürgerinnen und Bürgern bietet. Und wenn da jetzt kein Krankenhaus mehr vor Ort ist, ist auch das ein Einschnitt", sagt Fuhlert.

Hettstedts Bürgermeister ist sich zwar sicher, dass die Qualität der medizinischen Versorgung nicht leiden wird. Aber die Wege in die Notaufnahme nach Eisleben, Sangerhausen oder Aschersleben sind trotzdem länger. Auch für Angehörige, die Verwandte im Krankenhaus besuchen wollen. "Die Helios-Klinik hat nur ein Krankenhaus im Landkreis mit drei Standorten", sagt er. Das sei ein entscheidender Unterschied. "Und wie diese Standorte ausgestattet sind, welche Bereiche dort vorgehalten werden, welche Leistungen dort angeboten werden, das ist ganz allein die Entscheidung der Helios-Klinik, der Klinikleitung."

Eigenbetrieb Rettungsdienst braucht mehr Mitarbeitende

Letztlich ist die Umstrukturierung also die Entscheidung eines privatwirtschaftlichen Unternehmens. Eine, auf die der Landkreis aber reagieren muss. Es gibt ein Gutachten zu Auswirkungen auf den Rettungsdienst in Mansfeld-Südharz, den ein Eigenbetrieb des Landkreises anbietet. Betriebsleiter Uwe Treskow plant deswegen, den Rettungsdienst aufzustocken.

In Eisleben und Hettstedt brauche es einen zusätzlichen Rettungstransportwagen. Dort soll außerdem ein weiteres Fahrzeug 24 statt 12 Stunden für Einsätze bereitstehen. Der Grund: Die Fahrzeiten verlängern sich. Und es braucht mehr Personal: 12 zusätzliche Mitarbeiter will der Rettungsdienst einstellen. Ab Januar sollen acht dieser neuen Kollegen ihren Dienst beginnen.

Gesundheits- und Notfallzentrum für Hettstedt und Sangerhausen

Außerdem plant der Landkreis Mansfeld-Südharz ein Regionales Gesundheits- und Notfallzentrum. Der Name des millionenschweren Projektes: "Regent". In Hettstedt und Sangerhausen sollen Arztpraxen und rettungsdienstliche Notfallversorgung unter einem Dach arbeiten. Im April hatten die Planer die Kosten für den Bau in Hettstedt auf etwa 8,5 Millionen Euro und für den Standort Sangerhausen auf etwa neun Millionen Euro geschätzt.

Der Landkreis hat das Notfallzentrum als Förderprojekt eingereicht. Noch ist nicht klar, ob das Vorhaben berücksichtigt wird. Selbst wenn alles klappt, wird es noch dauern, bis das Regionale Notfallzentrum tatsächlich arbeitet.

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Rettungsdienst in Aschersleben rechnet mit mehr Fahrten

Selbst wenn alle Vorkehrungen für einen schnellen Transport hin zum nächsten geeigneten Krankenhaus geplant sind, bleibt für Patienten noch der Rückweg. Und den muss unter Umständen auch der ASB in Aschersleben absichern.

Dort befürchtet Rettungsdienstleiter Schweigert mehr Fahrten, wenn Patienten aus Pflegeheimen im Hettstedter Bereich in Aschersleben eingewiesen werden. "Und somit ist unsere Befürchtung, dass wir da ein steigendes Einsatzaufkommen haben und die Rettungsmittel vielleicht teilweise hier nicht so zur Verfügung stehen, wie wir uns das wünschen", erklärt er. Planen lasse sich das nicht. Denn wie sich das Einsatzaufkommen ab 2023 entwickelt, wird sich erst noch zeigen.

Kurz nachdem die Rettungskräfte hier in Aschersleben ihre Geräte überprüft haben, geht wieder der Pieper. Ein neuer Notfall.

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MDR (Tom Gräbe)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 26. November 2022 | 12:00 Uhr