Kommentar Starpark-Aus: Ein herber Rückschlag für den Strukturwandel

01. Dezember 2022, 18:34 Uhr

Das Aus für den Star Park II ist ein herber Rückschlag für den dringend benötigten Strukturwandel nach dem Kohleausstieg. Und eine Schlappe für die Politik. Die Bürger wollen Arbeitsplätze – aber kein Gewerbegebiet vor der Haustür. Nach dem Motto "Wasch mich, aber mach mich nicht nass". Ein Kommentar von MDR Reporter Paul Bartsch.

Die Gemeinderatssitzung in Kabelsketal im Saalekreis brachte am Mittwochabend den von manchen erhofften, von anderen befürchteten Paukenschlag: Mit knapper Mehrheit lehnten die Volksvertreter weitere Planungen für den Industriepark StarPark II ab. 3.000 Arbeitsplätze sollten dort entstehen, rund 150 Millionen Euro dafür investiert werden. Nun sind die bereits konkretisierten Planungen ein Fall für den Papierkorb.

Acht Stimmen pro - Neun Stimmen kontra... Ein klares Votum sieht sicher anders aus, aber unterm Strich bleibt, dass sich der Gemeinderat Kabelsketal am Abend mehrheitlich gegen den Starpark II ausgesprochen hat. Damit ist für das seit Monaten diskutierte Großprojekt, das mit Fördermillionen aus den sogenannten Kohlemillionen realisiert werden sollte, das Aus besiegelt.

Arbeitsplätze ja, aber bitte nicht hier

Bund und Land hatten ihr "Okay" bereits gegeben, als am 31. März erstmals öffentlich über das Investitionsvorhaben informiert worden war. Seither blieb das Thema in der Region präsent, und es zeigte sich bei vielen Bürgern rasch die Crux einer Haltung, die mit "Wasch mich, aber mach mich nicht nass" umschrieben werden kann: Arbeitsplätze zu schaffen ist schon in Ordnung, aber doch bitte nicht vor der eigenen Haustür, wo derartige Vorhaben mit erhöhtem Verkehrsaufkommen, höherer Lärmbelästigung und Verlust an natürlicher Umwelt einhergehen.

Und da in einer Region im Kreuzungswinkel zweier Autobahnen und im Schatten der Einflugschneisen zum Airport Leipzig-Halle ziviler Widerstand zum Überleben zu gehören scheint, brachte eine Bürgerintiative rasch die notwendigen Unterschriften zusammen, um ein Bürgerbegehren gegen den Industriepark auf den Weg zu bringen. Das braucht es nun – nach der gestrigen Gemeinderatsentscheidung – nicht mehr.

Entscheidung Rückschlag für notwendigen Strukturwandel

Die Bürgerintiative verbucht die Entscheidung als ihren Sieg. Für die Politik ist es zweifellos eine Schlappe. Und für den ebenso notwendigen wie unausweichlichen Strukturwandel ein herber Rückschlag.

Wie könnte es weitergehen? Als zuerst die Stadt Halle vor einem Jahr kein Interesse an der avisierten Industrieansiedlung gezeigt hatte, wollte auch die Saalekreisgemeinde Teutschenthal den Hut in den Ring werfen – seinerzeit war Kabelsketal schneller. Nun könnte Teutschenthal im Nachhinein doch noch Nutznießer des gestrigen Votums sein. Dass die Kohlemillionen den Strukturwandel abfedern können und müssen, steht jedenfalls außer Frage.

MDR (Paul Bartsch, Leonard Schubert)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 01. Dezember 2022 | 19:00 Uhr

3 Kommentare

DanielSBK am 02.12.2022

Wer brauch schon solche Billigheimer als "Ansieldlung" ... was wir hier bräuchten wären Innovative Unternehmen die auf dem Weltmark bestehen können und auch mal nach West-Tarif bezahlen mit der West-Arbeitszeit!! Und überhaupt: Porsche Leipzig will ja die 35 Stunden Woche einführen - irgendwann 2028, also zügige 30 Jahre nach der Wende....

DanielSBK am 02.12.2022

So siehts aus - bezahlt werden solche "Großprojekte" auch nicht von den Politikerdarstellern - sondern vom STEUERZAHLER.

Rain Man am 01.12.2022

Der Bürger ist der Souverän. Punkt. Die Anwohner hätten von diesem Gewerbegebiet nichts gehabt als Dreck und Lärm.

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