Zugausfälle zwischen Halle und KasselDeutsche Bahn und Abellio offenbaren Hilflosigkeit auf allen Ebenen
Zwischen Halle und Kassel ist es in den vergangenen Wochen immer wieder zu Zugausfällen und Verspätungen gekommen. Schuld ist wieder einmal die Bahn: Es gibt nicht genug Personal für die Stellwerke. Abellio hat den schwarzen Peter - und kann nicht fahren. Die Situation zieht sich seit Wochen. Mansfeld-Südharz' CDU Landrat André Schröder sprach von einem "Armutszeugnis für die Bahn". Ein Kommentar.
- Zuganbieter Abellio muss aufgrund von Personalmangel bei der Bahn im Süden Sachsen-Anhalts immer wieder Verbindungen streichen.
- Abellio zeigt sich hilflos: Reisende werden gebeten, das Gebiet zu umfahren.
- Auch Schienenersatzverkehr lässt sich bei den kurzfristigen Personalausfällen nicht organisieren. Die Bahn offenbart damit Schwächen in der Personalplanung, meint unser Autor.
"Reisende werden gebeten, auf andere Verkehrsmittel umzusteigen" - schreibt Abellio in der jüngsten Pressemitteilung, weil die Bahn wieder kein Personal für die Stellwerke auf der Strecke zwischen Halle und Kassel findet. Es ist, als würde ich sagen: "Der MDR kann nicht senden, nutzen Sie doch einfach mal die Konkurrenz."
Landrat André Schröder hat recht. Es ist ein Armutszeugnis. Und wo wir schon bei Zeugnis sind: In Inkompetenz, Ignoranz und Empathielosigkeit gibt es von mir eine glatte "Eins".
Reisende werden sich selbst überlassen
Lapidar heißt es ebenfalls von Abellio: Fahrgäste werden gebeten, das Gebiet zu umfahren, etwa über Erfurt. Klar, was will Abellio anderes raten? Aber auf eine teure, lange Umleitungsstrecke zu verweisen, die nur einem Bruchteil der Bahnreisenden etwas bringt, die etwa Ziele auf dem platten Land in Mansfeld-Südharz ansteuern, offenbart große Hilflosigkeit. Denn Abellio ist letztlich ein Opfer der Personalpolitik der Deutschen Bahn.
In Hilflosigkeit werden auch all diejenigen gestürzt, die kein Auto oder keinen Führerschein haben. Hilflosigkeit, in die etwa Arbeitnehmer geworfen werden, die keine Möglichkeit haben, auf andere Verkehrsmittel auszuweichen und auf Langmut ihrer Vorgesetzten hoffen müssen, wenn sie wiederholt nicht oder viel zu spät zum Dienst erscheinen – bestenfalls noch Freunde und Verwandte als Fahrer in Sippenhaft nehmen.
Hilflose Realität bei Abellio
Hilflos auf allen Ebenen wirkt auch die Ankündigung, die schon mehrfach Realität wurde, dass kein Schienenersatzverkehr möglich sei. Zu kurzfristig sei die Ankündigung der Bahn, zu viele Busfahrer krank, heißt es von Abellio. Dass trotz der wochenlangen Serie an Ausfällen die Ankündigung eines neuen Personalmangels beim Streckenbetreiber Deutsche Bahn kurzfristig erfolgt, ist ein Unding.
Es fällt allerdings auch und gerade aufgrund der geographischen Lage von Mittel-Deutschland schwer zu glauben, dass national kein Busunternehmer zu finden ist, der diesen Schienenersatzverkehr abwickeln kann.
Weltkonzern scheitert in der Provinz
Die Bahn präsentiert sich gern als Weltkonzern – ist aber nicht nur unfähig, Weitsicht in der Personalplanung walten zu lassen, sondern kennt keine kreativen Lösungen etwa durch Personalabordnungen aus anderen Regionen, um eine sichere ÖPNV-Versorgung hinzukriegen.
Wasser auf die Mühlen derer, die Energie- und Mobilitätswende ohnehin als nicht umsetzbaren Unfug sehen. Gift für die Gesellschaft. Die Bahn rühmt sich jetzt, neue Stellwerksmitarbeiter zu schulen. Einen konkreten Zeitplan bleibt sie aber schuldig. Das lässt den Verdacht aufkommen, dass es diesen möglicherweise gar nicht gibt.
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MDR (Marc Weyrich, Thomas Tasler)
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT | MDR SACHSEN-ANHALT | 14. Oktober 2022 | 10:00 Uhr
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