Heizungsgesetz und Wärmepumpe Wie sich das Handwerk durch die Energiewende verändert
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17. September 2023, 16:12 Uhr
Mit der Energiewende kommen neue Regeln, Gesetze und Geräte. Das bedeutet auch für Handwerker in Sachsen-Anhalt Veränderungen. MDR-Reporter Tom Gräbe hat einen Handwerksmeister beim Einbau einer neuen Wärmepumpe begleitet.
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- Ein Besuch auf der Baustelle: Beim Einbau einer Wärmepumpe müssen Handwerker viel beachten.
- Das neue Heizungsgesetz bedeutet für Veränderungen für ihr Berufsbild.
- Ein Hausbesitzer aus der Nähe von Halle hat sich für eine Wärmepumpe entschieden – mit viel Aufwand. Auch für Handwerker bringt die Energiewende Herausforderungen mit.
In der vergangenen Woche hat der Bundestag das Heizungsgesetz beschlossen – und Handwerkern viel Arbeit beschert. Die Energiewende funktioniert nicht ohne Installateure, Klempner, Elektriker. Mehr Regularien, Lieferschwierigkeiten und viel komplizierte Baustellen sind Alltag vieler Betriebe. Dazu kommt noch: Die Energiewende verändert ihre Berufe. Ein Besuch bei denjenigen, die sprichwörtlich an der Energiewende werkeln – bei einem Familienbetrieb aus Wettin-Löbejün.
Die Wärmepumpe muss zum Haus passen
Einen Kasten für die Wärmepumpe, den haben die Handwerker hier schon installiert, im Garten des Einfamilienhauses im Umland von Halle. Und unten im Keller werden gerade silbern glänzende Schaumstoff-Isolationen um Heizungsrohre gewickelt. Handwerksmeister Willi Tittel ist an diesem Vormittag unterwegs, um Baustellen seiner Firma zu besuchen. Die alte Gasheizung ist längst ausgebaut.
Hier, in diesem knapp 20 Jahre alten Haus, ging das. Alte Heizung raus, neue rein. "Ganz so einfach ist das leider nicht", sagt Willi Tittel. Er hat sich in einem ersten Schritt das Gebäude angeschaut, eine Heizlastberechnung angestellt, "dass wir auch die perfekte Wärmepumpe auswählen können." Nichts sei schlimmer, als eine zu große oder zu kleine Wärmepumpe. Das Gerät müsse genau aufs Gebäude abgestimmt sein. Sonst funktioniere die Anlage nicht richtig und die Stromkosten würden in die Höhe steigen.
Planung ist eine Herausforderung
Die Planung der Anlage selbst ist nicht die einzige Herausforderung. Auch die Baustelle selbst ist komplex. "Wir brauchen erstmal einen Elektriker", sagt Tittel. Bei jeder Luft-Wärme-Pumpe laufe ein Heizstab – und der laufe mit Starkstrom. Das bedeute Umbauten am Stromkasten. Wenn eine alte Ölheizung getauscht wird, braucht es Entsorger für die alten Tanks. Dann braucht es Spezialisten, Fundamente bauen. Willi Tittels Kollegen als Errichter der Anlage.
Die Inbetriebnahme erfolge meistens durch den Hersteller. Das alles will geplant und koordiniert werden – und das in möglichst kurzer Zeit. "Der Kunde möchte ja nicht drei Wochen auf seine Heizung verzichten", so der Handwerksmeister. Vier bis fünf Arbeitstage plant der Betrieb. Reine Montagezeit.
Willy Titel und seine Kollegen haben gut zu tun. Allerdings hat sich die überhitzte Nachfrage nach Wärmepumpen zwischenzeitlich merklich abgekühlt. "Die Auswirkungen sind gerade so, dass wir rückläufige Anfragen haben", sagt Tittel. Die Anfrage nach Wärmepumpen sei um etwa 70 bis 80 Prozent gesunken. Nichtsdestotrotz gebe es immer noch genug Arbeit: "weil wir gerade die Aufträge abarbeiten, die vor einem Jahr reingekommen sind."
Heizungsgesetz verabschiedet
In der Zwischenzeit hat der Bundestag allerdings das sogenannte Heizungsgesetz verabschiedet. Ab Januar nächsten Jahres dürfen in Neubauten und Neubaugebieten nur noch zukunftssichere Heizungen eingebaut werden dürfen.
Heizungen können dann mindestens zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Das alles wird auch Handwerksberufe verändern.
Lebenslanges Lernen im Handwerk
"Lebenslanges Lernen war schon immer die Prämisse des Handwerks", sagt Thomas Keindorf, Präsident der Handwerkskammer Halle. Betriebe müssten ihre Mitarbeiter schulen. Berufsbilder verändern sich. "Das muss der handelnden Politik eigentlich immer klar sein. Mit jeder sich ändernden Vorschrift nimmt man auch Einfluss auf den Berufsbild des Handwerks", so Keindorf.
Dazu kommen logistische Herausforderungen. Die Arbeit sei schwierig planbar für Unternehmen. "Es ist fast wie früher, es fehlt Material, es fehlen Mitarbeiter", stellt der Handwerkskammerpräsident fest. Dazu kommt: Das Baugeschehen sei eingebrochen. Da hingen auch die Ausbauhandwerke mit dran.
Mit jeder sich ändernden Vorschrift nimmt man auch Einfluss auf den Berufsbild des Handwerks.
"Im Bereich Modernisierung gibt es sicherlich noch einen gewissen Auftragsvorlauf", sagt Keindorf. Aber auch hier habe die Bundesregierung mit den zwei Projekten sozialer Wohnungsbau und energetische Gebäudesanierung vollmundig Zahlen versprochen, die bei weitem nicht erreicht würden. Und da hänge auch das Handwerk mit dran.
Warum ein Hausbesitzer sich für eine Wärmepumpe entscheidet
Burkhard Wolff jedenfalls hat sich für sein Haus für eine neue Wärmepumpe entschieden. Ganz bewusst. Er hat sich informiert und sich letztlich für den Einbau und die Firma Tittel entschieden. Er stellt fest: Auch unter Handwerkern würden unterschiedliche Meinungen vorherrschen. Es gebe Heizungsfirmen, die Endkunden empfehlen: "Bauen sie wieder eine Gasheizung ein". Der Einbau von Wärmepumpen ist eben: aufwändig.
18 Jahre alt sei das Haus hier, sagt Burkhard Wolff. Als es gebaut wurde, hätte man es gut gedämmt. Eine Fußbodenheizung eingebaut. Wärmepumpen wären seinerzeit zu teuer gewesen. Die Gastherme sei in den vergangenen Jahren schon in der Wartung gewesen. Dann hätte es die Förderung für Wärmepumpen gegeben. Und jetzt wurde eben die Heizung ausgetauscht. Eine Investition. Und ein langes Projekt.
Handwerker werden gebraucht
Im Lager von Willi Tittel stehen noch einige Wärmepumpen – Bestellungen aus dem vergangenen Jahr, die jetzt auf ihren Einbau warten.
Die Firma Tittel ist ein Familienunternehmen, seit Jahrzehnten am Markt. Willi Tittel denkt positiv in die Zukunft, auch, wenn sich das Berufsbild verändert: "Wir müssen jeden Tag als Herausforderung sehen. Wir müssen uns einfach an den Markt anpassen. Wir müssen das machen, was gerade hier benötigt und gefordert wird."
Egal, wie und womit wir heizen: Handwerker, die die Technik einbauen, die wird es wohl immer brauchen.
MDR (Tom Gräbe, Maren Wilczek)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 16. September 2023 | 19:00 Uhr
der Demokrat am 18.09.2023
Also ich denke da sollte man keine Panik mache. Solange die Gasheizung noch funktioniert gibt es kein Handlungsbedarf.
Und im Grunde kann ja auch an einer Gasheizung nicht viel kaputt gehen. Also die aller meisten Leute haben jetzt den Spielraum um sich erst einmal gut beraten zu lassen bevor sie an einer neuen Heizung denken. Dazu gehört natürlich auch der Fachmann der sie gut beraten kann.
astrodon am 18.09.2023
@Daniel: Nun ja, Effizienz ist immer an den Stand der technischen Entwicklung gebunden - was 1992 als effizient gepriesen wurde war 2012 ein Energieverschwender. Ansonsten ist es wie beim Auto oder uns Menschen: mit den Jahren kommen die Zipperlein.
Antennenfuzzi am 18.09.2023
Ach, ich warte erstmal mit dem Heizungsumgerüste. Unsere Regierung findet bestimmt bald einen guten Weg, ihre Bürger mit 65% erneuerbarer Energie über die vorhandene top ausgebaute Infrastruktur zu beliefern um die vorhandenen Anlagen sicher und klimafreundlichst zu betreiben. Bis jetzt haben sie ja alles wunderbar hinbekommen. Vielleicht fehlt ja noch das Erneuerbare-Energien-Belieferungsgesetzt, dann haben wir bestimmt bald alles in bester Ordnung!